Sollte das Atomkraftwerk im elsässischen Fessenheim 2017 tatsächlich abgeschaltet werden, wäre das für die Region dramatisch, es könnten allein bis zu 2000 Arbeitsplätze verloren gehen. Zu diesem Ergebnis kommen Frankreichs Statistiker.

Fessenheim - Setzt die französische Regierung bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2017 tatsächlich die Stilllegung des Atomkraftwerks (AKW) in Fessenheim durch, wären davon direkt und mittelbar 5000 Menschen betroffen. Die Folgen für das Südelsass mit seiner hohen Arbeitslosigkeit von derzeit 10,2 Prozent wären dramatisch. Denn die Umgebung von Fessenheim sei aufgrund einer wenig entwickelten Infrastruktur dafür schlecht gerüstet. Zu diesem Schluss kommt das staatliche französische Statistikamt Insee(Institut National de la Statistique et de la Recherche économique) in seiner Analyse. Weder ein anderer Industriezweig noch der Tourismus könnten das ausgleichen. Der Landstrich zwischen Rhein und elsässischer Weinstraße ist stark landwirtschaftlich geprägt, insbesondere durch den Anbau von Mais.

 

Um etwa im Umfeld der nächst gelegenen Städte Ensisheim, Colmar oder Mulhausen Ersatz zu finden, sind die AKW-Beschäftigten zum einen zu spezialisiert, zum anderen lässt die Arbeitsmarktentwicklung im Elsass für die bevorstehenden Jahre kaum auf Besserung hoffen.

Die Wissenschaftler des Insee haben für ihre Untersuchung Zahlen zum Arbeitsmarkt und zur Strukturentwicklung ausgewertet. Die Bedeutung des Kernkraftwerks Fessenheim als gewerblicher Steuerzahler wurde dabei nicht berücksichtigt. Allein 2013 zahlte die Electricité de France (EdF) für Fessenheim 48 Millionen Euro an Abgaben an verschiedene Behörden.

Die Folgen einer Abschaltung wären beträchtlich

Dennoch können die Ergebnisse nicht wirklich überraschen, aber sie könnten zumindest dazu dienen, die Folgen einer Abschaltung abzufangen. Die sozialistische Regierung hat immerhin ihre Bereitschaft zur Unterstützung signalisiert. Fessenheim mit seinen gut 2000 Einwohnern wäre von der Veränderung am stärksten betroffen. 35 Prozent der Bewohner sind von einem Job im Atomkraftwerk abhängig. Nichtsdestotrotz wiegt ihre absolute Zahl kaum schwerer als die Folgen einer Stilllegung für zahlreiche Betriebe im Südelsass. Die Sorge der Belegschaft in Fessenheim und konservativer Abgeordneten aus dem Elsass, die sich gegen eine Abschaltung sträuben, scheint berechtigt: Das AKW steht, gemessen an der Zahl seiner 850 Beschäftigten, davon 820 in Vollzeit, an siebter Stelle der Industriebetriebe im Südelsass. Größter Arbeitgeber ist der Automobilhersteller PSA Peugeot Citroën bei Mulhausen mit 7600 Beschäftigten.

Wie wichtig der Stromkonzern EdF auf lokaler und regionaler Ebene ist, wird erst deutlich, wenn man die Zahl der Stellen betrachtet, die das AKW indirekt generiert. Den Statistikern zufolge stehen zusätzlich 510 Arbeitsplätze bei Subunternehmern auf dem Spiel, die beispielsweise zur Wartung der Anlage herangezogen werden, aber auch Leihbetriebe und Lieferanten. Arbeitskräfte von außerhalb kommen zum Einsatz, wenn alle 12 bis 18 Monate verbrauchtes Brennmaterial ausgetauscht wird. 400 Unternehmen aus der Region heuert das AKW regelmäßig an – beispielsweise Elektriker und Reinigungsunternehmen. Sie alle wären, zu diesem Schluss kommt die Studie, im Falle eine Stilllegung existenziell bedroht.

Das Atomkraftwerk schafft 2000 Jobs, sagen die Statistiker

Rund 550 weitere Jobs hängen am Konsum der Familien. Alles in allem schaffe das Atomkraftwerk rund 2000 Arbeitsplätze, wovon ein Viertel – dabei handelt es sich um einen überdurchschnittlichen Wert – hoch qualifiziert ist. Das Lohnniveau der AKW-Belegschaft liegt 50 Prozent über dem Durchschnitt französischer Arbeitnehmer. Sie sind auch jünger: Ein Drittel hat das 30 Lebensjahr noch nicht vollendet.