Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Betrugs gegen zwei Dienstleister des Atommeilers Philippsburg. Mitarbeiter einer externen Dienstleistungsfirma sollen die Überprüfung von radiologischen Messeinrichtungen nur vorgetäuscht, aber nicht durchgeführt haben.

Stuttgart - Im April hat der Energiekonzern EnBW selbst Alarm geschlagen und die Aufsichtsbehörden informiert: Drei Mitarbeiter einer externen Dienstleistungsfirma sollen in neun Fällen die Überprüfung von radiologischen Messeinrichtungen im Atomkraftwerk Philippsburg II nur vorgetäuscht, aber nicht durchgeführt haben. Der Vorfall wird wohl ein juristisches Nachspiel haben. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat gegen zwei der drei Mitarbeiter Ermittlungen eingeleitet wegen Betrugsverdachts. Dem Vernehmen nach handelt es sich um Mitarbeiter der US-Firma Westinghouse.

 

Leistungen falsch abgerechnet?

„Es geht darum, ob Leistungen abgerechnet worden sind, die gar nicht erbracht wurden“, sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Karlsruhe, Tobias Wagner. Obwohl der Geschädigte im Prinzip die EnBW ist, der Leistungen in Rechnung gestellt worden waren, hat nicht der Energieversorger selbst die Strafanzeige gestellt, Die Staatsanwaltschaft wurde von sich aus aktiv. „Wir sind von Amts wegen und aufgrund von Informationen in den Medien tätig geworden“,sagt Tobias Wagner. Über die Frage, ob auch wegen Umweltstraftaten ermittelt werden soll, sei noch nicht endgültig entschieden worden.Dies werde sich im Laufe des Ermittlungsverfahrens klären lassen.

Die Entdeckung der Täuschungen hatte im Frühjahr im Umweltministerium in Stuttgart hohe Wellen geschlagen. Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) hatte unverzüglich ein Wiederanfahren des in der Jahresrevision befindlichen Kernkraftwerks Philippsburg II untersagt, solange die Vorfälle nicht restlos aufgeklärt seien. Auch hatte Untersteller angeordnet, dass auch das zweite in Baden-Württemberg noch betriebene Atomkraftwerk Neckarwestheim II auf ähnliche Täuschungen hin untersucht werde. „Das ist geschehen, wir haben uns auch Neckarwestheim noch einmal genau angeguckt“, sagte Friederike Eggstein, Sprecherin der EnBW am Montag. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft selbst wollte sie nicht kommentieren. Tatsache sei, dass sich ein Täuschungsverdacht gegen zwei von drei Mitarbeitern „eines“ Dienstleisters erhärtet habe. Allen drei an den Prüfungen beteiligten Personen sei der Zutritt zu den Atomanlagen der EnBW untersagt worden.

Seit 1. Juni ist der Reaktor wieder am Netz

Nachdem Vorfall vom April hatte die Kernkraftwerkstochter EnKK der EnBW eine 70-köpfige Kommission einberufen, um die Vorfälle zu durchleuchten und die Prüfung der Messeinrichtungen wiederholen zu lassen. Insgesamt fanden 4100 Prüfungen statt. Durch die angezeigten „Täuschungen“ habe zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für den sicheren Betrieb der Anlagen bestanden, stellte die EnBW Mitte Mai fest. Seit dem 1. Juni ist Philippsburg II (1500 Megawatt Leistung) wieder am Netz.