Die Spitzenkandidaten der größeren Parteien haben sich zwölf Tage vor der Landtagswahl einen Schlagabtausch über die Atompolitik geliefert.

Stuttgart - Bei der ersten „Elefantenrunde“ kurz vor der Landtagswahl am 27. März haben sich die Spitzenkandidaten der größeren Parteien einen Schlagabtausch über die Atompolitik geliefert.

 

Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) warnte SPD, Grüne und Linke davor, die nukleare Katastrophe in Japan nach Erdbeben und Tsunami zu instrumentalisieren. „Das Leid dieser Menschen eignet sich nicht zum Wahlkampf“, sagte der CDU-Spitzenkandidat am Dienstagabend bei einem Podiumsgespräch der „Stuttgarter Nachrichten“. Er kündigte an, dass das Atomkraftwerk Neckarwestheim I in den nächsten vier, fünf Tagen endgültig abgeschaltet wird.

Der Regierungschef rechnet nicht damit, dass das Thema Atomkraft das entscheidende Thema in den verbleibenden Tagen bis zur Landtagswahl am 27. März sein wird. „Es wird ein wesentliches Thema sein, aber nicht das einzige.“ Mappus räumte ein, dass das Desaster in Japan eine „Zäsur“ darstelle und die Politik in Deutschland ihre Atompolitik komplett überdenken müsse.

SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid sagte dagegen: „Die Zäsur war vor 25 Jahren, als Tschernobyl hochging.“ Er hielt Mappus vor, mit dafür gesorgt zu haben, dass der rot-grüne Atomkonsens aufgekündigt und die Laufzeiten der Kernkraftwerke verlängert wurden. Wenn der Regierungschef jetzt seinen Kurs nach der Katastrophe in Japan ändere und die Verlängerung der Laufzeiten um drei Monate aussetze, sei das nicht glaubwürdig. „Da ist keine Kehrtwende festzustellen.“

Auch Grünen-Vormann Winfried Kretschmann bemängelte, CDU und FDP hätten die Risiken der Atomkraft unterschätzt. „Es verketten sich Umstände, die man nicht voraussieht.“ Er warf der schwarz-gelben Regierung vor, die erneuerbaren Energien zu vernachlässigen - vor allem die Windkraft. „In Schwarzwaldhöhen haben wir Windverhältnisse wie an der Nordsee.“

FDP-Justizminister Ulrich Goll sagte, alle Parteien änderten nach dem Desaster in Fernost ihre Konzepte. „Wir haben den Spielraum, die Kernenergie schneller abzuschalten, als wir bisher gedacht haben.“ Mappus forderte von der Opposition einen Vorschlag, wie die Kernkraft ersetzt werden soll. „Wer aus irgendetwas aussteigt, der muss auch irgendwo einsteigen.“ Der liberale Spitzenkandidat Goll sagte, es sei nicht sinnvoll, deutsche Atomenergie durch importierte aus Frankreich zu ersetzen. „Es kann nicht sein, dass Neckarwestheim abgeschaltet wird und Fessenheim (im Elsass) mit doppelter Last fährt.“

Linken-Spitzenkandidat Roland Hamm forderte eine sofortige Abschaltung alter und unsicherer Atomreaktoren. Er halte es für möglich, innerhalb von einem Jahr die Lücke mit erneuerbaren Energien zu decken. „Ich bin der Meinung, dass das geht.“

In der weiteren Diskussion sorgte unter anderem auch das Thema Bildung für Zündstoff. Mappus sagte zu den rot-grünen Plänen für eine zehnjährige Gemeinschaftsschule: „Was wir in Baden-Württemberg garantiert nicht brauchen können, ist, dass alle zehn Jahre lang das Gleiche machen.“ Kretschmann widersprach: „Davon kann überhaupt keine Rede sein.“ In der zehnjährigen Gemeinschaftsschule würden Kinder gemäß ihren Stärken und Schwächen gefördert. Die Grünen setzten nichts um, was nicht in anderen Ländern schon erfolgreich erprobt worden sei. „Da können alle ganz beruhigt sein.“

An diesem Mittwoch treten Mappus und Oppositionsführer Schmid zum Duell beim SWR-Fernsehen an. In der kommenden Woche treffen die Spitzenkandidaten erneut im SWR aufeinander.