Quasi in letzter Minute einigen sich Bund und Länder darauf, die geplante Atommüll-Endlagersuche zu retten. Doch das Kernproblem wurde einfach nur auf nach die Wahl verschoben.

Berlin - Ein Kompromiss zwischen Bund und Ländern hat das Gesetz für eine neue

 
Atommüll

-Endlagersuche gerettet. Demnach sollen die drei Zwischenlager erst bis Anfang 2014 bestimmt werden, in denen 26 verbleibende Castor-Behälter aus der Wiederaufarbeitung im Ausland aufbewahrt werden sollen. Das beschlossen die Ministerpräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung am Donnerstag bei einem Treffen in Berlin. Eigentlich war eine Klärung der Zwischenlagerfrage Bedingung für eine Verabschiedung des Suchgesetzes vor der Bundestagswahl.

Aus den Zwischenlagern muss der hochradioaktive Müll in einigen Jahrzehnten dann in das noch zu findende Endlager überführt werden. Die Castoren sollen nicht mehr wie bisher in das Zwischenlager Gorleben, um keine neuen Fakten für ein Endlager im nahen Salzstock zu schaffen. Der soll im neuen Suchverfahren ergebnisoffen mit Alternativen verglichen werden und könnte jederzeit rausfallen. Der Einlagerstopp in Gorleben soll gesetzlich festgeschrieben werden.

Altmeier legt sieben Punkte vor

Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hatte den Ländern ein Sieben-Punkte-Papier vorgelegt, das bei der Ministerpräsidentenkonferenz angenommen wurde. Offen bleibt aber mit dem Kompromiss eine aus Platz- und politischen Gründen notwendige dritte Zwischenlageroption in einem dritten Bundesland neben Schleswig-Holstein (Brunsbüttel) und Baden-Württemberg (Philippsburg). SPD und Grüne hatten Biblis in Hessen ins Spiel gebracht, was die dortige CDU/FDP-Regierung ablehnt. Nach der Landtagswahl in Hessen am 22. September könnte sich die Lage hier ändern, SPD und Grüne dort sind jetzt schon zur Aufnahme bereit.

Besonders Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig und Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) hatten auf verbindliche Klarstellungen gepocht. Damit aus Zwischenlagern bei den Atomkraftwerken keine schleichenden Endlager werden, wird ihre Betriebsdauer auf 40 Jahre begrenzt.

Albig sprach von einer guten Lösung. „Damit sind wir in der Lage, das Endlagersuchgesetz noch in diesem Sommer auf den Weg zu bringen“. Der Bundestag soll es bis Ende Juni, der Bundesrat am 5. Juli beschließen. Bis 2015 soll eine 24-köpfige Kommission zunächst die Grundlagen und Kriterien bei der Suche erarbeiten. Bis Ende 2031 soll das Endlager bestimmt sein. Allerdings ist noch die Ansiedlung der Kommission beim Bundestag umstritten, dies hatte Präsident Norbert Lammert (CDU) kritisiert.

Suche kostet über zwei Milliarden

Die Suche dürfte über zwei Milliarden Euro kosten - in den seit 1977 favorisierten Salzstock Gorleben wurden schon 1,6 Milliarden Euro investiert. Kritiker halten ihn aber für zu unsicher, um die strahlende Fracht sicher einzuschließen. Die Bundesländer sollen ein Veto-Recht bekommen, wenn sie mit einer Einlagerung in Zwischenlager bei ihnen nicht einverstanden sind. Mit den AKW-Betreiben sollen alle Details bis Anfang 2014 geklärt werden - die Kosten in womöglich dreistelliger Millionenhöhe für die Unterbringung in anderen Zwischenlagern als Gorleben könnte der Steuerzahler übernehmen.

Ab 2015 werden noch 21 Behälter aus dem britischen Sellafield erwartet, die per Schiff in norddeutschen Häfen ankommen werden. Die fünf noch ausstehenden Castoren aus dem französischen La Hague sollen per Zug nach Philippsburg. Altmaier hatten den Ländern zunächst nur Zwischenlager in rot-grün regierten Ländern als dritte Option vorgeschlagen. Er verwies in einer Vorlage für das Bund/Länder-Treffen auf Brokdorf (Schleswig-Holstein) und Unterweser (Niedersachsen) als Alternativstandorte für die Zwischenlagerung. Lubmin im rot-schwarz regierten Mecklenburg-Vorpommern wurde mit nur drei Stellplätzen als Außenseiter genannt. Allerdings lehnten Niedersachsen und Schleswig-Holstein das Ansinnen umgehend ab.

Bundesrat und Bundestag sollen die Bestimmung der drei Zwischenlager in gesonderten Abstimmungen 2014 - also nach der Wahl - absegnen. Greenpeace-Atomexpertin Susanne Neubronner kritisierte, die Castor-Frage lenke von den Mängeln des eigentlichen Suchgesetzes ab, das nicht genug Bürgerbeteiligung vorsehe. „Bundeskanzlerin Merkel spielt mit dem Kompromiss auf Zeit. Sie bewahrt die schwarz-gelben Landesregierungen davor, ihre Wähler mit der Diskussion um unliebsamen Atommüll zu verschrecken“, sagte Neubronner.