Die CDU geht auf Distanz zur Kernenergie. Doch Thomas Bareiß, Abgeordneter von der Alb und für seinen Eigensinn bekannt, bleibt standhaft.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Sigmaringen - Endlich einer, der dazu steht!“ vermerkt das Bundestagsprotokoll. Der höhnische Zwischenruf kam aus den Reihen der SPD. Er galt dem letzten Redner in einer langen Debatte über die Kehrtwende der Regierung in der Atompolitik. Das war Thomas Bareiß, CDU-Abgeordneter aus Sigmaringen.

 

Was er zu sagen hatte, wich deutlich ab vom Tenor der Beiträge seiner Koalitionskollegen, die sich in der Summe so anhörten, als seien sie schon immer die besseren Grünen gewesen. Bareiß hingegen bekannte, dass er den wenige Monate alten Beschluss, das Atomzeitalter in Deutschland zu verlängern, noch immer für richtig halte. Für diese seltene Aufrichtigkeit gab es Beifall von der politischen Konkurrenz – aber auch aus den eigenen Reihen.

Bareiß darf als Fachmann gelten

Thomas Bareiß weiß, wovon er spricht. Er gehört dem Bundestag seit 2005 an. Inzwischen ist er Koordinator für Energiepolitik der Unionsfraktion, darf demnach als Fachmann gelten. In dieser Eigenschaft dozierte er im Parlament: Sicherheit sei eine objektive, keine psychologische Kategorie. „An der objektiven Sicherheitslage deutscher Kernkraftwerke hat sich in den letzten Tagen nichts, aber auch gar nichts geändert.“ Diese Ansicht hat den 36-jährigen CDU-Mann wohl bewogen, zumindest intern heftige Bedenken gegen den abrupten Kurswechsel in der Atompolitik zu äußern.

Dies wird zum Beispiel aus der baden-württembergischen CDU-Landesgruppe berichtet. Vor dem Plenum des Bundestags erklärte Bareiß, er halte das Restrisiko der deutschen Atomkraftwerke „nach wie vor für ethisch verantwortbar“. An dieser Stelle steht im Protokoll nichts von Beifall.

Die Kanzlerin hält er für verloren

Der Jungkonservative von der Alb las schließlich noch den „Damen und Herren von Rot-Grün“ die Leviten. Wenn sie der Meinung seien, das atomare Risiko nicht mehr verantworten zu können, dann hätten sie die deutschen Meiler sofort komplett abschalten müssen, als sie noch an der Regierung waren. Es gibt nicht mehr viele in den Reihen der Union, die sich mit solchem Eifer für eine Sache verkämpfen, die der eigene Umweltminister und offenbar auch die Kanzlerin für verloren hält. Das Bekenntnis „Atomkraft, ja bitte“ veranlasste Bareiß aber nicht dazu, sich dem von Angela Merkel verordneten Moratorium zu widersetzen. Zwei seiner Parteifreunde haben das getan. Warum Bareiß nicht dabei war, bleibt offen. Er war für eine Nachfrage nicht erreichbar.

Der Nachwuchsparlamentarier, persönlich stets höflich und verbindlich, ist für einen gewissen Eigensinn bekannt. Als er noch Chef der Jungen Union im Südwesten war, rebellierte er gegen Merkels allzu amerikafreundliche Irakpolitik, forderte den einstigen Ministerpräsidenten Erwin Teufel zum Rücktritt auf und verweigerte sich schließlich der großkoalitionären Gesundheitsreform. Nach dem großen Zuspruch auf seine Atomrede hat Bareiß ein Fass aufgemacht: Er lud zum Starkbierabend in Stetten am kalten Markt.