Beim ATP-Cup in Australien hat Alexander Zverev enttäuscht – und das seinen Vater und auch Boris Becker spüren lassen.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Was ist mit Alexander Zverev los? Diese Frage beschäftige beim ATP-Cup in Australien, bei dem sich die deutsche Mannschaft nach der Niederlage gegen Kanada endgültig verabschieden musste, nicht nur die Fans des Tennisspielers, sondern auch sein Umfeld. Dazu gehört das deutsche Daviscup-Team, der Mannschaftschef Boris Becker und natürlich auch Zverevs Vater Alexander Michailowitsch Zverev.

 

Zverev blieb hinter seiner Erwartungen, er verlor, auch weil sein Aufschlag ein Desaster war. Vor zwei Tagen wütete er vor allem gegen seinen Vater. „Halt die Klappe, was zum Teufel redest du da“, brüllte er den hinter ihm in der Box sitzenden Alexander Zverev senior bei offenen Mikros an: „Ich habe keinen Aufschlag mehr, und du erzählst mir irgendeinen Scheiß.“ Auf russisch soll Zverev junior sogar noch ausfallender geworden sein. Auch gegen Becker wetterte er. „Das sind nicht die Bilder, die wir von Alexander Zverev sehen wollen“, sagte der Fernsehexperte Patrick Kühnen, „wenn er sogar an seinem Vater und Boris Becker den Frust entlädt. Er ist so gefangen in der Situation. Da gilt es, einen Weg heraus zu finden. Das ist schwer, da tut er mir schon fast leid.“

Gestritten wird auf russisch

Einen Tag später hatte Zverev das Spitzeneinzel gegen den Kanadier Denis Shapovalov klar mit 2:6, 2:6 verloren. Er unterhielt abermals intensiv mit seinem Vater – auf russisch. Boris Becker und Zverevs Teamkameraden standen schweigend daneben – wie die Statisten. In diesem Moment befand sich der hadernde Spieler in einer für den Tennissport nicht untypischen Vater-Sohn-Situation – und war sozusagen kein Mitglied der deutschen Mannschaft mehr. Boris Becker jedenfalls war in diesem Moment alles andere – nur nicht Zverevs Teamchef.

Alexander Zverev ist 22 Jahre jung und hat sich vermutlich noch nicht aus der väterlichen Umklammerung gelöst. Diesen Prozess mussten vor ihm schon andere Topsportler durchmachen, deren Väter am Spielfeldrand sozusagen eine Art Fixpunkt darstellten, eine Figur, die motiviert, die puscht oder auch ein ernstes Wort spricht, wenn es auf dem Platz nicht klappt. Steffi Graf hatte lange ihren dominanten Vater Peter Graf an der Seite, der sie überwachte und vor allem auch die finanziellen Dinge regelte. Der ehemalige Formel-1-Pilot Nico Rosberg wollte es irgendwann nicht mehr, dass sein Vater Keke, Weltmeister wie der Sohn, an der Rennstrecke zu allem Möglichen seine Kommentare abgibt. Und auch der sechsmalige Champion Lewis Hamilton löste sich irgendwann aus der Obhut seines Vaters Anthony – und nahm sein Leben und seine Karriere selbst in die Hand. Alexander Zverev wird das womöglich auch irgendwann tun. Dann geht die ganz große Karriere vielleicht erst richtig los...