Um Gefängnisinsassen vor Übergriffen von Mithäftlingen zu schützen, müsste man sie eigentlich ständig überwachen. Doch dafür fehlt im Justizvollzug schlicht das Personal, sagt die Gewerkschaft - und das Ministerium stimmt zu.

Freiburg - Übergriffe von Mitinsassen auf Gefangene zu verhindern, ist aus Sicht des Bundes der Strafvollzugsbediensteten (BSBD) nur schwer machbar. So könne beispielsweise eine ständige Überwachung von Häftlingen etwa mit Kameras nur in bestimmten Justizvollzugsanstalten geleistet werden, sagte der Landesvorsitzende in Baden-Württemberg, Alexander Schmid, mit Blick auf eine Attacke auf den Tatverdächtigen im Endinger Mordfall vergangene Woche. „Eine Regelanstalt wird ganz schnell an ihre Grenzen stoßen.“ Auch das Justizministerium teilt diese Auffassung, wie ein Sprecher sagte.

 

Die Personalausstattung in den Justizvollzugsanstalten (JVA) im Südwesten liege im untersten Bereich, sagte Schmid weiter. „Nur Bayern hat noch weniger Personal im Verhältnis zur Gefangenenzahl.“ Die Bediensteten seien oft alleine in einer Abteilung und müssten sich um bis zu 50 Gefangene kümmern. „Da sind einfach irgendwo Grenzen erreicht, wo man den Einzelnen nicht mehr so intensiv im Blick haben kann, wie man es gerne hätte“, sagte Schmid.

Der nach zwei Morden an jungen Frauen gefasste Tatverdächtige war am vergangenen Mittwoch von Mitinsassen angegriffen und verletzt worden. Nach dem Vorfall in der JVA Freiburg wurde er nach Angaben des Justizministeriums ins Gefängniskrankenhaus Hohenasperg verlegt. Grund dafür seien aber nicht die Verletzungen des Mannes, sondern die Tatsache, dass er dort besser überwacht werden könne. Der Mann sei nun in einem Haftraum mit ständiger Kameraüberwachung untergebracht, sagte ein Sprecher.

Bereits bei der Aufnahme des Mannes in die JVA Freiburg sei von Seiten des Ministeriums bereits auf eine Fremdgefährdung hingewiesen worden. „Derzeit wird intensiv untersucht, wie es dennoch zu dem beschriebenen Zwischenfall kommen konnte“, sagte der Sprecher weiter. Vorerst solle der 40-Jährige in Hohenasperg bleiben, bis eine andere Möglichkeit gefunden werde.

Rund-um-die-Uhr-Bewachung gilt als problematisch

Denn auch das Ministerium sieht eine Rund-um-die-Uhr-Bewachung von Gefangenen in einer Regelanstalt problematisch. So etwas gehe nur in absoluten Ausnahmefällen, sagte der Sprecher. Beispielsweise sei der mutmaßliche Attentäter nach dem Anschlag auf den BVB-Bus in Dortmund einige Zeit im Gefängnis in Stammheim untergebracht gewesen - dort habe es eine Sitzwache vor der Zelle gegeben.

Unterdessen kamen weitere Details zum Mordfall Endingen ans Licht. Laut Medienberichten hing etwa das Phantombild zu dem Fall auch in der Spedition aus, für die der 40-Jährige arbeitete. Das Problem: Mit dem Verdächtigen hatte das Bild, das nach der Aussage einer Zeugin erstellt worden war, keine allzu große Ähnlichkeit. „Erhebliche Unterschiede zu ihm bestehen nicht“, hieß es von Seiten der Ermittler kürzlich. Gleich erkennen könne man den Mann darauf aber auch nicht.

Der Chef der Spedition hatte offenbar auch bereits im Februar einen Massen-Gentest in seinem Unternehmen vorgeschlagen. Die Ermittler schlugen das jedoch aus: Zwar hatten die Beamten die Spur eines LKW-Fahrers als möglichen Täter verfolgt, das sei aber nur eine von mehreren Thesen gewesen, sagte ein Sprecher der Polizei. Ein Massen-Gentest wäre zu diesem Zeitpunkt daher rechtlich schwierig und unverhältnismäßig gewesen.