Dem Göppinger Landrat Edgar Wolff wird „undemokratisches Handeln“ vorgeworfen. Der Grund: er hat mit den Fraktionschefs einen Kompromiss ausgehandelt hat, der dem Linken-Kreisrat Christian Stähle ein Rederecht in einem Ausschuss einräumt.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Kreis Göppingen - Obwohl sich der neue Kreistag noch gar nicht konstituiert hat, rappelt es bereits kräftig im Karton. Nicht etwa, dass es um Politik ginge. Nein, es gibt Zoff, der sich wieder einmal an der Person des Linken Christian Stähle entzündet hat. Olaf Hinrichsen, der Pressesprecher der Stadt Göppingen, hat – wohlgemerkt: als Privatperson – in einer geharnischten E-Mail dem Landrat Edgar Wolff ein „undemokratisches Zurechtbiegen des Wahlergebnisses“ vorgeworfen.

 

Der Grund für die heftige Schelte: Wolff will – wohlgemerkt: nach Absprache mit allen Fraktionsvorsitzenden – dem Gesamtgremium vorschlagen, den frisch gewählten Einzelkreisrat Stähle mit Sitz und verbindlichem Rederecht im Sozialausschuss auszustatten – wohlgemerkt: ohne Stimmrecht und ohne Aufwandsentschädigung.

Per se hat der Linken-Politiker darauf zwar keinen Anspruch. Der Kompromiss, mit dem sich Stähle einverstanden zeigte, ist allerdings laut Wolff im Sinne „einer sachorientierten und konstruktiven Zusammenarbeit“.

Hinrichsen: Politisch wie juristisch fragwürdig

Für Olaf Hinrichsen ist die pragmatisch-salomonische Lösung indes ein rotes Tuch. Er sieht – wohlgemerkt: der Kreistag muss dem Vorschlag erst noch zustimmen – „das von einer überwältigenden Mehrheit bewusst herbeigeführte Wahlergebnis missachtet und auf den Kopf gestellt“. Werde der Wählerwille nicht respektiert, könne die Sitzverteilung gleich nach guter SED-Tradition im Voraus festgelegt werden, hält er dem Landrat in seinem Schreiben vor, das er auch an die Medien weitergeleitet hat.

Der Jurist ergänzt, „dass Mitglieder in Ausschüsse des Kreistages entsprechend der rechtlichen Grundlage nur von den Fraktionen entsandt werden“ und kündigt an Wolffs „nicht nur politisch, sondern offensichtlich auch juristisch fragwürdiges Vorgehen gegebenenfalls durch das Regierungspräsidium überprüfen zu lassen“. In ähnlicher Weise hatte bislang zumeist Christian Stähle gehandelt, der Meinungsverschiedenheiten mit seinem Intimfeind Guido Till regelmäßig von der Aufsichtsbehörde klären ließ.

Till, der Göppinger OB, hält das Handeln seines Pressesprechers im Übrigen für opportun. „Als Privatperson hat Herr Hinrichsen das Recht, seine Meinung frei zu äußern“, erklärt er. Ein Problem wäre es nur gewesen, hätte er im Namen der Stadt gesprochen, ergänzt er. Nach Informationen der StZ ist der Göppinger Rathauschef mit dem Landrat wegen der „Lex Stähle“ jedoch ebenfalls heftig aneinander geraten.

Wolff: Diesen Kompromiss halte ich für angezeigt

In seiner Antwort an Olaf Hinrichsen – wohlgemerkt: auch diese erging in Form eines offenen Briefs – weist Edgar Wolff die Vorhaltungen entschieden zurück: „Meines Erachtens nach ist es gut und richtig, dass wir uns im Vorfeld der konstituierenden Sitzung des Kreistags Gedanken darüber machen, wie fraktionslosen Kreisräten eine angemessene Mitwirkung in der Gremienarbeit ermöglicht werden kann.“ Diese Überlegungen stellten auch andere Landkreise an, zum Teil mit deutlich weitergehenden Ergebnissen, erklärt der Landrat. Den Kompromissvorschlag halte er deshalb nicht nur für vertretbar, sondern für geradezu angezeigt, weil sich in einer erlaubenden Atmosphäre bessere Ergebnisse in der Kreispolitik erzielen ließen, fährt Edgar Wolff fort.

Stähle will sich zu Hinrichsens E-Mail inhaltlich zwar nicht äußern. „Die Neutralität die der Presssprecher einer Stadt haben sollte, steht durch die Vermischung von Funktion und privater Meinungsäußerung aber doch in Frage“, sagt er. Die Göppinger Gemeinderatsfraktion aus Linken und Piraten fordert die Ablösung Hinrichsens. Dessen Replik: „Beim Umgang mit Andersdenkenden schlägt die SED/PDS-Vergangenheit halt durch.“ – Es scheint so, als stehe der Konflikt ganz am Anfang.