Die Pauschalkritik der Linken an den flexiblen Erwerbsformen ist überzogen. Das ändert aber nichts daran, dass es sowohl im Teilzeitsektor als auch bei befristeten Jobs und Leiharbeit Fälle von Missbrauch gibt, findet StZ-Redakteur Thomas Thieme.

Stuttgart - Nicht jedes Arbeitsverhältnis, das in Teilzeit oder als Minijob ausgeübt wird, ist gleich prekär. Wer das behauptet, wird der Lebenssituation vieler Menschen nicht gerecht. Um drei Beispiele zu nennen: Was ist mit dem Studenten, der sein Studium als Barkeeper finanziert, der jungen Mutter, die mit fünfzehn Wochenstunden schnell wieder in den Job einsteigt, um noch genügend Zeit für ihr Neugeborenes zu haben, und dem Rentner, der sich mit 65 noch nicht aufs Altenteil abschieben lassen will und stattdessen stundenweise weiter ins Büro kommt? Die pauschale Kritik aus der Linken-Bundestagsfraktion an der wachsenden Zahl von sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnissen ist daher unangemessen.

 

Zu einer differenzierten Beurteilung der Arbeitsmarktlage gehört auch die Erwerbstätigenzahl, die seit 1993 um mehr als drei Millionen gestiegen ist, und die der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten, die etwa eine Million höher liegt. Dass es heute insgesamt mehr Arbeitsverhältnisse gibt, geht vor allem auf die steigende Zahl von Teilzeitjobs zurück. Leider gibt es auch in diesem größten Bereich der atypischen Beschäftigung Missbrauch, etwa wenn Arbeitnehmern verwehrt wird, ihre Stundenzahl zu erhöhen oder in Vollzeit zu arbeiten. Weitaus mehr unzufriedene Beschäftigte dürften allerdings in befristeten Jobs oder als Leiharbeiter anzutreffen sein. Hier sind die Arbeitgeber gefordert, mit diesen flexiblen Erwerbsformen nicht ausschließlich Kosten zu senken, sondern bewährten Mitarbeitern auch ernsthafte Perspektiven zu bieten.