Auch im Winter aktiv Die Auwaldzecke ist auf dem Vormarsch

Für Vierbeiner besonders gefährlich: Die Auwaldzecke kann den Erreger der Hundemalaria übertragen. Foto: dpa/Patrick Pleul

Die Auwaldzecke breitet sich in Deutschland ganzjährig aus. Sie sticht vor allem Hunde, kann aber auch für den Menschen gefährlich werden. Wie erkennt man die Zecken? Und wie kann man sich und Hunde schützen?

Sport: David Scheu (dsc)

Stuttgart - Lange galt der Winter als zeckenfreie Jahreszeit, in der man keine Stiche der blutsaugenden Krabbeltiere befürchten musste. Diese Gewissheit schwindet jedoch immer mehr: Deutschlandweit ist derzeit die besonders kältetolerante Auwaldzecke auf dem Vormarsch, die schon ab einer Temperatur von vier Grad nach Wirten sucht. „Wir gehen davon aus, dass der Klimawandel die Ausbreitung begünstigt“, sagt die Zeckenexpertin Ute Mackenstedt von der Uni Hohenheim. Infolge der globalen Erderwärmung gebe es hierzulande kaum noch längere Kälteperioden, weshalb die Auwaldzecke immer öfter auch während der Wintermonate aktiv sei.

 

Funde auch im Schönbuch bei Stuttgart

Auf die zuvor eher unbekannte Zeckenart wurde Mackenstedt ab 2018 aufmerksam, als sie im Rahmen eines Forschungsprojekts zur Einsendung verdächtiger Zecken aufrief. Rund 9000 Exemplare gingen seitdem ein, bei über der Hälfte handelte es sich um Auwaldzecken. Weder zeitlich noch räumlich ließ sich das Ganze eingrenzen: Die Proben erreichten das Labor zu jeder Jahreszeit und aus allen Landesteilen, die Nordsee-Insel Sylt war ebenso dabei wie der Schönbuch bei Stuttgart. „Wir gehen deshalb davon aus, dass die Auwaldzecke inzwischen flächendeckend in Deutschland verbreitet ist“, sagt die Forscherin.

Bei der Wahl ihrer Wirte ist die Auwaldzecke relativ wählerisch: Sie sticht insbesondere Hunde, Menschen dagegen eher selten. Das sei ein wichtiger Unterschied zum hierzulande weitverbreiteten Gemeinen Holzbock, betont Mackenstedt: „Der Holzbock ist ein absoluter Generalist und sticht auch uns Menschen gleichermaßen.“ Für die Vierbeiner allerdings bildet speziell die Auwaldzecke eine ernst zu nehmende Bedrohung, da sie den Erreger der sogenannten Hundemalaria übertragen kann. Im Fall einer Infektion werden die roten Blutkörperchen der Tiere befallen, es kommt zu Fieber und Atemnot. Ohne Behandlung kann die Krankheit innerhalb weniger Tage einen tödlichen Verlauf nehmen.

Anstieg der FSME-Erkrankungen in Deutschland

Allen Hundehaltern empfiehlt Mackenstedt daher, die Körperoberfläche ihrer Tiere ebenso regelmäßig wie gründlich abzusuchen. Das gelte vor allem nach Spaziergängen durch lichte Wälder und feuchte Gebiete wie Auen oder Moore, in denen sich die Zecke bevorzugt aufhalte. Erkennen lässt sie sich relativ gut: Die Auwaldzecke ist fast doppelt so groß wie der Gemeine Holzbock und zudem durch einen markanten grau-weiß gemusterten Rückenschild identifizierbar.

Völlige Entwarnung ist allerdings auch für Menschen nicht angesagt: Inzwischen sind vereinzelte Fälle bekannt, in denen Personen von der Auwaldzecke gestochen wurden. Das kann gesundheitliche Folgen haben: In Auwaldzecken wurde nach Angaben des Robert-Koch-Instituts bereits der Erreger der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) nachgewiesen, die das menschliche Nervensystem angreifen kann. „Wir gehen davon aus, dass auch schon Übertragungen des FSME-Virus von der Auwaldzwecke auf den Menschen stattgefunden haben“, sagt Mackenstedt.

In Baden-Württemberg sind laut Landesgesundheitsamt im vergangenen Jahr 351 Menschen an FSME erkrankt – und damit mehr als doppelt so viele wie 2019, als es zu 172 Fällen kam.

Die Impfung bleibt das A und O

Und wie groß ist die Gefahr einer Infektion im Fall eines Stichs? Bislang lasse sich nicht valide sagen, wie viele Auwaldzecken das FSME-Virus in sich tragen, betont Mackenstedt: „Es gibt aber auch keine Anhaltspunkte, dass der Wert höher ist als beim Gemeinen Holzbock.“ Dort liegt die Quote der FSME-positiven Zecken nach Schätzungen bei bis zu fünf Prozent.

In jedem Fall kann man sich gut gegen die Erkrankung schützen: „Das A und O der Prävention ist nach wie vor die Impfung“, sagt Mackenstedt. Dabei spiele es keine Rolle, ob man von dem Gemeinen Holzbock oder der Auwaldzecke gestochen werde: „Man impft ja nicht gegen einen Zeckenstich, sondern gegen den FSME-Erreger. Und der ist in beiden Zeckenarten gleichermaßen vorhanden.“ Bundesweit sind derzeit rund 20 Prozent der Bevölkerung gegen den Erreger geimpft.

Verschiedene Zeckenarten in Deutschland

Mehrzahl: Der Gemeine Holzbock bildet mit einem Gesamtanteil von 95 Prozent die in Deutschland am weitesten verbreitete Zeckenart. Die Hauptsaison liegt zwischen März und November – in den vergangenen Jahren war allerdings auch eine reduzierte Winteraktivität der Zecke zu beobachten, die ab einer Temperatur von sieben Grad unterwegs ist. Im Gegensatz zu sogenannten Jagdzecken wartet der Holzbock meist auf seinen Wirt und lässt sich abstreifen.

Varianten: Zuletzt wurden hierzulande auch bisher eher unbekannte Zeckenarten wie die Auwaldzecke gesichtet. Für Schlagzeilen sorgten zudem im Jahr 2018 vereinzelte Funde der Hyalomma-Zecke, die ihren Wirt aus zehn Meter Entfernung sehen kann und ihn bis zu 50 Meter weit verfolgt. Sie wurde vermutlich mit Zugvögeln aus Norditalien nach Deutschland getragen und bevorzugt hohe Temperaturen sowie lange Trockenzeiten. Der genaue Verbreitungsgrad der Hyalomma-Zecke ist noch unbekannt.

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