Lange schien es so, als bliebe das Robert-Bosch-Krankenhaus unberührt von den Turbulenzen im Krankenhauswesen. Nun gerät auch das Haus auf dem Burgholzhof stärker unter Druck.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Das Robert-Bosch-Krankenhaus (RBK) auf dem Burgholzhof befindet sich in einem Prozess weitreichender Veränderung. Ullrich Hipp, 65, der das Krankenhaus der Bosch-Stiftung 28 Jahre geführt hatte, ist seit Anfang des Monats im Ruhestand. Im Januar 2019 wird ihm Rolf Zettl, 54, derzeit Vorstand des Instituts für Gesundheitsforschung in Berlin, als kaufmännischer Geschäftsführer folgen. Anfang August wird ein neuer Pflegedirektor sein Amt antreten. Und nach Jahren des Wachstums stagnieren die Patientenzahlen im RBK, das Gesamtergebnis ist inzwischen negativ. „Wir müssen einige Dinge energisch angehen“, sagt Mark Dominik Alscher, der ärztliche Geschäftsführer. „Wenn wir weiter machen wie bisher, dann kriegen wir ein Problem.“

 

Als bei den Beschäftigten des RBK am 2. Juli eine nur vier Zeilen lange Rundmail einging mit der Nachricht, dass Ullrich Hipp in den wohl verdienten Ruhestand gehe, war mancher irritiert und verunsichert. „Normalerweise geschieht das mit allen Ehren“, sagt jemand aus der Pflege. „Da wundert man sich dann schon.“ Am gestrigen Donnerstag kam dann die offizielle Presseerklärung: „Wir sind Ullrich Hipp sehr dankbar für die hervorragende Arbeit, die er geleistet hat“, schreibt Hans-Werner Cieslik, der Geschäftsführer der Robert Bosch Stiftung. Unter Hipps Führung sei das RBK stetig gewachsen und habe sich mit seinen mehr als 1000 Betten und rund 2700 Mitarbeitern einen exzellenten Ruf unter den großen Kliniken im Südwesten erarbeitet. Mark Dominik Alscher stellt klar: Ende Juni sei die Dienstzeit von Ullrich Hipp „regulär abgelaufen“, er habe gebeten, ihn „von seinen Aufgaben zu entbinden“. Hipp hatte angeboten, sollte sich seine Nachfolge verzögern, vorerst weiterzumachen. Ende Juni aber fiel die Entscheidung für Rolf Zettl.

Patientenzahlen stagnieren

Dieser wird in einer Lage starten, wie sie das RBK in den vergangenen Jahren nicht gekannt hat. Nach langem Wachstum stagnierten die Patientenzahlen, in einigen Bereichen seien diese auch „leicht zurückgegangen“, so Alscher. Im Jahr 2013 zählte man im RBK rund 42 000 stationäre Patienten, das Jahr danach waren es rund 43 000. Im vergangenen Jahr aber blieb es bei den 44 000, wie man sie schon 2016 erreicht hatte. Diese Entwicklung führt der ärztliche Geschäftsführer, der seit März dem kaufmännischen gleichgestellt ist, auch auf die neuen, Mitte 2014 in Betrieb gegangenen Rems-Murr-Kliniken in Winnenden zurück. Alscher: „Das merkt man.“

Dennoch mache das RBK „im laufenden Betrieb weiter Gewinn“, betont Alscher. Das gilt aber nicht für das Gesamtergebnis. Was dem Krankenhaus, zu dem auch die Lungenklinik Schillerhöher und die Geburtsklinik Charlottenhaus gehören, stark zusetzt, sind die Pensionsrückstellungen. In der aktuellen Niedrigzinsphase müssen diese erhöht werden. Um eine ausgeglichene Gesamtrechnung zu erreichen, muss das RBK Rücklagen angreifen, 2017 stattliche 9,5 Millionen Euro entnehmen, dieses Jahr sogar 13,6 Millionen Euro. Das erhöht den Druck auf das Krankenhaus erheblich. Die regelmäßig von neuen Anforderungen geprägten Rahmenbedingungen im Krankenhauswesen würden immer komplexer, stellt Mark Dominik Alscher fest. Und: „Es wird immer schwieriger, ein Krankenhaus noch auskömmlich zu führen.“

Ärzte und Pflegekräfte wandern ab

Dazu kommen viele Wechsel bei Ärzten wie Pflegekräften. So mussten unlängst vier Chefarztstellen neu besetzt werden. Und aus der Pflege hört man von etlichen Abgängen. Der ärztliche Geschäftsführer räumt ein, man habe derzeit eine Fluktuation „über dem Üblichen“. Der Wettbewerb um Pflegekräfte in der Stadt ist groß, die Wege bei einem Wechsel sind kurz. Zu dieser Entwicklung dürften auch einige organisatorische Änderungen in dem Krankenhaus auf dem Burgholzhof beigetragen haben. Unter anderem wurde das Krankenhausinformationssystem geändert. Mit diesem sei in den Abläufen „die digitale Kurve komplett“, sagt Alscher. Dies habe im Betrieb aber auch „zu Belastungen“ geführt. „Wir sind in einer Umstellungsphase“, sagt der ärztliche Geschäftsführer.

Auch auf der Führungsebene hat sich das RBK auf die neuen Verhältnisse eingestellt. In der Vergangenheit stand der kaufmännische Geschäftsführer über allem, der ärztliche Direktor darunter. Das ist jetzt anders. Angesichts der heutigen Anforderungen und des schnellen Wandels müsse die Medizin in der Geschäftsführung vertreten sein, sagt Mark Dominik Alscher. Bei der Stiftung ist man zuversichtlich, dass das neue Duo die Herausforderung der Zukunft bewältigen wird. Mit Rolf Zettl gewinne man „einen erfahrenen Manager, der sich ausgezeichnet im Gesundheitswesen und in der internationalen Forschungslandschaft auskennt“, erklärt Hans-Werner Cieslik. Zettl ist promovierter Biologe und war in leitenden Managementfunktionen auch schon für die Charité in Berlin und für die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren tätig.