Die Büffel sind wieder auf der Weide bei Großbottwar (Kreis Ludwigsburg) – ihre Halter sind überzeugt davon, dass Fauna und Flora im Tal profitieren. Im nächsten Schritt streben sie eine Mutterkuhhaltung an.

Gemächlich schlendert Margot an diesem sonnigen Vormittag über die Weide. Hinter der Leitkuh folgen acht weitere Tiere. „Wasserbüffel sind unglaublich sozial – jedes Tier wird anerkannt und kann bei der Herde bleiben“, sagt Gerhard Fahr. Der 74-Jährige ist auch an diesem Morgen vom Wohnort Benningen nach Großbottwar gekommen, um die Weide zu kontrollieren. Zufrieden blickt er auf die Herde, die sich am unteren Ende des Grundstücks aufhält, wo die Tiere sich eine Suhle gegraben haben, in der das Wasser steht.

 

Die Wogen haben sich inzwischen geglättet. Das war vor fast zehn Jahren noch anders, als das Projekt von NatureLife-Präsident Claus-Peter Hutter, Gerhard Fahr und dem Landwirt Andreas Weigle in den Feuchtwiesen der Bottwar angedacht wurde. „Wir mussten unheimlich viele Gespräche führen und Vorurteile aus dem Weg räumen“, erinnert sich der Projektbetreuer Fahr. Es könnte eine schwarze Wüste voller Schlamm und Dreck entstehen, sorgten sich die Gegner, die ein Walt-Disney-Szenario und entlaufene Tiere auf den Straßen befürchteten. Von all dem sei nichts eingetroffen, berichtet Fahr, der gemeinsam mit der Familie Weigle die Tiere seit Mai 2019 auf der Wiese hält und trotz der damit erforderlichen Präsenz immer noch Freude daran hat.

Noch sichern Spenden das Projekt – aber das soll sich ändern

Ein Selbstläufer ist die Tierhaltung nicht. Gerhard Fahr schreitet den Elektrozaun ab und rückt einen etwas schief stehenden Pfosten wieder zurecht. „Wir haben immer mal wieder kleinere Reparaturen“, sagt er und ist froh, dass Andreas Weigle viel leistet. Das Projekt sei aus Spenden finanziert, doch er hoffe, das ändern zu können. „Unser Ziel ist eine Mutterkuhhaltung.“ Heißt: In der Herde könnte künftig Nachwuchs gezeugt werden. Liebe und Lust unter den Wasserbüffeln wollen Fahr und Weigle aus ökologischen wie auch aus wirtschaftlichen Motiven fördern. „Wir brauchen diesen Kreislauf“, erklärt Fahr. Ausgewachsene Tiere könne man an Fleischproduzenten verkaufen.

Die Wasserbüffelhalter brauchen den Segen der Behörden. Man wolle demnächst in Gespräche eintreten, erzählt Fahr. Er ist sich sicher: „Die Mutterkuhhaltung fördert die Artenvielfalt.“ Sollte die Haltung genehmigt werden, könnten flexibel auch etwas mehr als zehn  Büffel auf der Weide grasen. Ein Bulle wäre von April bis September auf der Weide. Die Muttertiere würden ihren Nachwuchs nach etwa 300 Tagen austragen.

Brunstschreie hallen weit über die Weide hinaus ins Tal

Brunstschreie hallen wohl jetzt schon öfter durch das Tal der Liebe, wie man das Bottwartal auch landläufig nennt. „Ich bekomme manchmal Anrufe, weil die Schreie so laut sind, beruhige die Leute aber“, erklärt Andreas Weigle. Der Landwirt ist inzwischen eingetroffen und zeigt auf die Weide, auf der viele Hahnenfüße und Löwenzahnblüten gelb leuchten. Die Wiese erscheint an manchen Stellen deutlich abgegraster als an anderen. Das liegt am Prinzip der Umbruchweide: Die Büffel werden immer nur an einem von acht Weideabschnitten zugelassen, was auch daran liegt, dass die Büffel Abschnitte meiden, auf denen sie vor kurzem noch Kot hinterließen. „Es ist immer gut möglichst viele Pflanzenhöhen zu haben“, erklärt Weigle. Während die Vögel in abgeweideten Wiesen leichter an Würmer gelangten, nutze das hohe Gras mit den Blüten vor allem den Insekten. Gerhard Fahr nickt: „Wir müssen die Landschaft offen halten: Wenn sie am Fluss immer mehr verschilft, könnten viele Tierarten dort nicht mehr leben.“

Das Monitoring der Technischen Universität Cottbus habe die extensive Beweidung positiv bewertet, berichten die Tierhalter. „Es gibt schon Fortschritte, trotz der kurzen Projektzeit von nur vier Jahren“, unterstreicht Gerhard Fahr. Seltene Tierarten wie die Wasserralle seien gesichtet worden. Neben Dungkäfern würden auch Watvögel wie Bekassine sowie Vogelarten wie Neuntöter, Rohrammer, Sumpf- und Schilfrohrsänger auftreten. „Die Dunghaufen der Wasserbüffel sind sehr wichtig für die Entwicklung von Käfern, Fliegen, Insektenarten und Mikroorganismen.“

Welche Fortschritte im Detail zu verzeichnen sind, darüber wacht das Landratsamt Ludwigsburg. Die Mitarbeiter der Behörde prüfen derzeit in Abstimmung mit dem zuständigen Referat im Regierungspräsidium Stuttgart den ersten Monitoringbericht für das Projekt, teilt Andreas Fritz, Pressesprecher des Landratsamtes, mit. Man müsse schauen, welche Auswirkungen die Wasserbüffelbeweidung auf Flächen und die Artenvielfalt haben. „Erst wenn die Ergebnisse ausgewertet sind, kann über Veränderungen der Beweidung gesprochen werden.“

Wie funktioniert die Büffelzucht?

Zucht
Die Betreiber der Wildbüffelherde wollen eine Mutterkuhhaltung aufziehen. Für die Fortpflanzung ist ein Zuchtbulle erforderlich. Er kann bis zu 100 Kühe im Jahr decken, erklärt der Deutsche Büffelverband, der maximal 25 Kühe empfiehlt, damit die Abkalbsaison kurz bleibt.

Tiere Büffelkühe kalben mit 2,5 bis drei Jahren zum ersten Mal. Sie bringen mit über 25 Jahren noch Kälber zur Welt. Um Inzucht zu vermeiden, sollte der Bulle laut Büffelverband nur maximal zwei Jahre bei der Mutterkuhherde bleiben. Die dominante Kuh behalte aber auch während dieser Zeit die Führung der Herde inne. Ein Bulle läuft, so Gerhard Fahr, nach dem Ende der Paarungszeit noch mit.

Natursprung
 Bringt eine Mutterkuh ihr Junges in der wärmeren Jahreszeit auf der Weide zur Welt, spricht man von einem Natursprung. Das ist das Ziel der Projektbetreiber in Großbottwar. Sie wollen vermeiden, dass bei Stallgeburten eine unnötige Enge entsteht.