Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hält polizeiliche Abfragen bei Standesämtern in begründeten Fällen für gerechtfertigt. Anders sähe es bei standardmäßigen Erhebungen aus.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Stuttgart - Holt die Polizei auf fragwürdiger Grundlage Angaben über die Staatsangehörigkeit von Eltern mutmaßlicher Täter bei Standesämtern ein, auch wenn die Verdächtigen einen deutschen Pass besitzen? Diese Frage steht in Zusammenhang mit den polizeilichen Ermittlungen nach der Stuttgarter Krawallnacht im Raum – und hat auch den Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, Stefan Brink, beschäftigt. Nach Auswertung einer Stellungnahme des Polizeipräsidiums kommt er zu dem Ergebnis, dass das Vorgehen der Polizei nicht zu beanstanden ist. Sie habe nachvollziehbar erläutert, „dass die Datenerhebungen allein der konkreten Aufklärung von Straftaten aus der Krawallnacht dienten“. Präventiv-polizeiliche Überlegungen hätten keine Rolle gespielt.

 

Strobl lobt Arbeit des Datenschutzbeauftragten

Brink hält dies für stichhaltig, weil „präventive“ Integrationsmaßnahmen der Sozialarbeit ebenso wenig in den Aufgabenbereich der Polizei fallen würden, wie die Anfertigung sozialwissenschaftlicher Studien zu Motivlagen von Tätern. Hierfür würden Soziologen die nötigen Daten erheben, nicht jedoch die Polizei. Innenminister Thomas Strobl (CDU), der die Arbeit des Datenschutzbeauftragten am Donnerstag lobte, hatte zuvor erklärt, es gehe auch darum, „geplante Präventionsmaßnahmen an der jeweiligen Zielgruppe orientiert maßgeschneidert umzusetzen“.

Eine standardmäßige Erhebung wäre unzulässig

Der Beauftragte stellte klar: „Die Strafprozessordnung berechtigt die Polizei bei Straftaten, alle zu deren Aufklärung erforderlichen Maßnahmen zu treffen und die notwendigen Daten zu erheben.“ Hierzu könne auch gehören, die Lebensverhältnisse von heranwachsenden Tatverdächtigen aufzuklären. „Auch das soziale Umfeld kann da eine Rolle spielen.“ Das Personenstandsregister könne für die Ermittlungen wichtige Hinweise enthalten. „Deshalb kann die Datenerhebung bei den Standesämtern in begründeten Fällen durch die Ermittlungsbefugnis der Polizei gedeckt sein.“ Brink betont auch: Eine standardmäßige Erhebung der Staatsangehörigkeit der Eltern von Straftatverdächtigen sei nicht erforderlich und daher unzulässig, zumal der unscharfe Begriff des ,Migrationshintergrundes‘ keine Aussagekraft im Strafverfahren habe.

Gleichzeitig regt Brink eine engere Abstimmung von Polizei und Staatsanwaltschaft bei der Festlegung von Ermittlungsmaßnahmen an, „um zu verhindern, dass in polizeilichen Ermittlungen sensible persönliche Daten von Straftatverdächtigen und Dritten gesammelt werden, die im anschließenden strafgerichtlichen Verfahren nicht verwendet werden können oder sollen.“