Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat sich damit befasst, welche Papiere über den aus dem Ruder gelaufenen Polizeieinsatz im Mittleren Schlossgarten freigegeben werden dürfen. Eine Entscheidung gibt es noch nicht, der Kläger fürchtet eine lange Hängepartie.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart/Leipzig - Auch mehr als acht Jahre nach der versuchten Räumung des Mittleren Schlossgartens, die sich als „Schwarzer Donnerstag“ in das Gedächtnis der Stadt eingeschrieben hat, beschäftigen die Vorgänge die Gerichte. Am Mittwoch wurde vor dem 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig unter Vorsitzendem Richter Andreas Korbmacher über die Freigabe mehrerer Dokumente gestritten. Von den Papieren des Landes und der Deutschen Bahn versprechen sich Kritiker von Stuttgart  21 Hintergründe über den aus dem Ruder gelaufenen Einsatz am 30. September 2010. Die Klage richtet sich gegen das Land Baden-Württemberg, die Deutsche Bahn ist Beigeladene.

 

Vier Dokumente angefordert

Der Vorstoß von Dieter Reicherter, ehemaliger Richter am Landgericht Stuttgart, zielt auf mehrere Dokumente ab. Er stützt sich dabei auf das Umweltinformationsgesetz, das freien Zugang zu umweltrelevanten Daten gewährleisten soll. Zum einen verlangt der pensionierte Jurist Einblick in ein Schriftstück des Staatsministeriums über den Landtagsuntersuchungsausschuss, der den Polizeieinsatz aufgearbeitet hat. „Da steht drin, was Mappus aussagen sollte“, hoffte Reicherter im Vorfeld der Verhandlung in Leipzig. Stefan Mappus (CDU) war Ministerpräsident des Landes, als die Arbeiten für Stuttgart 21 beginnen sollten. Neben diesem Schriftstück geht es Reicherter um einen Vermerk des Innenministeriums, in dem es um die Äußerung eines Polizisten im Zusammenhang mit dem Einsatz im Schlossgarten geht. Reicherter hält das Schriftstück für einen Maulkorb gegenüber dem Beamten. Zudem hätte der Kläger gern Einsicht in Unterlagen aus dem Schlichtungsverfahren zu Stuttgart 21 sowie zur Kommunikationsstrategie der Bahn.

Dieter Reicherter war mit seinem Ansinnen vor dem Verwaltungsgericht in Stuttgart gescheitert (AZ 4 K 2005/13). Er beschritt den Rechtsweg und ging vor dem baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof in Mannheim in Berufung. Das oberste Verwaltungsgericht des Landes gab ihm im Juni 2017 recht (AZ 10 S 436/15). Daraufhin legten sowohl das Land wie auch die beigeladene Bahn Revision ein. Beide beantragten vor dem Bundesverwaltungsgericht die vor dem Stuttgarter Verwaltungsgericht ergangene Abweisung der Klage wiederherzustellen.

Was ist eine Umweltinformation?

Breiten Raum nahm in Leipzig die Diskussion darüber ein, wann eine Information eine Umweltinformation im Sinne des Umweltinformationsgesetzes ist, ob ein interner Vermerk der Landesverwaltung nach einer Frist öffentlich werden und ob die Bahn die Kommunikationsstrategie unter Hinweis auf Geschäftsgeheimnisse unter Verschluss halten darf. Das Bundesverwaltungsgericht will am 8. Mai eine Entscheidung verkünden. Dieter Reicherter geht davon aus, dass es die Sache an den Gerichtshof der Europäischen Union verweist. „Und das dauert dann wieder sehr lange“, bedauert der Kläger.

Weitere juristische Auseinandersetzungen um S 21 zeichnen sich bereits ab. Noch im ersten Halbjahr 2019 wollen Projektkritiker vor dem baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof erreichen, dass die Bahn eine Brandschutzsimulation für den Durchgangsbahnhof veröffentlicht.