Der Aufbau des Riesenrads in Fellbach verzögert sich zwar etwas, dafür dürfte es jedoch länger als geplant vor der Schwabenlandhalle bleiben. Die ersten Gäste können an diesem Samstag in die Gondeln steigen.

Wie vor dem Beginn eines riesigen Mikadospiels liegen die metallenen Streben auf dem Auflieger eines Lastwagens. Der Arm eines gelben 50-Tonnen-Krans hebt sie auf den Rasenplatz vor der Schwabenlandhalle. Für die sechs Männer des Bautrupps ist es ein Knochenjob, den sie in normalen Jahren mehr als 20-mal erledigen. Fünf Tonnen wiegt das schwerste Teil des 38 Meter hohen Riesenrads: die zentrale Achse, um die sich buchstäblich alles dreht. Der Umgang mit dem aus Metallketten und massiven Haken bestehenden Hebezeug erfordert ständige Aufmerksamkeit. Der Aufbau des Eventrads für den Fellbacher Herbst ging von Mittwoch an zunächst zügig voran, dann gab es aber am Freitag wieder Probleme mit dem Kran. Deshalb können die ersten Gäste erst an diesem Samstag in die Gondeln steigen.

 

Der Schausteller muss viel Geduld aufbringen

Bis es so weit war, musste der Schausteller viel Geduld aufbringen. Schon der Abbau nach vier Monaten Standzeit im Nordseeheilbad Bensersiel verzögerte sich. Der zum Abbau unverzichtbare Fahrzeugkran von Enrico Becker war ausgefallen, ein für die Reparatur notwendiges Ersatzteil nicht sofort zu beschaffen. In Fellbach angekommen, begann am Montag der dreitägige Aufbau zunächst planmäßig. Am Abend stand ein Teil des Fundaments, aber bereits da war klar, dass am Dienstag Stillstand herrschen würde, denn der Mietkran musste auf einen Notfalleinsatz. „Ich bin seit 35 Jahren Schausteller, aber wenn ich so etwas noch mal erlebe, dann hänge ich meinen Job an den Nagel“, sagte Stefan Becker, der Onkel von Enrico Becker, der zunächst als Baustellenleiter eingesprungen war.

„Es steckt schon einiges an Logistik dahinter“, erklärt der Neffe. Die Auflieger von vier Lastwagen sind Transportmittel für das 56 Tonnen schwere Rad. Für das Aufbauteam ist ein Mannschaftstransporter vorhanden, und in einem Container sind Werkzeuge sowie anderes Material eingelagert. Während Enrico Becker am zweiten Firmensitz Oldenburg – Hauptsitz ist Stuttgart – einen eigenen Kran stationiert hat, mietet er an entfernten Orten den Kran eines Dienstleisters.

Und mitunter sind die Aufstellorte des „Weißen Eventrads“, das über eine von beiden Seiten sichtbare, bunte und Farbwechsel ermöglichende LED-Beleuchtung verfügt, weit von Oldenburg entfernt. Bevor es in Benzersiel sozusagen Heimaturlaub hatte, war es 2021 in Saudi-Arabien im Einsatz. Das Angebot aus Jeddah, anlässlich des dortigen Formel-1-Rennens eines seiner drei Riesenräder aufzubauen, hat Enrico Becker nach kurzem Zögern angenommen. Zu groß war die Angst, anlässlich der coronabedingten Einschränkungen bei einem Auftritt auf einem Weihnachtsmarkt nur wenige Besucher vorzufinden. Letztlich war die Entscheidung allerdings richtig, denn die Weihnachtsmärkte hierzulande wurden flächendeckend abgesagt.

1,6 Millionen Euro für das Riesenrad

„Ich hatte Existenzängste“, sagt Enrico Becker. Der 35-Jährige fühlt sich zu jung für eine Pleite. 1,6 Millionen Euro hat er in das Riesenrad investiert. Folglich ist im wahren Wortsinn Drehzahl angesagt, denn jeder Tag des Stillstands bringt nicht nur keinen Umsatz, sondern verursacht hohe Kosten. In Fellbach ist der inzwischen in Stuttgart wohnende Spross einer Schaustellerfamilie mit Wurzeln in Kaiserslautern kein Unbekannter. „Ich bin hier groß geworden“, sagt der kräftige Mann mit dem Kurzhaarschnitt. Angefangen hat alles mit dem Maronistand, den seine Familie immer noch betreibt, ebenso wie das „Break Dance“. Fellbach ist sozusagen zur zweiten Heimat geworden, zumal „wir hier immer gut aufgenommen worden sind“. Dem Vorgänger der aktuellen Fellbacher Veranstaltungsmanagerin Melanie Mezger, also Rolf Krautter, ist er bis heute sehr dankbar. Weil Klein-Enrico nie die Zeit gehabt hatte, einen Zoo zu besuchen, nahm ihn Rolf Krautter im Familienverbund einfach mit in die Wilhelma.

Aus diesen sentimentalen Gründen, aber natürlich auch aus wirtschaftlichen Überlegungen hofft er deswegen auf eine Verlängerung in Fellbach. Ursprünglich war der Aufenthalt vor der Schwabenlandhalle bis zum 24. Oktober geplant. Zwar ist noch keine Entscheidung gefallen, aber derzeit zeichnet sich ab, dass alle wesentlichen Beteiligten einer Verlängerung nicht abgeneigt wären. Enrico Becker schon gar nicht, denn bisher hat er keinen Anschlusstermin.

Das Riesenrad wird sich täglich von 11 bis 20 Uhr drehen. Eine Fahrt kostet für Erwachsene 7 und für Kinder 5 Euro. Als besonderes Highlight gibt es von Donnerstag bis Sonntag Genussfahrten. Von 11 bis 12 Uhr gibt es einstündige Frühstücksfahrten sowie zwischen 19 und 20 Uhr Weinfahrten mit verminderter Drehgeschwindigkeit. Diese Events kosten 33 Euro. Karten gibt es beim i-Punkt im Rathaus.