Drei Jahre lang haben Kardiologen aus dem Rems-Murr-Kreis mit Partnern die Aufklärung intensiv vorangetrieben. Die erstaunlichen Ergebnisse der wissenschaftlich begleiteten Kampagne sind jetzt in einer Veranstaltung in Fellbach bekannt gegeben worden.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Die Zeit entscheide über die Prognose: Wie ein Mantra wiederholt Thomas Eul das Leitmotiv seiner Initiative. Je schneller ein Herzinfarkt erkannt und Maßnahmen eingeleitet würden, desto größer sei nicht nur die Wahrscheinlichkeit, dass der Betroffene überlebt, sondern auch, dass er nach einer Behandlung von größeren Folgeschäden verschont bleibe.

 

Mehr als 5000 Menschen erreicht

Am Freitagabend hat der Fellbacher Kardiologe und Vorsitzende des Vereins „Gemeinsam gegen den Herzinfarkt“ zusammen mit seinen Mitstreitern in der Schwabenlandhalle noch einmal eine große Bühne genutzt, um über Symptome aufzuklären und Laien die Angst vor Erste-Hilfe-Maßnahmen zu nehmen. „Rems-Murr-schockt“ ist die vorläufige Abschlussveranstaltung einer dreijährigen, intensiven Kampagne gewesen, mit der zuletzt 21 Kardiologen und ihre Projektpartner in fast 100 Veranstaltungen mehr als 5000 Menschen erreicht haben.

Mit coronabedingter, rund zweijähriger Verspätung haben die Verantwortlichen nun eine Bilanz des wissenschaftlich begleiteten Projekts gezogen. Und die kann sich mehr als sehen lassen. So hat sich im Projektzeitraum die Zeit, in der sich Betroffene mit Herzinfarkt bei der Rettungsleitstelle melden, im Schnitt von 95 Minuten im Jahr 2016 auf 58 Minuten im Jahr 2019 verkürzt. Nicht nur das ist für die leitende Notärztin am Rems-Murr-Klinikum in Winnenden, Jutta Franz, welche die Zahlen präsentierte, ein kaum erwartetes Ergebnis. Auch die Quote der Wiederbelebung durch Ersthelfer und Helfer vor Ort bei einem Herz-Kreislaufstillstand sei im selben Zeitraum von 35,3 Prozent auf 52,8 Prozent angestiegen, so Franz. Zum Vergleich: landesweit lag die Quote 2019 lediglich bei 39,3 Prozent. Auch Defibrillatoren werden im Rems-Murr-Kreis von Laien und Helfern vor Ort etwa 50 Prozent häufiger eingesetzt als im Landesdurchschnitt.

Videobotschaft vom Gesundheitsminister

Das in einer Datenbank des Deutschen Roten Kreuzes erfasste und per Internet abrufbare Netzwerk der elektronischen Lebensretter ist in dieser Form einmalig gewesen und wird nun bereits von anderen Landkreisen adaptiert. Beeindruckt hat sich von den Ergebnissen auch der Landesgesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) gezeigt. In einer Videobotschaft lobte er das Rems-Murr-Gesundheitsprojekt als beispielhaft. Bei einem Herzinfarkt zähle jede Sekunde, so Lucha. Die Aufklärung über Symptome und Schulungen zur Reanimation spielten eine zentrale Rolle, um Leben zu retten. Es gehe darum, den Menschen die Angst zu nehmen, Erste Hilfe zu leisten. „Die Initiative ‚Gemeinsam gegen den Herzinfarkt’ ist deshalb ein absolutes Vorbild und zeigt, was es bedeutet, vor Ort Verantwortung für andere zu übernehmen.“

Aus Sicht der Deutschen Herzstiftung mit Sitz in Frankfurt ist das Aufklärungsprojekt im Rems-Murr-Kreis ein Leuchtturmprojekt, das aufgrund seiner guten Ergebnisse Vorbild für andere Landkreise sein könnte. „Es ist eine ausgezeichnete Leistung, dass Aufklärung über den Herzinfarkt in einem regionalen Bündnis, standardisiert von Kardiologen, Rettungsdiensten, Krankenkassen und weiteren Partnern, über so viele Jahre mit höchster Qualität durchgeführt wird. Ich hoffe, dass sich diesem Projekt viele andere Landkreise und Städte anschließen werden“, sagt Martin Vestweber, der Geschäftsführer der Herzstiftung.

Die Aufklärung soll weiter gehen

Während das auf drei Jahre angelegte Projekt in dieser Form mit der Veranstaltung in Fellbach eigentlich ihren Abschluss gefunden hat, soll die Aufklärung aber auch im Rems-Murr-Kreis unbedingt weitergehen. Zumal sich die Zahlen in den zwei Jahren Unterbrechung durch die Pandemie offenkundig bereits wieder verschlechtert haben.

„Unser Wunsch ist, die Aufklärung in die Schulen zu tragen“, sagte der Landrat Richard Sigel, der von einer Zwischenbilanz spricht und darauf baut, weiter auf die Kardiologen und ihre Projektpartner zählen zu können. Denn eines sei auch klar: „Wir brauchen die Fachleute dafür.“

Weitere Veranstaltung und Kontakt

Veranstaltung
 Gastgeber der nächsten Informationsveranstaltung sind der TV Bittenfeld und die Allgemeinmedizinerin Dr. Anke Menikheim. Sie findet am Sonntag, 7. Mai, um 11 Uhr in der Sport- & Gemeindehalle Bittenfeld, Waldstraße 2, statt.

Verein
 Interessierte Vereine, Firmen, Gemeinden und Schulen können sich für Aufklärungsveranstaltungen weiter an den Verein der Kardiologen wenden.

Informationen im Internet:
www.kardioverein.de