„Gravierende Defizite“ sieht die zuständige Ministerin bei der Genossenschaftsaufsicht durch den Prüfverband VBW. Dieser will nichts davon wissen: man habe alles richtig gemacht, lässt er sich bescheinigen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Im Fall des Millionenbetruges um die Eventus-Genossenschaft kommt es zu einer Kraftprobe zwischen dem Wirtschaftsministerium von Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) und dem Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen (VBW). Wie die Ministerin vor dem Wirtschaftsausschuss des Landtags berichtete, hat ihr Haus als Konsequenz aus schweren Pflichtverstößen eine Reihe von Auflagen gegen den Prüfverband erlassen. Man schließe sich der Auffassung eines Gutachtens an, wonach Eventus nie als Genossenschaft hätte zu gelassen werden dürfen und es bei der Prüfung durch den VBW „gravierende Defizite“ gegeben habe, sagte Hoffmeister-Kraut. Der Verband müsse nun „systematisch nachbessern“, unter „intensiver Aufsicht“ durch das Ministerium und mit Nachschau durch einen externen Gutachter. Gegen diesen Bescheid könne er klagen.

 

Der Verband ließ zunächst offen, ob er diesen Weg beschreitet. Auf seiner Internetseite veröffentlichte er jedoch eine Stellungnahme, in der er Kritik scharf zurückweist. „Die in der Öffentlichkeit gegen den VBW immer wieder vorgebrachten Anwerfungen sind rechtlich nicht haltbar“, heißt es als Fazit. Zur Begründung werden Passagen aus einem Gutachten zitiert, das der Verband zu seiner Entlastung in Auftrag gegeben hat. Eine nicht namentlich genannte „renommierte Sozietät“ komme darin zu „ganz anderen Schlüssen“ als das Gutachten des Wirtschaftsministeriums. Der VBW habe danach „sämtliche ... Pflichten erfüllt“ und seinen Spielraum ausgeschöpft. Zur Insolvenz der Eventus-Genossenschaft sei es durch eine „systematische Veruntreuung“ durch den Gründer gekommen, der inzwischen zu mehrjähriger Haft verurteilt wurde; dieser habe die vorhandenen „Missbrauchsmöglichkeiten geschickt ausgenutzt“.

Tauziehen um Herausgabe von Gutachten

Eine weitere Konfrontation gibt es zwischen Ministerium und Verband um die Frage, ob das von dem Ressort bestellte Gutachten veröffentlicht werden darf. Hoffmeister-Kraut will eine geschwärzte Version freigeben und hat erste Anträge von Geschädigten positiv beschieden. Der VBW stimmt der Herausgabe jedoch nicht zu und könnte nun Klage erheben. Solange die Frist dafür läuft bleibt das auch vom Landgericht als „vernichtend“ eingestufte Gutachten unter Verschluss.

Im Wirtschaftsausschuss erhielt die Ministerin parteiübergreifend Zuspruch für ihre Absicht, das Gutachten offenzulegen. Begrüßt wurde dies insbesondere von SPD und FDP, die eine öffentliche Debatte zu Eventus beantragt hatten. Ebenso wie Vertreter der anderen Parteien beklagten sie, dass das eigentlich sehr gute Modell der Genossenschaft durch den Betrug in Misskredit gebracht worden sei. Es müsse sichergestellt werden, dass sich solche Fälle nicht wiederholten.

Verständnis für Wut der Geschädigten

Die harte Position des VBW wird auch damit erklärt, dass er Ansprüche von Geschädigten abzuwehren versucht; diese wollen ihn für ihre Schäden – insgesamt etwa zehn Millionen Euro – in Haftung nehmen. Der Verband hatte bereits diverse personelle Konsequenzen gezogen. An die Adresse etlicher Geschädigter, die an der Sitzung teilnahmen, sagte Hoffmeister-Kraut, deren Wut sei für sie „mehr als nachvollziehbar“. Die Sprecherin der Geschädigten-Initiative rügte, bei Eventus gehe „Täterschutz vor Opferschutz“.