Das Stuttgarter Integrationsministerium prüft, ob die bisher von IBM genutzte Immobilie am Fichtenberg in ein Erstaufnahmelager umgebaut werden kann. Die Stadtverwaltung fordert schon jetzt, dessen Kapazität auf 1000 Menschen zu begrenzen.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Herrenberg - Auf der Suche nach neuen Standorten für die Unterbringung von Flüchtlingen ist das Ministerium für Integration offenbar in Herrenberg fündig geworden. Laut Information der Stadtverwaltung haben Verhandlungen zwischen der Landesregierung, der IBM und dem Eigentümer des Gebäudekomplexes begonnen. „Der Ausgang ist ungewiss“, hieß es in der Mitteilung aus dem Rathaus vom Samstag. Der Computerhersteller betreibt am Fichtenberg seit 1983 sein Schulungszentrum. Anfang Juli waren Pläne bekannt geworden, dass das Unternehmen den Standort bis in zwei Jahren aufgeben wolle. Offiziell bestätigt wurde der Rückzug aber nie. Das Integrationsministerium hat das Zentrum kurz darauf besichtigt und die Verhandlungen aufgenommen.

 

Bis jetzt hat die Stadt erfolglos einen neuen Nutzer gesucht

„Die Immobilie scheint für ein Erstaufnahmelager technisch geeignet zu sein“, sagte Tobias Meigel. Dass in Herrenberg eine solche Flüchtlingsunterkunft eröffnet wird, sei damit aber noch nicht gesagt, betonte der Erste Bürgermeister. IBM hat einen laufenden Mietvertrag und nutzt die Gebäude auch noch als Büros. Besitzer der Immobilie ist der Schweizer Fonds Real MGT. Das Integrationsministerium verhandelt mit Vertretern von beiden Unternehmen – sowohl die Miete als auch ein Kauf des Objekts stehen zur Debatte. Das an der Bundesstraße 14 zwischen Nufringen und Herrenberg am Waldrand gelegene Schulungszentrum ist rund 24 000 Quadratmeter groß und müsste vom Land für die Nutzung als Unterkunft umgebaut werden. Die Stadt hatte in den vergangenen Wochen erfolglos versucht, einen neuen Nutzer dafür zu finden. „Es ist natürlich eine besondere Immobilie“, sagte Tobias Meigel.

Auch wenn noch kein Beschluss gefasst ist, haben die Verwaltung und der Gemeinderat vorsorglich mehrere Forderungen an das Integrationsministerium gestellt. Dazu gehört, dass das Aufnahmelager maximal mit 1000 Menschen belegt werden solle und dass es ein umfassendes Sicherheitskonzept dafür geben müsse. Herrenberg stelle sich der Verantwortung, ließ Thomas Sprißler mitteilen, wolle aber die Rahmenbedingungen mitgestalten. „Eine große Zahl von Flüchtlingen in einer Stadt unterzubringen, ist eine große Herausforderung, selbst für eine weltoffene und tolerante Stadt wie Herrenberg“, erklärte der Oberbürgermeister weiter. Bisher leben in der 30 000-Einwohner-Stadt 267 Asylbewerber.

Der Landrat fordert eine gute Betreuung für die Flüchtlinge

Hintergrund der Forderungen ist, dass die beiden neuen Landeserstaufnahmelager schnell überbelegt waren: In Meßstetten im Zollernalbkreis wohnen mit mehr als 2000 doppelt so viele Menschen als geplant in der Kaserne, in Ellwangen (Ostalbkreis) sind es 1650 statt der vereinbarten 1000 Personen. Die Landesregierung rechtfertigt sich mit dem nicht abbrechenden Flüchtlingsstrom: Täglich kommen bis zu 500 Asylbewerber in Baden-Württemberg an. „Das Land sucht händeringend nach Plätzen für die Erstaufnahme“, bestätigte der Landrat. „Da darf es jetzt in keinem Landkreis von vornherein ein Tabu geben, wenn eine geeignete Liegenschaft frei ist“, erklärte Roland Bernhard. Entscheidend sei, Rahmenbedingungen für einen konfliktarmen Betrieb zu schaffen. Dazu gehöre auch ausreichend Fachpersonal für die Betreuung der Flüchtlinge.