Die Aufregung in der Teckstadt ist groß. Nachdem ein Unternehmen aus Neuenstadt am Kocher den bisherigen Caterer übernommen hat, sind die Mahlzeiten für Kitas und Schulen rund 100 Kilometer unterwegs – mit teils unangenehmen Folgen.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Kirchheim - Es gibt nur wenige Themen, die derart emotional diskutiert werden, wie die Verpflegung von Kindern in Kitas oder Ganztagsschulen. Nun schlägt das Thema in Kirchheim hohe Wellen. In den vergangenen Monaten haben sich immer mehr Eltern über die ihrer Meinung nach unbefriedigende Qualität des Essens beschwert. Oft sei es matschig oder kalt gewesen. Manche Einrichtung hat sogar gelegentlich die Annahme der Speisen aus diesem Grund ganz einfach verweigert.

 

Der Grund liegt im – unfreiwilligen – Wechsel des Caterers. In Kirchheim wird lediglich an den beiden Gymnasium das Essen für die Schüler frisch in den schuleigenen Mensen gekocht. Alle anderen Mittagsspeisen in städtischen Schulen – immerhin mehr als 3000 Portionen pro Woche – liefert ein externer Anbieter. Den Vertrag hat die Stadt Kirchheim ursprünglich mit dem in Korntal-Münchingen beheimateten Unternehmen Robin Cook geschlossen. Gekocht wurde das Essen zunächst in einer Großküche in Stuttgart-Wangen.

Die Essensreise geht 100 Kilometer quer durch Württemberg

Doch im Sommer 2016 übernahm Meyer Menü mit Sitz in Neuenstadt am Kocher Robin Cook. Die Stadt liegt nördlich von Heilbronn und ist damit mehr als 100 Kilometer von Kirchheim entfernt. Wann Meyer Menü die Küche in Wangen geschlossen hat und seit wann das Essen jeden Wochentag auf große Reise quer durch Württemberg nach Kirchheim geht, dazu mag sich Benjamin Kalisvaart, der Geschäftsführer von Meyer Menü, aktuell nicht äußern.

Momentan sei er damit beschäftigt, den Ursachen für die Unzufriedenheit der Kunden in Kirchheim auf den Grund zu gehen: „Wir bitten Sie daher um Verständnis, dass wir derzeit keine weiteren Fragen beantworten können.“ Auf Nachfrage stellt Kalisvaart schließlich einen Brief zur Verfügung, in dem er den Produktionsweg erläutert. Demnach werde das von einem Forschungsinstitut zertifizierte Essen täglich frisch in Neuenstadt gekocht und sofort verpackt. Meyer Menü habe einen „speziellen Herstellungsprozess mit kurzen Garzeiten entwickelt, sodass unser Mittagessen während des Transports nicht warmgehalten, sondern fertiggegart wird“.

Seit dem 2. November werde das Essen „ohne Umwege“ direkt nach Kirchheim gebracht. Vorher ist es offenbar in Korntal-Münchingen umgeladen und auf die verschiedenen Kunden in der Region Stuttgart verteilt worden. Die Mittagessen würden dann in der Zeit zwischen 9.30 Uhr und 12.30 Uhr in Kirchheim ausgeliefert.

Information erst auf Nachfrage

Freiwillig hat Meyer Menü seine Kundschaft offenbar nicht über die Verlagerung der Küche nach Neuenstadt informiert. Kirchheim, so erklärt die Pressesprecherin der Stadt, Jana Fiegenbaum, sei erst im aktuellen Schuljahr darüber informiert worden, dass die Produktionsstätte verlagert worden ist. Fiegenbaum: „Und zwar erst, nachdem Probleme bei der Belieferung aufgetreten sind und wir nachgefragt haben.“ Zwar habe man seit längerem gewusst, dass die Produktionsstätte in Wangen aufgegeben werde. Die Stadt sei jedoch aufgrund von Aussagen des Caterers immer davon ausgegangen, „dass bis dahin in der Umgebung von Stuttgart eine neue Produktionsstätte entstehen soll“.

Dass die Informationspolitik von Meyer Menü zu wünschen übrig lässt, gilt wohl auch für Ludwigsburg. Dort beliefert Robin Cook drei Kitas. Die Ludwigsburger Pressestelle teilt mit, dass die Stadt „den Wissensstand habe, dass noch am Standort Korntal-Münchingen, beziehungsweise in Stuttgart-Wangen gekocht wird“. Man wisse nur, dass diese Produktion mittelfristig nach Neuenstadt verlagert werden solle. Auch Gerlingen (Kreis Ludwigsburg) arbeitet in drei Kitas mit Robin Cook/Meyer Menü zusammen und ist – laut Aussage eines Sprechers der Stadt – mit dem Service und der Qualität zufrieden. In Gerlingen geht man momentan davon aus, dass das Essen nach wie vor von Neuenstadt aus mit einem Lastwagen nach Korntal gebracht und dort auf Transporter umgeladen wird.

Ortsnahe Versorgung in Bürtingen und Ostfildern

Solche Transportprobleme haben andere Städte im Landkreis Esslingen und in der Region nicht. Waiblingen etwa arbeitet eng mit den Johannitern und der Diakonie Stetten zusammen. Böblingen setzt auf die Cook-And-Chill-Methode – das vorgekochte Essen wird kalt angeliefert und in den jeweiligen Mensen erhitzt – und hat dabei Lieferanten, die maximal rund 20 Kilometer von der Stadt entfernt arbeiten. In Sindelfingen wird teilweise in den Einrichtungen selber gekocht. Auch arbeitet man dort mit dem Klinikverbund Calw zusammen.

Noch ortsnäher haben Nürtingen und Ostfildern die Versorgung organisiert. Im Nürtinger Kinderhaus am Neckar wird für insgesamt vier Kitas gekocht, den Rest versorgt ein direkt in Nürtingen beheimatetes Unternehmen. Genauso ist die Versorgung in Ostfildern organisiert.

In Esslingen selbst hatte es vor einigen Jahren bei der Vergabe der Mittagessen große Diskussionen gegeben. Der Neubau einer eigenen Küche – die bisherige Kitaküche am Entengraben war sanierungsbedürftig und zu klein geworden – scheiterte an der Wirtschaftlichkeit. Den Zuschlag erhielt schließlich die Firma Stollsteimer in Plieningen – unter anderem, weil Esslingen in der Ausschreibung eine Klausel hatte, die eine ortsnahe Versorgung fordert.

Eine solche Kilometerbegrenzung gibt es im ursprünglichen Vertrag der Stadt Kirchheim mit Robin Cook nicht. Trotzdem, so heißt es in der Pressemitteilung der Stadt, werde derzeit von der Stadtverwaltung geprüft, „ob und gegebenenfalls wann eine Vertragsauflösung vorgenommen werden soll, beziehungsweise kann“. Dabei müsse die Stadt aber berücksichtigen, wie die weitere Essensversorgung sichergestellt werden könne.