Jeder, der sich als potenzieller Bauherr in der Leonhardvorstadt sieht, kann von nun an konkrete Ideen zu Bebauung und Nutzung des Viertels vorbringen.

Stuttgart - Das Ringen um die Zukunft des Züblin-Areals samt Parkhaus geht weiter. Und damit auch die öffentliche Kontroverse zum Züblin-Parkhaus. Seit Monaten erwarten viele mit Spannung die Entscheidung: Abriss oder Erhalt. Und tatsächlich laufen derzeit vertiefende Untersuchungen zur baulichen Entwicklung des Züblin-Areals, was eigentlich auch – so zumindest wurde es bereits Mitte des Jahres seitens der Stadt in Aussicht gestellt – eine Machbarkeitsstudie oder ein Gutachten zum baulich-strukturellen Potenzial des alten Parkhauses hinsichtlich einer Umnutzung beinhalten sollte. „Die Ergebnisse hierzu werden bald auf der Projektwebsite bekannt gegeben“, heißt es auf der Internetseite der Stadt bislang lediglich.

 

Wie wird das Parkhaus genutzt?

Heinrich Huth, Bezirksbeirat (SPD) und Vorsitzender des Vereins Leonhardsvorstadt stört sich daran nicht. „Viel interessanter ist die Frage, was an diesem Ort später einmal stattfinden soll. Das Schicksal des Züblin-Baus hängt in erster Linie von der beabsichtigten Nutzung ab“, sagt er. Diese soll allerdings erst in den kommenden Monaten von den Konsortien herausgearbeitet werden. Wichtiger indes ist ihm das lange angekündigte Konzeptverfahren in Form eines offenen Ideenwettbewerbs. Damit bleiben die Verantwortlichen dem Grundsatz einer breit angelegten Partizipation der Bürgerschaft treu.

Doch Stadtplanung unter Einbeziehung der Bürgerschaft braucht Zeit – und die nahmen sich auch die Verantwortlichen beim IBA-Projekt „Neue Mitte Leonhardsvorstadt“. Damit aber die seit 2020 partizipativ erarbeiteten Zielsetzungen bis zum IBA-Jahr 2027 zu konkreter baulicher Form gerinnen können, soll nun die nächste Phase des Projekts beginnen: Ein Konzeptverfahren, an dessen Ende ein gemeinderatlicher Beschluss, ein detaillierter Bebauungsplan und die Anhandgabe des Baugrunds an Investoren und Bauherren stehen.

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„Dass sich die Stadt für ein Konzeptverfahren und nicht für ein Bieterverfahren entschieden hat, ist von höchster Bedeutung“, sagt Heinrich Huth: „Die Stadt vergibt die Grundstücke eben nicht nach Höchstgebot, sondern nach konzeptueller Übereinstimmung mit den in den vorangegangen Phasen erarbeiteten Zielsetzungen.“

Hintergrund ist der immer wieder ausdrücklich erklärte Wille der Stadt, bei der Entwicklung der Leonhardsvorstadt neue Wege einzuschlagen. Wie gesagt: unter Mithilfe bürgerlicher Partizipation, um den sozialen Belangen im Viertel Rechnung zu tragen. Dazu gehört aber auch die übergeordnete Kooperation mit der Internationalen Bauausstellung 2027 Stadtregion Stuttgart (IBA’ 27) inklusive der Moderation durch drei externe Stadtplanungsbüros. Die aus diesen beiden nun abgeschlossenen Projektphasen destillierten Ziele sind nun offenbar ausreichend genau formuliert: Verbindung von Leonhards- und Bohnenviertel durch eine Umgestaltung des Züblin-Areals, Bewahrung der örtlichen Vielfalt, Durchmischung von Gewerbe- und Wohnraum, großzügige Spiel- und Freizeitflächen und Berücksichtigung ökologischer und mikroklimatischer Belange. „Im Fokus steht eine gemeinwohlorientierte und nachhaltige Entwicklung aus dem Stadtquartier heraus“, heißt es auf der Internetseite der Stadt.

Startschuss für Ideenwettbewerb

Mit dem Startschuss für einen offenen Wettbewerb der Ideen und einem damit verbunden Interessentenaufruf eröffnet die Stadt nun also das Konzeptverfahren und damit die nächste Projektphase. Private Investoren, Vereine, Stiftungen, Initiativen und natürlich die Stadt selbst, im Grunde jeder, der sich als potenzieller Bauherr sieht – sie alle können ab sofort ihre ganz konkreten Ideen zu Bebauung und Nutzung vorbringen. Diese neue Phase soll zum Ende hin in politische Beschlüsse zur Entwicklung und Vergabe von Bauflächen münden. Die Stadt setzt darauf, dass sich bauwillige Akteure verschiedenster Couleur zu Beginn oder auch während der Konzeptphase zu Konsortien zusammenfinden, wohl auch in der Hoffnung, dass über ein kreatives Miteinander ein Ausgleich der Interessen stattfindet.

Die Verantwortlichen haben also nicht vor, dem Projekt jetzt, da es Gestalt anzunehmen beginnt, ihr eigenes architektonisches Konzept überzustülpen. Den Zuschlag bekommen sollen am Ende diejenigen Akteure, deren Konzepte am ehesten den gemeinsam formulierten Ziel entsprechen. „In unseren Köpfen herrscht immer noch viel zu sehr die Vorstellung, dass Stadtplanung etwas ist, das von oben her bestimmt wird“, sagt Heinrich Huth.