Wissenschaft und Technik starten derzeit in dem Riesenreich richtig durch. Die Akzeptanz für die Digitalisierung ist hoch. Gleichzeitig beschränkt die Regierung die Freiheit des Internets. Viele deutsche Firmen überdenken ihr Engagement.

Peking - Die chinesische Wirtschaft startet überraschend optimistisch ins neue Jahr. Im Dezember mehrten sich die Zeichen für einen Aufschwung: Die Unternehmen haben mehr Geld für neue Anlagen ausgegeben, die Privatleute mehr konsumiert. Im Gesamtjahr 2017 lag das Wachstum mit 6,9 Prozent so hoch wie seit acht Jahren nicht mehr.

 

In China laufen derzeit zwei Trends gegeneinander. Einerseits lässt die Regierung Überkapazitäten in Branchen wie Stahl, Kohle oder Beton abbauen. Sie versucht außerdem, den Schuldenstand der Kommunen zu verringern. Beides belastet die Konjunktur. Auf der anderen Seite treibt die Mittelklasse mit ihrer Ausgabefreude die Wirtschaft immer stärker an. Auch neue Sektoren wie die Internetwirtschaft und die Umwelttechnik entwickeln sich prächtig.

Jubelmeldungen sind Pflicht

Am Ende steht im kommunistisch regierten China immer die gewünschte Wachstumszahl. Für das abgelaufene Jahr waren mindestens 6,5 Prozent vorgegeben. Mit 6,9 Prozent lag der offizielle Wert besonders deutlich darüber, doch das hat politische Gründe. Im Herbst hat ein wichtiger Kongress der Kommunistischen Partei stattgefunden. Zu solchen Ereignissen sind Jubelmeldungen Pflicht.   Viele Provinzen haben deshalb zu hohe Zahlen nach oben gemeldet, wie Ökonomen des Wertpapierhauses Nomura festgestellt haben. „Die Lokalregierungen dürften künftig wohl genauere, also niedrigere, Ergebnisse vorlegen.“ Allein das dürfte die Zahlen im kommenden Jahr dämpfen, ohne dass die Wirtschaft nennenswert schlechter läuft.  

Chinesische Analysten rechnen mit einem offiziellen Wachstumsziel zwischen 6,5 und 6,8 Prozent.   In Anbetracht der Größe der chinesischen Volkswirtschaft stehen hinter diesen Zahlen gewaltige Zuwächse an Waren und Dienstleistungen – gleichgültig, ob sie jetzt einen Prozentpunkt zu hoch oder zu niedrig angesetzt sind. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 83 Billionen Yuan im vergangenen Jahr entspricht nach aktuellem Wechselkurs zehn Billionen Euro. Das ist dreimal mehr als das deutsche BIP und bereits zwei Drittel des amerikanischen Wertes.

Viel Geld für Investitionen

China ist also ein sehr reiches Land.   Ein Großteil des Wohlstands ist bei den gut 400 Millionen Bewohnern der hoch entwickelten Küstenprovinzen konzentriert. Damit steckt in China eine Volkswirtschaft, die von der Zahl der Einwohner so groß wie die EU ist und deren Bürger bereits viel Geld für privaten Konsum auf der Hand haben.   Der wichtigste Wachstumstreiber ist der Aufstieg von weiteren Mitgliedern der verbleibenden Milliarde einkommensschwacher Chinesen in diese ausgabefreudige Mittelklasse. Die Regierung lässt daher mit Priorität die strukturschwachen Provinzen im Westteil des Landes entwickeln. Sie nimmt dafür viel Geld für Investitionen in die Hand.

  Auch für die folgenden Jahre erwarten Experten eine grundsätzlich stabile Entwicklung in China. Die Zentralbank steht bereit, eventuelle Probleme wegen des hohen kommunalen Schuldenstands so aufzufangen, dass die Konjunktur nicht leidet. China als größter Produzent und größter Markt vieler Branchen kann sich das leisten.   Zugleich starten Wissenschaft und Technik in China richtig durch. Die Akzeptanz für die Digitalisierung ist dort höher, die Umsetzung läuft schneller. China ist längst Patent-Weltmeister. Doch auch hier laufen zwei Trends gegeneinander. Während die IT-Wirtschaft einerseits boomt, beschränkt die Regierung andererseits die Freiheit des Internets immer weiter. So schließt sie derzeit letzte Schlupflöcher für den freien Netzverkehr mit der Außenwelt. Viele deutsche Firmen überdenken daher ihr Engagement in China. „Die Internetrestriktionen behindern die Geschäftstätigkeit“, warnt die Außenhandelskammer vor Ort.   Doch die Regierung glaubt, sich die Gängelei der Wirtschaft im Sinne ihres Machterhalts leisten zu können. Gerade weil China so stark dasteht und so viel Geld hat, leuchtet die Notwendigkeit von internationalen Investitionen immer weniger ein. Und tatsächlich: Trotz der Hemmnisse rechnen drei Viertel der deutschen Firmen auch 2018 mit höherem Umsatz.