Die Frau des Kremlkritikers Alexej Nawalny, dessen Tod in Haft gemeldet worden ist, ruft die internationale Gemeinschaft auf, das Putin-Regime zu besiegen.

Korrespondenten: Tobias Peter (pet)

Julia Nawalnaja hat die Augen weit geöffnet. Und sie trägt den Kopf jetzt bewusst hoch.

 

Sie habe sich gefragt, ob sie in diesem Moment wirklich hier sprechen solle, sagt die Ehefrau Alexej Nawalnys auf der Münchner Sicherheitskonferenz, die am Freitag begonnen hat. Oder ob sie besser direkt zu ihren Kindern reisen solle. Es ist nur wenige Stunden her, dass die staatliche russische Agentur Tass gemeldet hat, dass der Kremlgegner in Haft gestorben sei.

„Was hätte Alexej gemacht?“ fragt Julia Nawalnaja. Ihre eigene Antwort: Sie sei sicher, ihr Mann hätte auf jeden Fall gewollt, dass sie die Chance nutze, auf der Konferenz zur Welt zu sprechen. Eine direkte Bestätigung für den Tod ihres Mannes hat sie offenbar nicht. Sie wisse nicht, ob man den schrecklichen Nachrichten des Regimes des russischen Präsidenten Wladimir Putin, das so viele Lügen verbreite, glauben solle, sagt sie. Aber sie wolle Putin und allen, die für ihn arbeiteten, eines zurufen: „Sie werden nicht straffrei ausgehen.“ Julia Nawalnaja betont, sie rufe die gesamte internationale Gemeinschaft, dazu auf, zusammenzustehen und „dieses Böse zu besiegen, dieses furchtbare Regime, das heute über Russland herrscht“.

Selenskyj spricht am Samstag

Wie geht es weiter mit Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine? Halten Europa und die USA die begonnene Unterstützung durch? Gibt es erfolgversprechende Wege zu einer Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten?

Rund 50 Staats- und Regierungschefs sowie viele andere Politiker und Experten sind zur 60. Münchner Sicherheitskonferenz gekommen, um über diese Fragen zu diskutieren. Informell einerseits, hinter verschlossenen Türen. Aber auch auf der offenen Bühne. Für Samstag stehen Auftritte von Bundeskanzler Olaf Scholz und des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf dem Programm.

Eröffnet wird die Konferenz am Freitag von UN-Generalsekretär António Guterres. Dass er die Konferenz eröffnet, dürfte nicht allen gefallen haben – insbesondere in der israelischen Delegation. In den vergangenen Monaten hatte Guterres die israelische Kriegsführung im Gazastreifen gegen die Terrororganisation Hamas wegen der dramatischen humanitären Folgen für die Palästinenser scharf kritisiert.

In München sagt Guterres: Die skrupellosen Terrorangriffe der islamistischen Hamas vom 7. Oktober seien durch nichts zu rechtfertigen. Sie könnten aber auch nicht „die kollektive Bestrafung“ des palästinensischen Volkes rechtfertigen. Der Portugiese warnte, eine militärische Großoffensive Israels in Rafah im Süden des Gazastreifens werde verheerende Folgen haben – für 1,5 Millionen palästinensische Zivilisten, die dort bereits jetzt ums Überleben kämpften. Guterres wirbt einmal mehr für eine Feuerpause und für den Weg hin zu einer Zwei-Staaten-Lösung.

Und was ist mit den USA?

Der UN-Generalsekretär sieht große Risiken in der Art und Weise, wie sich die multipolare Welt zuletzt entwickelt hat. „Selbst die Ära des Kalten Krieges war – in mancherlei Hinsicht – weniger gefährlich“, sagt er. Zu den atomaren Gefahren seien noch die Klimakrise und eine Gefahr durch möglicherweise unkontrollierbare Künstliche Intelligenz gekommen. Zudem gelte: Gespaltene Gesellschaften seien schwache Gesellschaften, so Guterres. Anders ausgedrückt: Es gibt viel Arbeit für nationale Regierungen und internationale Organisationen.

Und welche Rolle werden die USA in diesem Zusammenhang spielen? Die amerikanische Delegation besteht aus Demokraten und Republikanern, angeführt wird sie von der US-Vizepräsidentin Kamala Harris. Sie lässt keinen Zweifel an ihrer Haltung aufkommen: „Amerika wird damit weitermachen, eine Führungsnation zu sein.“

Harris lobt die Nato. Und sie verweist darauf, die Zahl der Länder, die das Ziel einhielten, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für ihre Verteidigung auszugeben, habe sich verdoppelt: in der Zeit, in der Joe Biden US-Präsident sei und sie Vize-Präsidentin. Harris argumentiert, die amerikanische Führungsrolle und die gute Zusammenarbeit mit Alliierten mache die Welt auch für die eigenen Bürger sicherer. Sie spricht von „einigen in den Vereinigten Staaten“, die das nicht verstünden. Den Namen Donald Trump nennt sie nicht.