Zug um Zug kommt die Neuregelung des Nahverkehrs auf der Schiene in Gang. Der baden-württembergische Verkehrsminister hat jetzt Zuschläge für Verkehrsverträge erteilt. Im Ergebnis fährt die DB Regio weiter – aber deutlich billiger als bisher.

Stuttgart - Der Wettbewerb funktioniert. Das ist eine Erkenntnis, die sich aus weiteren Auftragsvergaben für den Schienenpersonenverkehr in Baden-Württemberg ziehen lässt. Das Kuriose dabei: die fraglichen Verkehrsleistungen erbringt die DB Regio – wie bisher. Aber sie macht es billiger und mit moderneren Zügen. Verglichen mit den noch geltenden Konditionen muss das Land pro Jahr im Schnitt etwa 75 Millionen Euro weniger für die gleiche Zahl an Zugkilometern ausgeben.

 

Der Verkehrsminister des Landes, Winfried Hermann (Grüne), wird von der Opposition von CDU und FDP heftig und immer wieder dafür gescholten, dass er mit der Vergabe der Aufträge nicht vorankomme. Der Verkehrsvertrag mit der Deutschen Bahn läuft nämlich Ende 2016 aus, es ist also höchste Eisenbahn für Nachfolgeregelungen.

Hermann keilt regelmäßig zurück, die schwarz-gelbe Vorgängerregierung habe der Bahn mit dem 2003 geschlossenen Vertrag eine Gunst erwiesen und viel zuviel Steuergeld für die zu erbringende Verkehrsleistung bezahlt.

Zwei Euro pro Kilometer

Die jetzt bekannt gegebenen Zahlen widerlegen den Minister zumindest nicht. Im Durchschnitt koste 2017 ein Zugkilometer 9,60 Euro; derzeit muss das Land 11,69 Euro dafür bezahlen. „Mit dieser Wettbewerbsrendite ist die Finanzierungslücke im Schienenpersonennahverkehr zwar noch lange nicht geschlossen, aber der Zuschussbedarf des Landes reduziert sich doch deutlich“, triumphiert Hermann.

Er bezieht sich auf die jetzt abgeschlossene Vergabe von so genannten Übergangsverträgen. Damit wird das Zugangebot im Land in der Zeit nach Auslaufen des geltenden Verkehrsvertrages bis zum Inkrafttreten der diversen Nachfolgevereinbarungen geregelt. Die Leistungen für den Schienennahverkehr werden künftig nämlich nicht mehr konzentriert erbracht, sondern in 17 verschiedene Losen unterteilt. In elf davon sind jetzt die Zuschläge für solche Übergangsregelungen erteilt worden. Vier weitere Lose seien grundsätzlich zuschlagsreif. Sie reichen allerdings bis hinein nach Bayern, sodass die Nachbarn ihr Plazet dazu geben müssen. Bis Mitte November rechnet man in Stuttgart damit. An zwei weiteren Losen rechnet man noch herum.

Die DB Regio gewinnt

Die Laufzeit dieser Übergangsverträge beträgt maximal drei Jahre, teilweise nur wenige Monate. Im Verkehrsressort verzeichnet man nicht ohne Stolz, dass es angesichts solch überschaubarer Leistungsumfänge überhaupt gelungen ist, die Vergabe unter Wettbewerbsbedingungen vornehmen zu können. Schließlich muss sich ein kleinerer Anbieter genau überlegen, ob es sich lohnt, Investitionen für vielleicht nur drei Jahre Betrieb auf sich zu nehmen.

Fürs Land hat sich der Wettbewerb auf jeden Fall gelohnt. Über die gesamte Laufzeit dieser Übergangsverträge muss es 227 Millionen Euro weniger ausgeben als jetzt. Das Land kann den Zugverkehr nicht mehr allein mit den vom Bund kommenden dafür gedachten Mitteln finanzieren, sondern muss auch aus der eigenen Kasse drauf legen, um keine Nahverkehrsverbindungen aufgeben zu müssen. Diese Finanzierungslücke wird jetzt also kleiner. Gewinner der Ausschreibung ist aber auch die Bahn, denn auf den zuschlagsreifen elf Losen wird ausnahmslos sie zum Zuge kommen.

Bessere Fahrzeuge kommen

Auch technisch werde der Verkehr jetzt besser. „Vielerorts werden die Fahrgäste auch in den Genuss besserer Fahrzeuge kommen“, sagt Hermann. Zum Dezember 2016 werden etwa ein Drittel der alten „Silberlinge“ durch neuere und komfortablere Fahrzeuge ersetzt. Augenscheinlich ziehe die DB aus ganz Deutschland das bessere Wagenmaterial zusammen, stellt Hermann erfreut fest. Baden-Württemberg ist für Verkehrsanbieter offenbar attraktiv.

Hermanns Plan war, die Verkehrsleistungen auf der Schiene für die Zeit nach dem großen Verkehrsvertrag gestaffelt auszuschreiben. Der Markt der Verkehrsanbieter, aber auch der Fahrzeughersteller sollte nicht überfordert werden; kleineren Anbietern sollte so die Chance eröffnet werden, sich an dem Geschäft zu beteiligen. Mit den Übergangsverträgen wurde diese Staffelung möglich gemacht.

Die eigentlichen Langzeit-Verträge sind noch nicht spruchreif; darüber muss am Ende auch der Ministerrat befinden.