Größer, schneller, elektrisch: Eine neue Baureihe soll die Modelle Cayenne und Macan übertreffen und Porsche unabhängiger von VW machen. Der Sportwagenbauer prognostiziert Investoren Rekordgewinne – dabei ist er noch gar nicht an der Börse.

Automobilwirtschaft/Maschinenbau: Matthias Schmidt (mas)

Noch ist der Börsengang von Porsche nicht endgültig beschlossen. Erst in den kommenden Wochen werde der Mutterkonzern Volkswagen dazu Neues verlauten lassen, sagt Porsche-Chef Oliver Blume. Bei einem Capital Markets Day im Entwicklungszentrum Weissach aber eröffnet der Sportwagenbauer am Montag schon einmal den Schönheitswettbewerb um die Gunst internationaler Investoren.

 

Blume und sein Vize, der Finanzvorstand Lutz Meschke, rücken dazu in feinstem Business-Englisch zwei Dinge ins Schaufenster: Rekordaussichten bei Umsatz und Gewinn im laufenden Jahr und einen neuen, rein elektrisch betriebenen Luxus-SUV, der voraussichtlich in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts auf den Markt kommen soll – und in puncto Luxus und Leistung oberhalb der momentan erfolgreichsten Modelle Cayenne und Macan steht. Zudem soll der Sportwagen 718 (Boxster, Cayman) ab Mitte der zwanziger Jahre nur noch mit vollelektrischem Antrieb gebaut werden. Und die E-Version des Macan wird nach Problemen in der Softwareentwicklung nun 2024 ausgeliefert, so der aktuelle Plan.

Porsche nimmt eine Rendite von mehr als 20 Prozent ins Visier

Obwohl im ersten Halbjahr fünf Prozent weniger Porsche verkauft wurden als im Vergleichszeitraum 2021, stellt Meschke für 2022 wieder Rekordzahlen in Aussicht. Porsche strebe einen Umsatz von 38 bis 39 Milliarden Euro an, der bisherige Höchstwert steht bei 33,1 Milliarden im Jahr 2021. Auch die Umsatzrendite soll verbessert werden – von 16 auf 17 bis 18 Prozent. Das liefe auf einen Gewinn von bis zu sieben Milliarden Euro hinaus. Mittelfristig, so Meschke, sei eine Rendite von 17 bis 19 Prozent erreichbar, auf lange Sicht nehme Porsche sogar mehr als 20 Prozent ins Visier.

Die Zuversicht gründet einerseits auf der Erwartung, dass die chinesische Wirtschaft nach den Lockdowns kräftig anzieht, man erwarte dort „ein sehr erfolgreiches zweites Halbjahr“, sagt Meschke. Den langfristigen Optimismus ziehen die Porsche-Verantwortlichen aus Prognosen, die kein Ende des Luxusbooms kommen sehen. Im Gegenteil: Blume präsentiert die Erwartung, dass der Markt für Sportwagen wie den 911er bis 2026 jedes Jahr um sieben Prozent wächst. Bei SUVs sollen es sechs Prozent sein, bei Elektroautos generell sogar 34 Prozent.

Porsche sieht sich eine Stufe über Mercedes-Benz

Ähnliche Überlegungen stellt bekanntlich Mercedes-Benz an, wo man sich ebenfalls einer Luxusstrategie verschrieben hat. Porsche aber ordnet den Stuttgarter Konkurrenten auf einem Pyramiden-Schaubild in einem niedrigeren, Premium genannten Segment ein. Porsche dagegen steht in der Grafik neben Firmen wie Bugatti, Maserati, Rolls-Royce oder Lamborghini an der Spitze – mit einem wesentlichen Unterschied: Die anderen seien in einer Nische erfolgreich, während Porsche ein Vielfaches an Autos verkaufe, im vergangenen Jahr erstmals mehr als 300 000 Stück. „Wir sind nicht mit Ferrari vergleichbar“, sagt Blume, „wir verbinden Luxus mit Größenvorteilen. Das macht uns einzigartig.“

Mit dem zusätzlichen SUV will Porsche die Trends größer, schneller und elektrisch auf einen Schlag bedienen. Man habe ein Fahrzeug im Sinn, das „sogar sportlicher“ als der Taycan, das bisherige Elektroflaggschiff, sein soll, sagt Blume – mit höheren Voltzahlen und damit mehr Leistung sowie schnelleren Ladezeiten. Damit steht das Auto auch für das Streben nach mehr Unabhängigkeit von Volkswagen. Aus dem gemeinsamen Artemis-Projekt mit Bentley und Audi, das die Produktion eines SUV im VW-Nutzfahrzeugwerk Hannover vorgesehen hatte, waren die Zuffenhausener im vergangenen Jahr ausgestiegen. Stattdessen plant man nun die Produktion der neuen Baureihe im Porsche-Werk in Leipzig. Eine komplette Absage an die Synergielogik allerdings steht nicht zur Debatte: Wie man hört, wird der neue SUV auf der künftigen Konzern-Elektroplattform SSP (Scalable Systems Platform) aufgebaut.

Externe Partner sollen bei der Software helfen

„Wir streben nach mehr Unabhängigkeit“, erklärt Blume, und das heiße vor allem: mehr Schnelligkeit in der Entwicklung. „Weniger Komplexität, weniger Bürokratie“, ergänzt Meschke. In diesem Balanceakt zwischen Loslösung und Kooperation hat sich Porsche zuletzt von der VW-Softwaretochter Cariad distanziert. Man könne nicht bis 2026 warten, bis das neue Bordsystem mit der Versionsnummer 2.0 fertig sei. Porsche entwickelt deshalb auf eigene Faust die Version 1.2 weiter.

Zudem werde man schon bald die Zusammenarbeit mit externen Partnern verkünden. Im Bereich Infotainment dürften dies die bekannten Technologieführer wie Apple (USA) oder Baidu und Tencent (China) sein. Spannend wird, mit wem Porsche beim autonomen Fahren kooperiert. Der VW-Konzern entwickelt gemeinsam mit Bosch. Mercedes ist auf dieser Schiene mit dem Grafik- und Chipgiganten Nvidia unterwegs.

Porsche auf dem Weg an die Börse

Termin
 VW will die Porsche AG teilweise an die Börse bringen. Im Februar kündigte VW-Vorstandschef Herbert Diess an, das Vorhaben zu prüfen. Bis jetzt ist aber weder der endgültige Beschluss dazu gefallen, noch steht der Termin fest. Avisiert wurde ursprünglich das vierte Quartal 2022.

Ziel
 Die eigene Notierung soll den Wert des Ertragsbringers Porsche im VW-Konzern sichtbar machen und zusätzliche Mittel für die Transformation bringen. „Die Porsche AG bekäme mehr unternehmerische Freiheit und würde weiterhin von Konzernsynergien profitieren“, so Diess. Plan
VW würde die Mehrheit am Sportwagenhersteller Porsche behalten. Die von den Familien Porsche und Piëch beherrschte Porsche Holding SE will 25 Prozent plus eine Stammaktie erwerben und hätte damit direkteren Einfluss als über ihre Beteiligung am VW-Konzern (53,3 Prozent).