Der Verein „Augenhilfe Afrika“ unterstützt Menschen mit Augenleiden.

Renningen/Kamerun - „Wenn ein Weißer die Tropfen in die Augen gibt, hilft das zehnmal so gut. Das sagen unsere afrikanischen Ärzte.“ Der Ingenieur Franz Thoren muss lachen. Das Foto auf dem Bildschirm vor ihm zeigt eine Reihe frisch operierter Menschen in bunten Gewändern, denen er Augentropfen verabreicht. Er klickt weiter, eine Frau mit zwei Kindern im Grundschulalter ist zu sehen, alle mit einem dicken Verband über dem linken Auge: „Eine Mutter und ihre zwei Söhne, die alle drei an derselben seltenen Form des Grauen Stars leiden.“ Der Graue Star ist die häufigste Augenkrankheit in Afrika und führt unweigerlich zur Blindheit, wenn sie nicht behandelt wird. In Europa ist die Behandlung heute Routine, nicht so in vielen Teilen Afrikas.

 

Franz Thoren ist der Vorsitzende des Vereins „Augenhilfe Afrika“. Der ehemalige Bosch-Ingenieur ist seit einiger Zeit im Ruhestand und lebt seit vielen Jahren in Renningen. Seinem Heimatort Korschenbroich am Niederrhein ist er aber nach wie vor eng verbunden, vor allem dem dortigen Schützenverein und der Schützenbruderschaft. Im Verein hat Thoren auch den Kameruner Augenarzt Raoul Cheuteu kennengelernt. Der hat in Deutschland studiert und seine Schützenkameraden auf die Situation der blinden und sehbehinderten Menschen in Afrika aufmerksam gemacht. „Wir haben dann in der Schützenbruderschaft überlegt, wie wir helfen können“, erzählt Thoren, „und deshalb 2013 die ‚Augenhilfe Afrika‘ gegründet.“

65 Augenärzte für 20 Millionen Menschen

Seitdem hat er viel gelernt. In Kamerun, das um ein Drittel größer ist als Deutschland, gibt es nur etwa 65 Augenärzte für rund 20 Millionen Menschen. „Aber fast alle Augenärzte sind in der Hauptstadt Jaoundé oder der nächstgrößeren Stadt Douala am anderen Ende des Landes ansässig. Dazwischen gibt es so gut wie keine augenärztliche Versorgung“, erzählt Thoren. Deshalb unterstützt die „Augenhilfe Afrika“ durch Spenden und Fördermittel den Aufbau und Betrieb einer mobilen Augenklinik, mit der in entlegenen ländlichen Regionen die unterversorgte Bevölkerung augenärztlich betreut werden kann. Mit guten Aussichten für die Patienten, denn: „Erfahrene Mediziner schätzen, dass rund 80 Prozent aller Blinden in Afrika geheilt werden könnten“, so der Ingenieur. Seit Kurzem ist auch eine mobile Optikerwerkstatt mit dabei, denn nicht immer muss operiert werden. Vielen Menschen ebnet schon eine passende Brille den Weg in eine bessere Zukunft. „Die Gestelle bekommen wir vom Fachhandel und der Industrie gespendet“, erzählt Thoren, „alles Vorjahresmodelle und deshalb bei uns unverkäuflich.“

2014 war Thoren das erste Mal bei einer Operationskampagne mit dabei. Dr. Cheuteu und sein Kollege Giles Kagmeni, die gemeinsam zwei Augenkliniken in Kamerun betreiben, machen sich viermal im Jahr mit der mobilen Augenklinik auf den Weg in die unwirtlichen Gebiete des zentralafrikanischen Landes, um die Menschen dort unentgeltlich zu behandeln. Das Team steht oft unter Militärschutz, es ist nicht immer ungefährlich: „Als ich das erste Mal dabei war, waren wir in einem Gebiet, in dem auch die Terrorgruppe Boko Haram aktiv war. Warum da zwei Soldaten mit Schusswaffen saßen, habe ich zunächst gar nicht realisiert, das ist mir erst später bewusst geworden“, erzählt Thoren, der die mobile Augenklinik in diesem Jahr zum dritten Mal begleitet hat. Er weiß, dass es gut ist, wenn Vereinsmitglieder mit dabei sind: „Wenn man vor Ort ist, kann man mehr bewegen.“

Sechs Stunden arbeiten ohne Pause, Essen oder Trinken

Und auch die beiden Ärzte organisatorisch entlasten, denn die haben mit den Operationen genug zu tun. Bei der Kampagne im März dieses Jahres in Ngaoundal im Herzen Kameruns hat das Augenhilfe-Team binnen einer Woche mit 399 Augenuntersuchungen, 48 Operationen und 26 maßgeschneiderten Brillen geholfen. Die Ärzte arbeiten hoch konzentriert sechs Stunden ohne Unterbrechung, ohne zu essen oder zu trinken. „Es kostet zu viel Zeit und Mühe, sich steril zu machen, da arbeiten die beiden lieber durch“, erklärt Thoren. Und das fast schon im Akkord, zwischen 12 und 15 Minuten dauert hier eine Katarakt-OP.

Thoren hat viele bemerkenswerte Eindrücke von der Reise mitgebracht, doch ein Erlebnis hat ihn besonders berührt: Die OP eines kleinen Mädchens, das von Geburt an durch den Grauen Star blind war. „Als sie nach der OP und der Entfernung der Verbände die Augen geöffnet hat, stand ihr ungläubiges Staunen ins Gesicht geschrieben“ erzählt er, „und als ich ihr zuwinkte, winkte sie zurück. Das war beglückender als alles, was ich bisher an schönen Momenten bei unseren Operationskampagnen erlebt habe und zeigt für mich wie kein anderes Erlebnis den Sinn und Zweck unserer gemeinnützigen Arbeit.“

Information
Seit der Gründung im Jahr 2013 hat der Verein Augenhilfe Afrika mit der mobilen Augenklinik rund 7500 Untersuchungen durchgeführt, knapp 1000 Operationen bewerkstelligt und gut 260 Brillen maßgefertigt. Daneben finanziert der Verein medizinische Geräte und will mehr Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern unterstützen. Die Behandlungen erfolgen kostenlos, lediglich für die Medikamente zur Nachbehandlung wird ein geringer Obolus entrichtet. Die Hilfe ist nur durch Spenden möglich. Mehr Informationen gibt es unter www.augenhilfe-afrika.de.