Kultur: Adrienne Braun (adr)

Zirner hatte sich nie mit dem Dritten Reich beschäftigt – und auch nie mit der Delegation, die seine Familie in Amerika aufsuchte, als Zirner noch ein Kind war. Die Herren brachten einige Erbstücke mit – von dem Komponisten Franz Schmidt. Er wurde von den Nationalsozialisten als der bedeutendste lebende Komponist Österreichs hofiert und schrieb unter anderem die Kantate „Deutsche Auferstehung“. Eben dieser Franz Schmidt entpuppte sich als Zirners illegitimer Großvater. „Ich habe sozusagen einen Nazigroßvater und eine jüdische Großmutter“, sagt Zirner.

 

„Als ich in ,Furtwängler‘ mitgespielt habe, habe ich erst begriffen, was kleine Bemerkungen meiner Eltern bedeutet haben“, erzählt Zirner. „Meine Theorie dazu ist: Ich musste vierzig Jahre alt werden, um die Nerven, die Kraft und die seelische Stärke zu haben, das überhaupt an mich heranzulassen.“

Der Mensch ist vielfältig – das versucht Zirner sich immer wieder zu sagen, um es besser zu begreifen. So, wie er Schauspieler ist – und immer mehr zum Musiker mutiert. Er ist ein leidenschaftlicher Jazzmusiker und hat ein eigenes Programm entwickelt, mit Sprache und Flöte. „Die musikalische Seite weitet sich immer mehr aus.“

Vieles am Gegenwartstheater stört ihn

Natürlich arbeitet er weiterhin fürs Fernsehen: „Man muss ja auch Geld verdienen“, sagt er. Er schätzt das deutsche Fernsehen und hält es für besser als das Angebot anderer Länder. „Es ist europaweit vorne bei der Auswahl der Stoffe“, sagt Zirner, „und es sind spannende Themen.“

So eröffnet die Schauspielerei ihm immer neue Perspektiven beim Ausloten der eigenen Identität. „Ich habe das Glück“, sagt Zirner, „wenn mich etwas beschäftigt im Leben, kommt meistens eine Rolle, ein Film, ein Stück, das damit zu tun hat.“ So verdankt er es auch dem Theater, dass er mit Anfang vierzig begann, sich mit seiner eigenen Vergangenheit und der seiner Familie auseinanderzusetzen. Auslöser war ein Stück über den Dirigenten Wilhelm Furtwängler.

Nazigroßvater und jüdische Großmutter

Zirner hatte sich nie mit dem Dritten Reich beschäftigt – und auch nie mit der Delegation, die seine Familie in Amerika aufsuchte, als Zirner noch ein Kind war. Die Herren brachten einige Erbstücke mit – von dem Komponisten Franz Schmidt. Er wurde von den Nationalsozialisten als der bedeutendste lebende Komponist Österreichs hofiert und schrieb unter anderem die Kantate „Deutsche Auferstehung“. Eben dieser Franz Schmidt entpuppte sich als Zirners illegitimer Großvater. „Ich habe sozusagen einen Nazigroßvater und eine jüdische Großmutter“, sagt Zirner.

„Als ich in ,Furtwängler‘ mitgespielt habe, habe ich erst begriffen, was kleine Bemerkungen meiner Eltern bedeutet haben“, erzählt Zirner. „Meine Theorie dazu ist: Ich musste vierzig Jahre alt werden, um die Nerven, die Kraft und die seelische Stärke zu haben, das überhaupt an mich heranzulassen.“

Der Mensch ist vielfältig – das versucht Zirner sich immer wieder zu sagen, um es besser zu begreifen. So, wie er Schauspieler ist – und immer mehr zum Musiker mutiert. Er ist ein leidenschaftlicher Jazzmusiker und hat ein eigenes Programm entwickelt, mit Sprache und Flöte. „Die musikalische Seite weitet sich immer mehr aus.“

Vieles am Gegenwartstheater stört ihn

Natürlich arbeitet er weiterhin fürs Fernsehen: „Man muss ja auch Geld verdienen“, sagt er. Er schätzt das deutsche Fernsehen und hält es für besser als das Angebot anderer Länder. „Es ist europaweit vorne bei der Auswahl der Stoffe“, sagt Zirner, „und es sind spannende Themen.“

Er stehe gern vor der Kamera, sagt er, „ich mag das feinere und genauere Spiel“ – und trotzdem würde er gern wieder mehr Theater spielen. Aber viele Entwicklungen am heutigen Theater stören ihn. „Wenn Provokation zur Gewohnheit wird und zum Stil, dann wird es langweilig“, meint er. Er glaubt zwar nicht an Werktreue, aber an „Interpretationstreue“. Auch ist ihm „Respekt“ vor den literarischen Texten wichtig.

Stattdessen begegne ihm immer häufig „Unfähigkeit, Unausgebildetheit“, wie er sagt. „Die wenigsten Regisseure wissen, wie Schauspieler funktionieren“, meint er. „Sie machen äußerliches Theater.“ So sehr er das selbst bedauert, „aber deswegen werde ich nicht mehr viel Theater machen“.

Dass Zirner nun am Residenztheater die Titelrolle in der Frisch-Dramatisierung annahm hat, hatte auch private Gründe: Sein Sohn Johannes ist ebenfalls Schauspieler und Ensemblemitglied am „Resi“. Auch die Tochter Anna macht inzwischen selbst als Regisseurin erste Schritte im Beruf. Somit gehen nun alle vier Kinder ihre eigenen Wege. Es könnte für Zirner und seine Frau, die Schauspielerin Katalin Zsigmondy, in ihrem Haus am Starnberger See eigentlich etwas ruhiger werden. Tut es aber nicht, es bleibe anstrengend, sagt Zirner, „es sind viele Baustellen“ – Film, Theater, Musik, Lesungen. Und doch gibt es etwas, was er gern viel häufiger machen würde: „komische Sachen“ spielen. „Ich weiß nicht, warum man mich für so ernsthaft hält“, sagt er in seiner durchaus ernsten Art. „Wahrscheinlich, weil ich so ernst dreingucke.“