Das Esslinger Fundbüro hat jüngst nicht abgeholte Fundstücke versteigert. Welche Schätze man neben einem Ehering und einer Jesus-DVD ergattern konnte und was ein Mann mit fast zwei Dutzend Rädern anfängt.

Volontäre: Yelin Türk (tye)

Während im Hintergrund Ferngläser und Uhren versteigert werden, zählt ein Esslinger seine ergatterten Räder durch. Etwa 200 bis 300 Euro habe er für 23 Räder bezahlt, dabei sei er eigentlich nur spontan zum Schauen gekommen. „Ich habe eine sehr große Familie in Kroatien, jetzt kann ich allen meinen Cousinen und ihren Kindern zu Ostern Fahrräder schenken“, sagt er. Seinen Namen möchte der Mann lieber nicht nennen.

 

Die gekauften Fahrräder haben alle einmal jemand anderem gehört und wurden entweder verloren oder absichtlich irgendwo in Esslingen entsorgt. Letzten Endes sind sie im städtischen Fundbüro gelandet.

Einmal dort, haben Besitzerinnen und Besitzer sechs Monate lang die Chance, ihre Sachen abzuholen. Geschieht dies nicht, werden die Sachen sortiert und – wenn sie in einem angemessenen Zustand sind – versteigert. Etwa einmal im Jahr findet so eine Versteigerung statt.

Fahrräder bringen der Stadt das meiste Geld ein

Kürzlich fand eine solche Auktion statt. An diesem Tag reihen sich im Hof hinter dem Behördenzentrum auf den ersten Blick vor allem viele Fahrräder. Um sie herum steht eine kleine Menschenmenge. Um die 60 Fundsachen sollen an diesem Nachmittag unter den Hammer kommen. Neben viel Kleinkram sind auch ein paar Schätze dabei. „Wir haben einige E-Bikes und auch teuren Schmuck“, sagt eine Sprecherin des Fundbüros, die namentlich nicht genannt werden möchte. Vergangenes Jahr hätten die E-Bikes das meiste Geld eingebracht, sie vermutet, dass dies auch dieses Jahr der Fall werden wird. Der Erlös geht an die Stadtverwaltung.

Die Fundsachen werden vorsortiert, was dreckig oder unhygienisch ist, landet im Müll, der Rest wird versteigert. Eine Ausnahme gibt es aber: „Fahrräder landen generell unter dem Hammer, da unterscheiden wir nicht“, erklärt die Sprecherin. Die Fundsachen stammen aus ganz Esslingen. Die Fahrräder werden zum Teil unter Brücken gefunden oder aus dem Neckar gezogen.

Bei manchen Fundsachen ist es schwer, Bieter zu finden

Die Versteigerung beginnt pünktlich um 14 Uhr. Erst sollen die vielen Fahrräder versteigert werden, danach alles andere. Bis 20 Euro kann jeder, der will, seine Gebote um einen Euro erhöhen, danach geht es in Fünf-Euro-Schritten weiter.

Vor der Versteigerung konnten Schnäppchenjäger die Fundstücke anschauen und sich Favoriten aussuchen. Foto:  /Bulgrin

Nach mehreren Fahrrädern präsentiert der Auktionator einen Rollator, der beim Publikum nicht auf Begeisterung stößt. Kurzerhand wird er als Set mit einem Fahrrad angeboten. Das funktioniert. Er findet einen Abnehmer. Als nächstes werden zwei Kinderräder und ein Klapprad für Erwachsene angeboten. Wieder will keiner bieten. „Das sind doch schöne Räder“, sagt der offensichtlich geübte Auktionator. „Ich möchte nur das Klapprad“, erwidert eine Frau. Schließlich werden die drei Räder für 45 Euro versteigert.

„Ich muss erst noch meinen Schock verarbeiten“

Ein besonders hochwertig aussehendes E-Bike weckt das Interesse vom Publikum. „Das hat sogar einen Motor von Bosch“, schwärmt der Auktionator. Versteigert wird das Bike unter Applaus für 160 Euro, dem ersten etwas höheren Betrag des Nachmittags. Die Käuferin, Anette, steht etwas später mit fragendem Blick vor ihrem Fahrrad. Sie möchte ihren Nachnamen nicht nennen. „Ich muss erst noch meinen Schock verarbeiten und was ich da gerade gemacht habe“, sagt die 60-jährige Esslingerin.

Eigentlich wollte sie nur Schmuck kaufen, sagt sie, einen kleinen silbernen Anhänger für 20 Euro vielleicht. „Jetzt habe ich ein Fahrrad für 160 Euro, und das ist bockschwer, dieses Ding.“ Sie erzählt, dass sie vor einer Weile mit ihrer Tochter auf einem Fahrradbasar war, weil diese sich ein E-Bike zulegen wollte. Jetzt könne die Tochter sich das Geld sparen.

Nach einer Dreiviertelstunde sind alle Fahrräder versteigert. Die meisten von ihnen wurden von einer Person, dem Mann der seine Verwandten beschenken möchte, gekauft. „Das Rad da habe ich für einen Euro bekommen, die drei hier für zehn“, erklärt er mit einem breiten Lächeln. Über Ostern fahre er nach Kroatien und wolle seine Räder dann in einem großen Anhänger mitnehmen.

Teure Esslinger Schmuckstücke für wenig Geld

Jetzt ist der Kleinkram dran: Sonnenbrillen, Hüten und Modeschmuck auch so einige Kopfhörer finden einen Käufer. In einer Plastiktüte präsentiert der Auktionator zwei Ladehüllen mitsamt kabellosen Kopfhörern. Ein Mann ersteigert sie für zehn Euro. Als er sich die Hüllen näher anschaut, sagt eine Frau zu ihm: „Das sind ja Airpods, ein richtiges Schnäppchen.“ Später hält der Auktionator eine DVD des Films „Jesus“ hoch. „Passend zu Ostern“, scherzt er. Als keiner die Hand hebt, kombiniert er die DVD mit einem Kopfhörer. Das Set wird schließlich für einen Euro versteigert.

Eine Frau ergattert für 55 Euro ein besonderes Schnäppchen: ein noch originalverpacktes Tablet. Eine Ausnahme, da gebrauchte Handys und Computer aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht versteigert werden dürfen. Dann kommen die wahren Schmuckstücke: Eine Silberkette kommt auf 30 Euro, ein Silberring mit Edelsteinen auf 105 Euro und ein goldener, sechs Gramm schwerer Ehering auf satte 260 Euro.