Mit 15 begann Christoph Gärtner Briefmarken zu sammeln. Erst verkaufte er sie auf dem Schulhof, dann meldete er ein Gewerbe an. Heute gehört ihm das größte Briefmarken-Auktionshaus der Welt.

Bietigheim-Bissingen - Die Führung durch die heiligen Hallen des Auktionshauses Gärtner in Bietigheim-Bissingen beginnt im Keller. Hier lagern, hinter zentimeterdicken, feuerfesten Sicherheitswänden, allerlei Münzen, Schmuck und natürlich Briefmarken. Knapp zehn Millionen Euro sind die Sammlerstücke hier wert, schätzt der Auktionshaus-Inhaber Christoph Gärtner. Hier in Bietigheim ist die Zentrale des, zumindest nach Lagerfläche, größten Briefmarken-Auktionshauses der Welt. Was den Umsatz angehe, stehe man immerhin auf Platz zwei. „Ich habe damals mit 15 Mark Taschengeld angefangen“, sagt Gärtner. Er sei das beste Beispiel dafür, dass man es „aus dem Nichts mit seinem Hobby und der entsprechenden Leidenschaft“ zu etwas bringen könne.

 

Die Zahlen sind beeindruckend: Mehr als 60 Mitarbeiter, 28,8 Millionen Euro Umsatz und 179 000 Interessenten aus 140 Ländern. Zur Kundenberatung und -betreuung, aber auch zu großen Messen, jettet der 53-Jährige viel in der Welt herum, einmal waren es 55 000 Kilometer in 15 Tagen. Und dennoch ist Gärtner mental auf dem Boden geblieben: „Ich habe kein Boot, keine Jacht, keinen Ferrari“, sagt er. Sein Geld habe er in seine Firma investiert, beispielsweise in den Bau der Zentrale in Bietigheim im Jahr 2004 und den Aufkauf von Traditionsauktionshäusern in Hamburg, München und Stuttgart.

Gärtner knackte einst den Weltrekord im Briefmarken-Trennen

Auf sein Hobby lässt Christoph Gärtner auch heute nichts kommen: „Durchs Briefmarkensammeln habe ich mehr gelernt als in der Schule“, sagt er. Kunst, Geografie, Geschichte: Wer bei Briefmarken Bescheid wissen will, muss sich in vielen Bereichen auskennen. Er selbst sammelt Briefmarken zur Postgeschichte. Da sei aber nichts besonders Wertvolles dabei. „Ich will meinen Kunden ja keine Konkurrenz machen“, sagt er. Ins Guinness-Buch der Rekorde hat Gärtner es auch fast einmal geschafft: 1978 fehlten ihm bei einem Briefmarken-Trenn-Wettbewerb 55 Marken zum Weltrekord. Dennoch: Es steht nicht gut um das Hobby Briefmarkensammeln – und das weiß Gärtner. Als er 1974 von seinem Großvater eine Zigarrenschachtel mit Briefmarken bekam – seine „Initialzündung“ fürs Sammeln, wie er heute sagt – hätten an die 2,2 Millionen Menschen in Deutschland ein Briefmarken-Abo bei der Post gehabt. Heute seien es weniger als 400 000 Personen. Zwischen Stuttgart und Heilbronn gibt es laut Gärtner keinen anderen Briefmarkenhändler mehr.

Ob er heute wieder so durchstarten könnte wie vor 33 Jahren? „Damals haben mehr Menschen gesammelt“, sagt der gebürtige Bietigheimer. Auf dem Schulhof handelte der 15-Jährige in den Pausen mit Mitschülern, mit 16 Jahren verdiente er damit schon etwa so viel wie ein Arbeiter. Nach dem Abitur meldete er direkt sein Gewerbe an. Für ihn sei die Philatelie kein Beruf, sondern eine Berufung.

Trotz des seit 20 Jahren fallenden Marktes verzeichnet das Auktionshaus Gärtner seit Jahren steigende Umsätze. „Es gibt immer einen Markt – und der Briefmarkenmarkt hat schon vieles überstanden“, ist sich Gärtner sicher.

Um ein bisschen nachzuhelfen, versucht er, Brücken zu anderen Hobbies zu schlagen. Beispielsweise lässt er Briefmarken rund ums Golfen bei einem Golfturnier ausstellen oder er spendet Briefmarken-Startersets für Schulen. Der große Sammler-Boom sei indessen in Asien ausgebrochen. Für die Zukunft schließt Gärtner weitere Übernahmen nicht aus. Auch die Münzkunde will er in seinem Haus ausbauen. Nur eines ist ihm bislang noch nicht gelungen: „Den Millionenschatz in der Kiste haben wir noch nicht entdeckt.“