Die oberschwäbische Stadt Aulendorf ist noch immer die am höchsten verschuldete Kommune in Baden-Württemberg. Das Amtsgericht verhandelt jetzt gegen den früheren Bürgermeister und einen Anwalt.

Aulendorf - Die oberschwäbische Stadt Aulendorf ist noch immer die am höchsten verschuldete Kommune in Baden-Württemberg, auch wenn sie ihren Schuldenstand zuletzt von fast 64 Millionen Euro um zehn Millionen verringern konnte. Für das Desaster zur Rechenschaft gezogen worden ist noch keiner der ehemaligen Verantwortlichen. Einen Prozess um Schadenersatz von 790 000 Euro hat die Stadt im Jahr 2008 hatte gegen ihren früheren CDU-Bürgermeister Johannes Heinzler bereits verloren.

 

Nun steht Heinzler wieder vor Gericht. Von Donnerstag an muss er sich vor den Schranken des Amtsgerichts Ravensburg erneut wegen Untreue verantworten. Mit ihm zusammen ist der Berliner Wirtschaftsanwalt Reinhard Mecklenburg angeklagt. Johannes Heinzler soll rund 11 000 Euro und Mecklenburg 550 000 Euro veruntreut haben.

Die Sache liegt zehn Jahre zurück

Im Kern geht es um fast den identischen Sachverhalt und praktisch die gleichen Vorwürfe wie in dem Verfahren vor dem Landgericht vor vier Jahren. Nur sind heute die Aussichten auf einen Erfolg für die Stadt Aulendorf weitaus besser. Soeben erst hat die Nachfolgegesellschaft der Kliniken in gleicher Angelegenheit vor dem Landgericht Trier zivilrechtlich gegen Mecklenburg obsiegt. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig.

Die Sache, um die es geht, liegt nunmehr zehn Jahre zurück. Im Juni 2002, hatten die Gesellschafter und der Aufsichtsrat der finanziell angeschlagenen Aulendorfer Kliniken die Liquidation beschlossen. Bald merkten sie, dass eine Insolvenz die Stadt sehr teuer zu stehen kommen würde. Unter anderem hätten 300 000 Euro in die Stammeinlagen der Gesellschaft einbezahlt werden müssen. Der Insolvenzverwalter hatte zu diesem Zeitpunkt bereits 1,43 Millionen Euro blockiert. Bürgermeister Heinzler versuchte, das bereits eingeleitete Insolvenzverfahren zu stoppen. Hier nun tritt der Berliner Anwalt Reinhard Mecklenburg auf den Plan, der zu jener Zeit als Klinikgeschäftsführer agierte.

Eine schillernde Figur

Mecklenburg ist eine schillernde Figur. Sein Vater war der frühere Vorsitzende der DDR-Bauernpartei und stellvertretende SED-Parteivorsitzende und Staatsratsvorsitzende Ernst Mecklenburg. Sein Sohn schloss an der Akademie der Wissenschaften in Berlin seine juristische Promotion ab. Er war vor der Wende als Jurist tätig und verdiente danach sehr viel Geld bei der Abwicklung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG). In Aulendorf ist es Mecklenburgs Aufgabe gewesen, den Vergleich mit den kleinen Gläubigern herzustellen, da die Klinik sich bereits mit den Großgläubigern geeinigt hatte. So hatte der Friedrichshafener Bauunternehmer Karl Fränkel 1,5 Millionen Euro für seinen Geschäftsanteil erhalten. Ein niederländischer Fonds, dem 23 Prozent gehörten, wurden die Gebäude für fünf Millionen Euro abgekauft.

Da das Kapital der Klinikgesellschaft erst frei wurde, nachdem das Insolvenz verfahren abgeschlossen war, musste eine Zwischenfinanzierung gefunden werden. Auch hierbei konnte Mecklenburg helfen – mit der Gloria Prozessfinanzierungs GmbH & Co. KG, die ihm selbst gehörte. Diese soll eigentlich Gerichtskosten oder Gutachter vorfinanzieren. Doch im Falle Aulendorfs streckte sie das Geld zur Abfindung der Kleingläubiger der stadteigenen Klinikgesellschaft vor. Der Geschäftsführer dieser Firma, davon ist der Anwalt der Stadt, Thomas Walther, überzeugt, war nur ein Strohmann Mecklenburgs. „Mecklenburg hat hier einen Vertrag mit sich selbst abgeschlossen – zu Lasten der Stadt Aulendorf“, erklärt Walther.

Mecklenburg stellte 612 000 Euro für die Kleingläubiger zur Verfügung, die sich aber mit einem Drittel ihrer Forderungen begnügen mussten. 549 000 Euro bekam Mecklenburgs Gloria Prozessfinanzierungs GmbH als Honorar. Zudem soll er zeitweise von der Stadt noch 12 500 Euro an monatlichem Gehalt eingestrichen haben. Ex-Bürgermeister Heinzler wird vorgeworfen, er habe fast 11 000 Euro ohne Rechtsgrundlage verwandt, um Anwaltshonorare aus vorherigen Strafverfahren der Stadt zu bezahlen. Der Prozess ist auf zwei Tage angesetzt. Der zweite Verhandlungstag ist kommenden Donnerstag, 8.30 Uhr.