Zum Abschied räumt Joachim Löw ein, dass er mit seinem EM-Plan gescheitert ist. Details und Gründe erörtert er nicht. Der scheidende Bundestrainer ist ab jetzt nur noch „Fan“ des Teams. DFB-Direktor Bierhoff erteilte den ersten Auftrag an Nachfolger Hansi Flick.

Herzogenaurach - Joachim Löw hat „ohne Wenn und Aber“ die Verantwortung für den bitteren Achtelfinal-K.o. bei der Fußball-EM übernommen. „Es tut mir leid, dass wir unsere Fans enttäuscht haben und nicht die Begeisterung ausgelöst haben, die wir uns vor dem Turnier vorgenommen haben“, sagte der scheidende Bundestrainer einen Tag nach dem 0:2 gegen England bei seiner letzten DFB-Pressekonferenz in Herzogenaurach.

 

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„Es liegt in meiner Verantwortung“, betonte der 61-Jährige, der sich in der Nacht in einer Ansprache an seine Spieler und den gesamten Betreuerstab für das Vertrauen und die langjährige Zusammenarbeit bedankt hatte. „Diese menschliche Seite wird bleiben, dafür bin ich wahnsinnig dankbar“, sagte Löw am Mittwoch: „Für diese Momente ist man gern Trainer.“

Löw bleibt Fan

Löw sieht trotz der großen Enttäuschung positive Perspektiven für das Team um Kai Havertz, Leon Goretzka und Joshua Kimmich. „Ich glaube, dass diese Mannschaft und einige Spieler, die mit Sicherheit auch die nächsten Jahre dabei sind, wirklich eine sehr, sehr gute Zukunft vor sich haben und vielleicht auch diesen Erfolg erreichen, den sie sich alle wünschen“, sagte Löw. „Ich wünsche natürlich auch meinem Nachfolger Hansi Flick alles, alles Gute und viel Erfolg.“

Sein Herz werde „weiterhin Schwarz-Rot-Gold“ schlagen, betonte Löw nach 17 Jahren beim Verband und 15 Jahren davon als Chefcoach. „Ich werde Fan sein und die Daumen drücken, dass sie ihre Erfolge erreichen“, sagte der Weltmeister-Trainer von 2014 in Richtung seiner Spieler. Am Morgen hatte er sich bei allen mit kurzen persönlichen Gesprächen verabschiedet. „So eine lange und intensive Zeit hätte ich mir nicht in meinen kühnsten Träumen vorstellen können“, sagte Löw.

Noch keine Analyse

Die Gründe für das Scheitern bei dieser EM wollte Löw so kurz nach der Wembley-Niederlage nicht erläutern. Für eine Analyse, was hat gut funktioniert, was weniger, sei es zu früh: „Wir haben alles investiert, haben uns Tag und Nacht Gedanken gemacht, was können wir in kurzer Zeit erreichen. Wir haben uns kritisch mit vielen Dingen auseinandergesetzt. Ins Detail zu gehen, macht für mich wenig Sinn.“

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Natürlich könne man jeden K.o. erörtern und analysieren, erklärte Löw. „Aber am Ende steht das Ergebnis, das Ausscheiden im Achtelfinale. Damit sind wir natürlich nicht zufrieden, auch wenn es gegen England war.“

DFB-Direktor Oliver Bierhoff will weiter an den hohen Turnier-Ansprüchen festhalten. „Ich kann nicht damit zufrieden sein, dass wir Außenseiter sind“, sagte der frühere Nationalspieler. Die DFB-Auswahl habe den „Anspruch, immer vorn mitzuspielen“, fügte der 53-Jährige hinzu. 2018 war das deutsche Team unter Löw als Titelverteidiger bei der WM in Russland schon in der Gruppenphase ausgeschieden.

Nun übernimmt Flick

Als Löw-Nachfolger übernimmt Hansi Flick den Job des Bundestrainers. „Wir haben den Anspruch, eine „souveräne Qualifikation“ für die Weltmeisterschaft in Katar 2022 zu spielen“, sagte Bierhoff. Dabei wisse er, dass es nicht viel Zeit gebe für den ehemaligen Löw-Assistenten: Schon im September stehen die nächsten drei WM-Ausscheidungsspiele an. Flicks Aufgabe sei es, „eine Mannschaft aufzubauen, die Identität hat“, forderte Bierhoff.

Der 53-Jährige wünscht sich mehr Kontinuität in den Leistungen der Nationalelf. Zuletzt habe es „immer doch wieder kleine Rückschritte“ gegeben, „die müssen wir versuchen abzustellen“, sagte er.