Immer mehr junge Städter leben heute alleine. Wenn es um die Liebe geht, haben wir so viele Freiheiten wie nie zuvor: Zu viel Auswahl, zu viele Möglichkeiten und ja nichts verpassen? In unserer Serie "Wie liebt Stuttgart" begeben wir uns auf Liebesspurensuche. Diesmal haben wir uns im Theater Rampe übers richtige Flirten informiert. Der Stuttgarter Anthony D’Alessandro hatte zwar keine in Stein gemeißelten Wahrheiten parat, aber immerhin eine ganze entscheidende Erkenntnis.

S-Süd - Es ist ein Thema, das wahrscheinlich niemals bis zur Erschöpfung ausdiskutiert werden kann. Wie funktioniert die Sache mit der Verführung, mit der Anmache, mit dem Aufriss. Über letzteres Wort im Ankündigungstext war Anthony D’Alessandro nicht so recht begeistert. Wenn überhaupt, dann bezeichne er sich als „ehrlicher Aufreißer“.

 

D’Alessandro war am Montagabend zu Gast bei der Montage-Reihe, die früher im Tonstudio war und seit September vergangenen Jahres im Theater Rampe eine neue Heimat gefunden hat. Die Reihe widmet sich jeden Montag Themen aus der Populärkultur oder Themen, die die beiden Gastgeber Andreas Vogel und Micha Piltz schlicht interessant finden. Mit dem Thema Verführung scheint Vogel einen Nerv getroffen zu haben. Die Bar Rakete im Theater Rampe ist restlos gefüllt. „Ihr hofft natürlich auf Kniffs, Tipps und Tricks“, sagt Vogel lachend.

Flirten mit dem „ Stuttgarter Drei-Phasenmodell“

D’Alessandro legt Wert darauf, kein Aufreißer zu sein. Im Gegenteil, der junge Stuttgarter lässt es ruhig angehen. Beobachten in Phase eins, anlächeln, „Hi“ sagen in Phase zwei, Ansprechen und Einladen in Phase drei. Am Ende des Abend wird man vom „Stuttgarter Drei-Phasenmodell“ sprechen. In Stuttgart dauere vieles einfach länger, sagen einige Besucher. „Die einzige, die hier mit mir flirtet, ist die Kassiererin im Rewe“, sagt eine Frau im Publikum. Da ist sie bisher wohl noch nie auf D’Alessandro getroffen. Zwischen seinen Phasen können allerdings Wochen liegen. „Glaubt mir: Man trifft sich immer wieder. Das ist doch das Schöne: sich Gedanken machen, wann man sich wiedersieht, die Vorfreude!“, sagt er. Gleich anquatschen ist sein Ding nicht, betrunken eine Frau im Club eine halbe Stunde volltexten finde er einfach nur schrecklich.

D’Alessandro betont immer wieder an diesem Abend, dass er keine in Stein gemeißelten Weisheiten weitergeben möchte. Er möchte keinem etwas beibringen, er erzähle einfach von seiner Art der Verführung. Von selbst ernannten, sogenannten Pick-up-Artists, denen es nur darum geht Frauen so schnell wie möglich klar zu machen, halten er und der Moderator herzlich wenig. „Ein Freund von mir geht Abends aus, um nicht alleine nach Hause zu gehen“, sagt er. Bei ihm gehe es um etwas anderes: Er möchte mindestens eine Affäre, vielleicht eine Beziehung. Die Frauen, die gleich mit ihm nach Hause gehen würden, die möchte er gar nicht.

Sein Objekt der Begierde wird mit Bedacht ausgewählt. Nach einem Korb direkt zur nächsten überzugehen, laufe bei ihm nicht. „Ich bin da wirklich verknallt“, sagt er. Es gehe ums Kennenlernen und ums gemeinsam eine schöne Zeit haben. Dafür, sagt er, müsse man sich ins Zeug legen. Verführung, das sei Arbeit, immerhin ziemlich schöne Arbeit.

Männer mit Humor kommen immer gut an

D’Alessandro ist ein junger, gut aussehender Mann. Schlank, dunkle Locken, akkurat gezwirbelter, cooler Schnauzer. Sicher fällt es ihm auch ohne Tricks nicht allzu schwer, Eindruck auf Frauen zu machen. Noch leichter hat es ihm in der Vergangenheit der Umstand gemacht, dass er in einem Hotel an der Bar gearbeitet hat. Hinter der Theke könne man gut Eindruck schinden. Die Expertise mit Getränken, Coolness, der Dresscode des Barpersonals. Dazu komme die gelöste Stimmung in einer Bar.

Als das Publikum nach einem konkreten Trick verlangt, liefert D’Alessandro den Handgelenk-Trick. Wenn nach einem längeren Gespräch die Frage nach dem Alter aufkommt und D’Alessandro schätzen soll, legt er seine Hand sanft ums Handgelenk der Dame und schätzt. Unbestritten ist dieser Trick kompletter Blödsinn, das Handgelenk sagt sicher nichts über das Alter aus. „Aber das ist doch eine süße Geste, das sorgt für ein Lächeln und man kann die Frau wie nebenbei berühren, ohne dass es plump wirkt“, sagt der Experte.

Im Publikum regt sich zwischenzeitlich Unmut. „Wo ist denn da die Frau in der Diskussion?“, fragt eine der Besucherinnen. „Wenn eine gleich mit nach Hause will, ist doch super, manche wollen das so“, sagt eine andere. Er fände es toll, wenn mehr Frauen auf Männer zugehen würden, sagt ein Besucher.

Abseits der Geschlechterdiskussion, fragt sich die Runde abschließend, welche Attribute von alleine ziehen? Ein Lamborghini vor der Tür, Schönheit, Komplimente? Die ewige Erkenntnis: Humor ist das Wichtigste. D’Alessandro zitiert in diesem Zusammenhang eine gute Freundin: „Wenn ein Mann Humor hat, kann er aussehen wie ein Frosch . . .“