Mit dem Elektromobil Mia wollte der einstige VW-Chefdesigner Murat Günat den traditionellen Autokonzernen zeigen, wie man Innovationen voranbringt. Doch das auch von der französischen Politik geförderte Projekt ist am Ende.

Paris - Vor zwei Jahren glaubte Murat Günak fest an den Erfolg von Mia. Auf dem Genfer Automobilsalon präsentierte der ehemalige Stardesigner einen kleinen Minivan mit Elektroantrieb, der keine Ähnlichkeit mit seinen früheren Kreationen hatte. Der jungenhaft wirkende Manager war einst der Shootingstar der Autobranche. Er war erfolgreicher Designer bei Peugeot und Daimler, war Chefdesigner von VW. Doch dann wollte er etwas auf die Beine stellen, das „dem Planeten ein kleines bisschen hilft“, wie er einmal sagte. Günak wollte mit aller Kraft den französischen Elektroautobauer Mia unterstützen und schwärmte auf dem Autosalon von den Vorzügen des ungewöhnlichen Drei- oder Viersitzers mit Schiebetüren, der mindestens 24 500 Euro kosten sollte. Günak glaubte seinen ehemaligen Kollegen aus der PS-Branche nicht, dass sie dem Elektroauto wirklich zum Durchbruch verhelfen wollen.

 

Wer derzeit durch die Messehallen des Genfer Autosalons schlendert, sucht Mia vergebens, weil das Unternehmen am Abgrund steht. Ein Gericht in der westfranzösischen Stadt Niort hat die Liquidation des Fahrzeugbauers angeordnet, der schon länger seine Lieferanten nicht mehr bezahlen konnte. Auch die 200 Beschäftigten mussten immer länger auf ihr Geld warten.

Damit droht der Schlussstrich unter eine unglückliche Geschichte. Schon 1984 war der französische Zulieferer Heuliez in die Herstellung von Elektrofahrzeugen eingestiegen. An seinem Standort in Cerizay arbeitete er zunächst für Marken wie Citroën und Peugeot, bevor er 2007 eine eigene Fahrzeugstudie namens Heuliez Friendly lancierte.

Zu viel Einfluss der Politik

Im Jahre 2010 spaltete sich das Unternehmen auf. Der saarländische Pharmaunternehmer Edwin Kohl setzte auf alternative Antriebe und übernahm als Investor die Mehrheit der Anteile der Elektroautosparte. Murat Günak entwickelte die Fahrzeugstudie Heuliez Friendly weiter zu Mia. Das Elektroauto wurde zunächst an Kommunen und an Firmenkunden verkauft, später auch an Privatleute. Mia setzte sich aber in keinem dieser Kundenkreise durch. Experten machen dafür ein falsches Marketing verantwortlich, zum Teil aber auch politische Vorgaben. Namentlich die Standortregion Poitou-Charentes, die mit zwölf Prozent am Kapital beteiligt war, griff immer wieder in strategische Entscheidungen ein. Für die Vorsitzende des Regionalrates von Poitou-Charentes, die Sozialistin Ségolène Royal stellte Heuliez und später Mia ein Vorzeigeprojekt dar, das dadurch aber zu wenig kommerziell ausgerichtet war. Mitte 2013 stieg der Pharmaunternehmer Kohl aus und die Darmstädter Beteiligungsgesellschaft Focus Asia GmbH übernahm 88 Prozent des Mia-Kapitals.

Vor einem Monat eröffnete das Gericht zunächst ein Insolvenzverfahren mit einer Probezeit bis zum August. Nun ist das Gericht jedoch zu dem Schluss gekommen, dass die Firma nicht mehr weitermachen kann. Ségolène Royal, die 2007 gegen Nicolas Sarkozy in der Präsidentschaftswahl unterlegen war, will nicht aufgeben. Nach dem Beschluss des Gerichts erklärte sie, dass sie weiter nach neuen Geschäftspartnern für Mia suche. Die rechte Opposition verlangt allerdings eine unabhängige Untersuchung, um zu klären, ob die inoffiziell kursierende Zahl von 20 Millionen Euro an Verlusten zutreffe, die von den Steuerzahlern zu tragen seien.

Murat Günak arbeitet schon länger nicht mehr für Mia Electric. Er sei 2013 mit dem Wechsel des Eigentümers ausgeschieden, sagt er. Er arbeite nun an anderen Mobilitätsprojekten. Seine Arbeit für den französischen Elektroautohersteller sieht er nicht als Misserfolg. Das Unternehmen habe als Vorreiter ein Elektroauto entwickelt, das hervorragend funktioniere und viele zufriedene Kunden gefunden habe. Insgesamt seien etwa 2500 Fahrzeuge ausgeliefert worden, und es gebe mehrere hundert Bestellungen, sagt Günak.