Die Wirte reagieren auf die Entscheidung, ihnen von 2021 an das Sommerfest wegzunehmen, mit einem drastischen Schritt. Die Rolle des Lückenbüßers wollen sie nicht einnehmen.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Wer am 13. August, dem letzten Abend des Esslinger Zwiebelfests 2018, noch ein Gläschen Wein auf dem Esslinger Marktplatz getrunken hat, hat das an einem geradezu historischen Tag getan – ohne es damals zu ahnen. Heute weiß man: es ist der allerletzte Tag in der 32-jährigen Geschichte der Esslinger Traditionshocketse gewesen.

 

„Für uns ist das Kapitel Zwiebelfest abgeschlossen“, erklären das Zwiebelfest-Urgestein Gerd Trautwein und Frank Jehle, der Geschäftsführer der Zwiebelfestgesellschaft, gemeinsam. Ihre Absage verbinden sie mit schweren Vorwürfen an die Verwaltung und den Gemeinderat.

Das Fest geht in städtische Verantwortung

Das Gremium hatte im Oktober auf Vorschlag des Esslinger Oberbürgermeisters Jürgen Zieger und des Chefs der Esslinger Stadtmarketing und Tourismusgesellschaft (EST), Michael Metzler, beschlossen, das Zwiebelfest neu zu organisieren und in städtische Verantwortung zu übertragen. Weil Metzler angibt, drei Jahre Vorbereitungszeit für die Neuorganisation zu benötigen, hatten Stadt und Gemeinderat den Zwiebelfestwirten in Aussicht gestellt, zumindest noch in diesem und im kommenden Jahr den Marktplatz für ein Zwiebelfest im bisherigen Stil nutzen zu können.

„Wir haben es nicht nötig, für zwei Jahre den Lückenbüßer zu spielen“, erklärt Gerd Trautwein, dessen Vater das Zwiebelfest einst mit geschaffen hat und der seit dem ersten Fest mit dabei war. Das Vorgehen der Stadt erinnere ihn an das berühmte Schiller-Zitat: „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen.“

Die Art und Weise, wie der Gemeinderat, die EST und die Stadtverwaltung in den vergangenen Monaten mit den Zwiebelfestwirten als langjährigen Geschäftspartnern umgegangen sei, sei nicht tragbar, betonen Jehle und Trautwein unisono. Immer hätten sie ihre Bereitschaft betont, zusammen mit der Stadt und der EST nach Weiterentwicklungsmöglichkeiten für das Zwiebelfest zu suchen.

Mit den Festwirten hat Michael Metzler nicht geredet

Statt dessen hat Michael Metzler im Auftrag des Ratschefs Jürgen Zieger und des Gemeinderats ein Konzept für eine Neuorientierung des Zwiebelfests geschaffen, ohne mit den Zwiebelfestwirten darüber zu reden. Erfahren haben die Wirte davon, dass sie in Zukunft keine Sommerhocketse auf dem Marktplatz mehr ausrichten dürfen, aus der Zeitung.

„Man hat uns einfach vor vollendete Tatsachen gestellt – und zerschlägt, ohne mit der Wimper zu zucken und ohne mit den Betroffenen zu reden, ein Unternehmen, das sich jahrelang um die Außenwirkung der Stadt verdient gemacht hat“, sagt Frank Jehle: „Die Stadt vernichtet ganz einfach eine GmbH: So geht ein zuverlässiger Geschäftspartner einfach nicht mit seinen Kunden um.“ Und er betont: „Die Zwiebelfestwirte sind gute und zuverlässige Kunden der Stadt gewesen und haben stets für alle Dienstleistungen, die ihnen die Stadt in Rechnung gestellt hat, bezahlt.“

Auch zuletzt hat Metzler das Gespräch nicht gesucht

Besonders enttäuscht sind die Mitglieder der Zwiebelfest-Gesellschaft über Michael Metzler. Denn obwohl der EST-Chef von den Freien Wählern und den Grünen aufgefordert worden sei, auch nach der Grundsatzentscheidung im Oktober für einen Neustart noch einmal das Gespräch mit den Zwiebelfestwirten zu suchen, habe sich Metzler bis heute nicht mehr bei ihnen gemeldet. Frank Jehle: „Deutlicher kann er wohl nicht signalisieren, dass er kein Interesse an uns hat.“

Auch an zwei Gemeinderatsfraktionen lässt Trautwein kein gutes Haar. Die SPD und „vor allem die CDU“ seien die „Totengräber des Zwiebelfests“. Die Esslinger SPD habe immerhin nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie ihren SPD-Oberbürgermeister bei der Frage der Neuausrichtung des Zwiebelfests nicht im Stich lassen werden. In Gesprächen mit Vertretern der CDU hätten die Stadträte ihm aber stets versichert, dass sie das Zwiebelfest bei den aktuellen Wirten in guten Händen sähen. Trautwein: „Dafür, dass auch die CDU im Oktober für die Abschaffung des Zwiebelfests gestimmt hat, fehlen mir die Worte.“