Die Konzernmutter General Motor begründet das Aus für den Opel-Standort in Bochum mit der sinkenden Nachfrage und den Überkapazitäten in der Branche. Durch die Herstellung von Einzelteilen sollen einige der gut 3300 Stellen gerettet werden.

Bochum - Thomas Sedran war die Aufgabe sichtlich unangenehm. Nachdem der Interimschef des Rüsselsheimer Autobauers Opel auf einer Betriebsversammlung in Bochum den Mitarbeitern verkündet hatte, dass an der Ruhr nach 2016 keine Autos mehr gebaut werden sollen, nahm er sich eine Minute Zeit, um vor der Presse ein kurzes Statement zu verlesen. „Wir haben intensiv nach Möglichkeiten gesucht, unser Produktionsnetzwerk auszulasten. Wir mussten aber leider feststellen, dass wir in der Tat kein Fahrzeug für Bochum nach 2016 haben werden“, erklärte Sedran. Er begründete die Entscheidung mit der sinkenden Nachfrage in Westeuropa und den vorhandenen Überkapazitäten in der Branche. „Wir haben eine unternehmerische Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern in Bochum, aber natürlich auch gegenüber insgesamt mehr als 37 400 Menschen, die derzeit für uns arbeiten. Am Ende des Tages müssen wir überlegen, was für die Gesamtheit der Werke und der Belegschaft die beste Lösung ist.“

 

Als Sedran anschließend die Veranstaltungshalle durch einen Hinterausgang verlassen wollte, wollte ihn ein Vertrauensmann der Gewerkschaft IG Metall aufhalten, wurde aber von Sicherheitskräften daran gehindert und zu Boden gezogen. Das sei entwürdigend gewesen, erklärte der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel und kündigte Widerstand gegen die Entscheidung des Vorstands an. „Wir wollen auch nach 2016 in Bochum Autos bauen, das ist unsere Forderung.“ Nach den Vorstellungen des Opel-Managements sollen in dem 50 Jahre alten Werk mit derzeit 3365 Beschäftigen künftig aber nur noch Teile gefertigt werden. Erhalten bleiben soll auch das Logistikzentrum mit rund 430 Beschäftigten. „Opel wird in Bochum weiter präsent sein, nicht nur mit einem Logistikzentrum, sondern auch mit einer im Detail festzulegenden Komponentenfertigung“, sagte Sedran. Er ließ offen, wie viele Arbeitsplätze erhalten bleiben. Opel spricht seit Juni mit Vertretern des Landes Nordrhein-Westfalen, der Stadt Bochum und den Arbeitnehmervertretern über alternative Nutzungen des Standortes. Betriebsbedingte Kündigungen will die Adam Opel AG auch über Jobangebote in anderen deutschen Werken oder attraktive Abfindungen vermeiden.

Bundesregierung: „Ein schwerer Schlag für die Angestellten“

Über ein Aus für den Standort im Ruhrgebiet wird schon seit Längerem spekuliert. Opel schreibt seit vielen Jahren rote Zahlen, Bochum gilt als altes Werk mit relativ hohen Lohnkosten. Die Absatzkrise in Europa hat die Lage noch verschärft. Obwohl sich der Automarkt in den kommenden Jahren kaum erholen dürfte, wollen Opel und die US-Mutter General Motors bis zur Mitte des Jahrzehnts die Gewinnschwelle erreichen.

Die Bundesregierung bezeichnete das Aus für die Autoproduktion im Bochumer Opel-Werk als „schweren Schlag“ für die Angestellten und den Industriestandort. Man habe die Erwartung, dass die Firma alles unternehme, um sozialverträgliche Lösungen zu finden. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler schloss aus, dass der Automobilbauer Staatshilfe bekommen wird. Gefordert seien das Unternehmen und die amerikanische Muttergesellschaft General Motors, sagte der FDP-Politiker. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sagte, es sei eine „traurige Nachricht“ für Opel und die Beschäftigten sowie die Region und das Land Nordrhein-Westfalen. „Jetzt muss es darum gehen, den Opel-Vorstand beim Wort zu nehmen. Es muss ernsthaft und belastbar an einer Perspektive für den Standort gearbeitet werden“, forderte die Regierungschefin in Düsseldorf.