Wilhelmsplatz, Verkehrschaos oder die Stadt am Fluss: All diese Themen und noch viele mehr haben die Bad Cannstatter 2016 beschäftigt und werden auch im kommenden Jahr wieder aufschlagen. Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler spricht im Interview über das zu Ende gehende Jahr und darüber, was 2017 kommt.

Bad Cannstatt - Ein Bezirk im Aufbruch. Ob Wilhelmsplatz, das Areal um den Bahnhof, die Verkehrsproblematik oder die Altstadt: Es gibt viele Ideen, den Bezirk attraktiver zu machen. Der große Wurf steht 2017 zwar noch nicht an, die Vorbereitungen laufen aber auf Hochtouren.

 
Herr Löffler, das Jahr neigt sich dem Ende. Was wird Ihnen von 2016 positiv in Erinnerung bleiben?
In Bad Cannstatt laufen viele Dinge sehr positiv. Beispielsweise ist es uns gelungen, den Marktplatz durch verschiedene Veranstaltungen ein stückweit mehr in den Fokus zu rücken. Auch im Hallschlag geht es voran. Viele Bauprojekte sind schon in der Umsetzung. Der Stadtteil hat sich unglaublich positiv entwickelt – natürlich auch dank fast zehn Jahren Soziale Stadt. Und im Neckarpark wurde mit den Bauarbeiten begonnen.
Zudem arbeiten die Bürger weiter akribisch im Rahmen der Zukunftswerkstatt an einer positiven Entwicklung Bad Cannstatts.
Der bürgerwirtschaftlich getragene Prozess „Zukunft Bad Cannstatt 2030“ hat dieses Jahr erneut einen Schritt nach vorne gemacht. Die Bürger haben versucht, neue Ideen zu entwickeln, wie ihr Bezirk attraktiver werden kann. Daraus sind nun schon ganz konkrete Vorschläge entstanden. Man spürt den Schwung. Das empfinde ich als sehr positiv. Klar: Bad Cannstatt hat seine Schwächen. Aber wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen und sich nicht jeder in seine Meckerecke zurückzieht und vor sich hin bruddelt, können wir etwas bewegen. Ich nehme definitiv eine dezente, aber spürbare Aufbruchstimmung wahr.
Gilt das für alle Stadtteile Bad Cannstatts oder eher für das Zentrum?
Das gilt eher fürs Zentrum. Aber die Menschen in den Stadtteilen gehören natürlich auch alle zu Bad Cannstatt. Sie kommen ins Zentrum und kaufen dort ein. Jeder fühlt sich als Bad Cannstatter. Das strahlt nach außen durch.
Das Thema Stadt am Fluss vereint sicherlich auch. Wie ist da der Stand der Dinge?
Dieses Projekt wird uns natürlich weiter beschäftigen. Ich hoffe, wir kommen etwas weiter, nachdem es 30 Jahre eher stiefmütterlich behandelt wurde. Seit einigen Jahren ist das Thema aber mittlerweile im Fokus. Geld steht bereit, um verschiedene Projekte planen zu können. So weit sind wir. Wir müssen es letztlich schaffen, dass der Fluss, der Cannstatt – und im Endeffekt auch Stuttgart – prägt, auch einmal in Erscheinung tritt und sich stadtbildprägend zeigt.
Stadtbildprägend ist sicherlich auch die Altstadt von Bad Cannstatt. Was muss sich hier noch tun?
Wir haben eine wunderschöne Altstadt. Doch niemand, der von außerhalb kommt, nimmt sie zunächst wahr. Das liegt an den Eingängen nach Bad Cannstatt, die einfach unbefriedigend sind – egal, ob es sich um den Wilhelmsplatz handelt oder um den Zugang vom Bahnhof her. Oder ob man die Prag herunterkommt und erst einmal auf einen hässlichen Betonbunker stößt. Da muss sich etwas ändern. Längerfristig muss es uns gelingen, mehr Leute und somit auch mehr Kaufkraft und Vitalität hierher zu bringen.
Das hat die Stadtteilmanagerin Mareike Merx im Bezirksbeirat schon angedeutet. Da geht es um attraktivere Wegebeziehungen ins Zentrum, oder?
Es geht darum, dass wir mit den Pfunden, die wir haben, künftig auch mehr wuchern sollten. Wir haben jedes Jahr Millionen von Besuchern in der Wilhelma, im Daimler-Museum oder auf dem Wasen. Aber es gelingt uns zu selten, die Besucherströme auch in die Altstadt zu lenken. Dafür müssen wir einige Dinge einfach attraktiver gestalten. Man kann zwar jedem erzählen, dass die Innenstadt von Bad Cannstatt schön ist, aber wenn sich die Gäste erst einmal mit ein paar Scheußlichkeiten und Unwägbarkeiten herumschlagen müssen, ehe sie in der Altstadt landen, dann nimmt niemand den Weg auf sich.
Doch auch in der Altstadt läuft noch nicht alles optimal, oder?
Bad Cannstatt hat in Stuttgart manchmal einen etwas seltsamen Ruf. Das halte ich aber für völlig unbegründet. Cannstatt ist extrem bunt und vielfältig. Es ist vital und unheimlich liebenswert sowie auf eine positive Weise sehr integrativ. Wir müssen aber ein positiveres Image und Erscheinungsbild schaffen. Dazu benötigt man natürlich auch vitale Strukturen in der Altstadt. Wir kämpfen gegen den Trading- Down-Effekt. Unser Ziel ist es, so attraktiv zu sein, dass die Bad Cannstatter nicht in die Stuttgarter Innenstadt zum Einkaufen gehen.
Welche Rolle spielt hierbei der immense Verkehr im Bezirk?
Klar: Bad Cannstatt hat ein massives Verkehrsproblem. Allerdings erwarten wir uns eine deutliche Verbesserung, wenn der Rosensteintunnel 2020/2021 in Betrieb geht und die entsprechenden Rückbaumaßnahmen erfolgen. Aber wir wissen auch, dass dadurch der Zufluss aus Fellbach noch nicht geringer wird. Grundsätzlich glaube ich aber, dass wir die Leute nur von der Straße bekommen, wenn der Öffentliche Personennahverkehr attraktiv genug ist, dass die Menschen vom Auto in Bus und Bahn umsteigen. Alles andere ist illusorisch.
Nächstes Jahr sind wieder Haushaltsberatungen des Gemeinderats. Welche Projekte sollten die Stadträte im Auge haben?
Ein Thema, das immer wieder aufschlägt, ist der Wilhelmsplatz. Er ist ein stückweit das emotionale Nadelöhr durch Bad Cannstatt. Mit der aktuellen Lösung ist keiner zufrieden. Es gibt viele verschiedene Vorschläge, wie es an dieser Stelle anders und besser werden kann. Wir brauchen zunächst aber eine vernünftige Planung. Mir wäre es am liebsten, wenn das komplette Areal zwischen Wilhelmsplatz und Bahnhof neu gestaltet wird. Das ist insgesamt einfach eine bauliche Scheußlichkeit.
Wenn man über die Jahre 2016 und 2017 spricht, kommt man am Flüchtlingsthema nicht vorbei. Wie stellt sich derzeit die Situation in Bad Cannstatt dar?
Es läuft wirklich super. Wir haben große Standorte an der Quellenstraße und an der Mercedesstraße sowie verschiedene kleinere Unterkünfte über den Bezirk verteilt. Dort gibt es keinerlei Probleme. Wir haben sehr viele Ehrenamtliche, die sich in hohem Maße für diese Menschen engagieren. Wir haben in Bad Cannstatt keine Pegida und keine negative Stimmung. Das liegt sicherlich daran, dass Bad Cannstatt von jeher von Migration geprägt ist. Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund liegt bei uns über 50 Prozent. Da fällt es nicht so auf, wenn da ein paar Leute mehr oder weniger da sind.
Haben Sie denn noch einen besonderen Wunsch für das neue Jahr?
Ich wünsche mir, dass wir im Mai die große Aufstiegsfeier des VfB Stuttgart hier auf dem Bad Cannstatter Marktplatz vor dem Rathaus feiern. Das wäre das Netteste, was uns neben vielen anderen Dingen 2017 passieren könnte (lacht).