Kaufmann Frust legen die nächste Stuttgarter Noise-Platte vor. „Aus Wachs“ ist wie ein Jahr ohne Sommer – ein Album ohne Refrain. Und niemanden stört’s.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Dass Stuttgart mittlerweile als Noise-Rock-Hauptstadt gilt, liegt an Bands wie Die Nerven ebenso wie an Ralv Milberg. Der Tonmeister und Produzent ist mittlerweile die erste Anlaufstelle, wenn es ums Aufzeichnen von schönem Lärm geht. So auch für die Band Kaufmann Frust, die diesem Lärm einen dicken Strich Empfindsamkeit hinzufügt. Auf ihrem neuen Album „Aus Wachs“ trifft ein stellenweise brutaler Sound auf verletzliche Stimmen und Gemüter.

 

Einen Refrain sucht man vergeblich, und doch ist „Aus Wachs“ ein Hitalbum – ein Szene-Hitalbum. Die Bedeutsamkeit, die sich auf die soundmäßig geliftete Achtzigerjahremusik legt, reicht völlig. Dazu tragen die Trompetensequenzen von Paul Abbrecht (Sloe Paul, Tristan Rêverb) ihren Teil bei. Ja, Kaufmann Frust verorten sich ganz klar in der Nordbahnhof-Tradition, auch textlich. Besungen werden Monotonie, Fiebertraum, Eingesperrtsein („Schlag zu“). Immer wieder stehen karge Soundfetzen allein neben den tiefdunklen Texten, ehe eine Hölle von Schlagzeug- und Gitarrenlärm über die Songs hereinbricht, die sich stellenweise selbst zu laut ist.

Und doch sind sie Kaufmann Frust keine Die-Nerven-Epigonen. Während der Sound der Tanzkapelle Rieger-Knoth-Kuhn immer extrovertierter wird, richten Kaufmann Frust den Blick konsequent nach innen. Immer knubbelt sich tief drinnen irgendwas, die Lieder brechen nie wirklich aus den ohnehin unsichtbaren Grenzen aus.

Erstes Hören am Freitag

Musik will Gefühle ausdrücken. Die Gefühle, die Kaufmann Frust transportieren, brauchen keinen Mitsingrefrain, ihnen fehlt kein charismatischer Frontmann und sie sind auch niemals radiotauglich. Rund um das Album sammelten sich, weil es schon vor so langer Zeit aufgenommen wurde, auch negative Gefühle an – Umzüge, Babypausen, Labelsuche, solche Dinge. Jetzt erscheint das Teil auf dem Label My Favourite Chords. Was das bedeutet, muss sich zeigen und ist bedeutungslos für jene Menschen, die sich auf dieses Album einlassen. Wichtiger Hinweis: fünf, sechs Mal durchhören muss schon sein.

Die erste Gelegenheit bietet sich diesen Freitag im Wilhelmspalais bei der „Playtime“-Reihe, die zweite am Samstag darauf im Kulturzentrum Merlin bei der Release-Party. Danach ist das Ding in der Welt und von da an ist alles möglich.

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