Der Technikkonzern Bosch bietet im Herbst zum ersten Mal eine Ausbildung zum Produktionstechnologen an. Er kombiniert die Mechatroniker-Lehre stärker mit dem Studium.

Stuttgart - Siegfried Czock glaubt nicht, dass die zunehmende Vernetzung und Digitalisierung in der Produktion zum Wegfall von Berufsbildern und ganzen Ausbildungsgängen führen wird. „Wir werden auch in zehn Jahren noch Industriemechaniker brauchen, nur mit mehr Kompetenzen im IT-Bereich als bisher“, sagte der Leiter Aus- und Weiterbildung bei Bosch am Dienstag in Stuttgart. Der Technologiekonzern will das Thema Industrie 4.0 künftig noch stärker als bisher in seine Ausbildung einbinden. IT-Knowhow sei dabei eine der Schlüsselkompetenzen.

 

Die bisherige Ausbildung bietet Czock zufolge genügend Raum, um Kompetenzen wie die Bedienung von Anlagen via Tablet oder Smartphone sowie Basiskentnisse über Netzwerke und Funktechnologien zu vermitteln. Auch das Thema Datenschutz und Datensicherheit werde eine größere Rolle spielen als bisher. Im Gegenzug sei es auch möglich, dass klassische Ausbildungsinhalte verkürzt werden: „Es kann sein, dass die Auszubildenden weniger als bisher mit dem Feilen oder Erstellen von Werkstücken beschäftigt sind“, so Czock.

Bosch bildet Jugendliche in 30 Berufen aus

Insgesamt werden bei Bosch 30 verschiedene Berufsbilder ausgebildet. Den größten Facharbeiterbedarf hat das Unternehmen bei Mechatronikern, Industriemechanikern und Elektronikern.

Im September kommt ein Ausbildungsberuf hinzu, der noch relativ jung und exotisch sei: der des Produktionstechnologen. Bundesweit gibt es für den seit 2011 anerkannten Ausbildungsberuf erst 44 Lehrstellen und lediglich zwei Berufsschulen, eine in Aalen und eine im thüringischen Ilmenau. Im Herbst beginnen bei Bosch in Feuerbach die ersten vier jungen Männer diese dreieinhalbjährige Lehre, für das kommende Jahr werden weitere sechs Stellen ausgeschrieben. Produktionstechnologen sind laut der Stellenausschreibung „Spezialisten für Prototypen“. Sie planen Anlagen, richten Maschinen ein, programmieren und steuern Prozesse. Dabei steht Czock zufolge das vernetzte Denken im Mittelpunkt: „Die Lehrlinge sollen besser verstehen, wie die einzelnen Teilschritte eines Prozesses von der Entwicklung bis zur Logistik zusammenhängen.“

16 junge Erwachsene starten kombiniertes Studium

Eine weitere Neuerung bei Bosch ist die Verknüpfung von Ausbildung und dualem Studium in Bereich Mechatronik. Am Standort Schwieberdingen starten im September 14 junge Männer und zwei junge Frauen ein fünfjähriges kombiniertes Studium zum Fahrzeugmechatroniker E-Mobilität plus Mechatroniker. Sie durchlaufen zunächst eine zweijährige Ausbildung im Betrieb, an die sich ein Bachelor-Studium an der Hochschule Esslingen anschließt. Dort wird in diesem Jahr erstmals die Vertiefungsrichtung E-Mobilität angeboten. „Unsere Studenten bringen dann schon praktische Erfahrungen mit, wenn sie zum Studium kommen“, sagte Czock.

Auch der Autobauer Daimler hat sich damit beschäftigt, wie der Fachkräftenachwuchs besser an die veränderte Arbeitswelt herangeführt werden kann. „Kompetenzen wie die Bedienung von Produktionsanlagen via Tablets sind bereits heute Bestandteil unserer Ausbildung“, sagte ein Sprecher am Dienstag. Die Stärken der jungen Kolleginnen und Kollegen bei der Nutzung von IT würden in die Lehre eingebunden: „Wir bieten für unsere Azubis etwa eine Online-Plattform, auf der sie alle Ausbildungsinhalte digital von zu Hause aus aufrufen und bearbeiten können“, so der Sprecher weiter.

20.000 Bewerbungen für 1400 Ausbildungsstellen

Ausbildungsstart
Im September starten etwa 1400 junge Männer und Frauen bei Bosch eine Ausbildung oder ein duales Studium. Dazu kommen noch einmal rund 160 Azubis bei der Tochter Bosch Siemens Hausgeräte (BSH). „Der Einstellungsprozess ist fast abgeschlossen, es gibt nur noch einzelne offene Stellen“, teilte Siegfried Czock, der Leiter Aus- und Weiterbildung, am Dienstag in Stuttgart mit. Insgesamt beschäftigt Bosch 4300 Auszubildende an rund 50 Standorten. Der Frauenanteil im technischen Bereich liegt bei 15 Prozent.

Bewerbungsstart
Nun sind bereits die Ausschreibungen der Ausbildungs- und Studienplätze für 2016 angelaufen. Wie Bosch am Dienstag mitteilte, werde die Zahl der Stellen weiterhin konstant gehalten. 60 Prozent der rund 1400 Stellenangebote entfallen auf den technisch-gewerblichen Bereich, 23 Prozent auf duale Studiengänge und 17 Prozent auf kaufmännische und IT-Berufe. Unbesetzte Stellen muss das Unternehmen nicht befürchten. In diesem Jahr lag die Zahl der eingegangenen Bewerbungen Czock zufolge bei 20 000.