An der Kolping-Schule ist eine Ausbildung auch mit geringen Sprachkenntnissen möglich.

Bad Cannstatt - In der Altenpflege herrscht seit Jahren akuter Personalmangel. Die Zahl der Pflegebedürftigen wird in den nächsten Jahren weiter anwachsen. Das Bundesgesundheitsministerium prognostiziert, dass ihre Zahl bis 2060 auf 4,5 Millionen steigen könnte. Gleichzeitig werden händeringend Fachkräfte gesucht. Unregelmäßige Arbeitszeiten und eine geringe Bezahlung machen diesen Beruf bei jungen Menschen allerdings zunehmend unbeliebt, wie die Bewerberzahlen für eine Ausbildung zeigen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, werden an der Kolping-Schule Flüchtlinge zu Altenpflegern ausgebildet. Ermöglicht wird das durch ein Programm des Landes Baden-Württemberg, das bundesweit einmalig ist.

 

Sinnvolles Programm

Für Schulleiterin Anja Stotz ist das Programm auch deshalb besonders sinnvoll, weil anders als bei den meisten Ausbildungen, auch Schüler mit sehr geringen Sprachkenntnissen und ohne Schulabschluss angenommen werden. Die Defizite werden an der Kolping-Schule durch intensiven Sprachunterricht ausgeglichen: In den ersten beiden Jahren wird während der Hälfte der Unterrichtszeit Deutsch gelernt. Deshalb dauert die Ausbildung auch mindestens vier Jahre, statt der üblichen drei. Während dieser Zeit bekommen die Schüler ein übliches Auszubildenden-Gehalt und „können finanziell auf eigenen Beinen stehen“, sagt Stotz. Sie freut sich, dass durch diese Ausbildung Flüchtlingen eine Chance gegeben wird, sich eine Perspektive zu erarbeiten und gleichzeitig dem Fachkräftemangel entgegengesteuert wird. Auch bei den Schülern kommt das Programm gut an. „Wir haben eine Abbrecherquote von nur 1,5 Prozent“, sagt Stotz. Doch wie wurden die Flüchtlinge auf das Angebot an der Kolping-Schule aufmerksam? „Mein Betreuer aus der Unterkunft hat den Ausbildungsplatz gefunden“, sagt Mohammad. Der 32-Jährige lebt seit zwei Jahren in Deutschland, in seiner Heimat Syrien war er Arabisch-Lehrer. „Ich wollte nicht nur rumsitzen, sondern auch etwas machen“, sagt er. Genau so erging es Martina aus Bosnien. Als die 29-Jährige vor zwei Jahren in Deutschland ankam, wollte sie arbeiten. „Da ich nur sehr schlecht Deutsch gesprochen habe, konnte ich nichts finden“, sagt sie. Ihre Cousine hat sie dann auf das Angebot an der Kolping-Schule aufmerksam gemacht. Nun ist sie im zweiten Ausbildungsjahr und hat bereits Zukunftspläne. „Ich möchte eine Weiterbildung zur Wohnbereichsleiterin machen.“

Auch an der Kolping-Schule möchte man den ausgebildeten Altenpflegern weitere Perspektiven geben: „Wir hoffen, dass wir künftig auch ein Studium anbieten können“, sagt Schulleiterin Stotz. Denn die Flüchtlinge, die ihre Ausbildung beginnen, sind völlig unterschiedlich qualifiziert: Manche haben ein abgeschlossenes Hochschulstudium und Berufserfahrung; andere nicht einmal einen Schulabschluss. Um diesen Voraussetzungen besser gerecht werden zu können, würde Stotz gerne unterschiedliche Kurse zur Aus- und Weiterbildung anbieten.