Die teilweise absurd niedrigen Löhne für Auszubildende führen die Bemühungen von Betrieben ad absurdum, die sich redlich um Bewerber bemühen, findet Wirtschaftsredakteur Thomas Thieme.

Stuttgart - Wer ist schuld daran, wenn ein Ausbildungsvertrag vorzeitig aufgelöst wird? Die Erklärungsmuster sind oft zu einseitig: Während Betriebe und Kammern lautstark die mangelnde Ausbildungsreife des Nachwuchses beklagen, prangern die Gewerkschaften geringe Löhne und schlechte Rahmenbedingungen in den Betrieben an. Tatsächlich dürften es im konkreten Fall selten ein Grund alleine sein, der einen Arbeitgeber oder einen Azubi dazu veranlasst, den Vertrag vorzeitig zu kündigen.

 

Damit die Zahlen, die regional und vor allem innerhalb der Branchen stark schwanken, nicht noch weiter steigen, legen sich viele Ausbildungsbetriebe und Berufsverbände mächtig ins Zeug. Besonders innerhalb des Handwerks, aber auch in der Gastronomie werben Arbeitgeber intensiv für ihre Berufe. Solche Bemühungen werden durch die teilweise absurd niedrigen Ausbildungsvergütungen ad absurdum geführt.

In vielen Berufen verdienen Lehrlinge deutlich unterdurchschnittlich

Wie soll eine angehende Friseurin in Ostdeutschland mit 270 Euro monatlich – so der durchschnittliche Lehrlingslohn im ersten Lehrjahr – über die Runden kommen? Oder wie sollen 485 Euro ein Anreiz sein, sich für die wenig attraktiven Arbeitszeiten eines Bäckers zu begeistern? Der Durchschnittsverdienst quer durch alle Berufe liegt im ersten Lehrjahr im Westen bei knapp 800, im Osten bei 750 Euro.

Geld ist nicht alles, aber doch ein wichtiger von mehreren Faktoren, um Bewerber zu überzeugen und Auszubildende bei der Stange zu halten. Zwar gibt es auch in Branchen mit Fachkräftemangel ernsthafte Bestrebungen, die Lehrlingsgehälter anzuheben, wie der jüngste Tarifabschluss im Hotel- und Gaststättenbereich zeigt. Hier wurden Steigerungen je nach Ausbildungsjahr zwischen vier und zwölf Prozent vereinbart. Allerdings ist nur die Minderheit der Betriebe tarifgebunden und gerade im Osten orientieren sich viele Betriebe bei der Bezahlung nicht am Tarifniveau. Daher sollte der Mindestlohn für Azubis besser früher als später kommen.