Wenn heute bei Betrieben Bewerbungen eingehen, dann haben in vielen Fällen KI-Programme daran mitgeschrieben. Das sagen Unternehmen auf der Ausbildungsmesse Interkom in Renningen dazu.

„Ich hoffe, meine Bewerbung erreicht Sie bei bester Gesundheit“ – ein oft genutzter Einstieg in ein Bewerbungsanschreiben. „Wenn ich diesen Satz lese, dann weiß ich, hier wurde mit KI gearbeitet“, sagt Arna Jakoblev. Sie ist Ausbildungsleiterin beim Logistikunternehmen Kellergroup aus Ditzingen. Denn er kommt nicht nur ein oder zwei Mal im Schwung der Bewerbungen vor.

 

„Man merkt, dass die Mehrzahl mithilfe Künstlicher Intelligenz erstellt wurde“, sagt Jakoblev. Die Schreiben seien zu ähnlich. Die Kellergroup ist einer von 63 Ausstellern der Ausbildungsmesse Interkom, die am Donnerstag in Renningen stattfand und zu der 2000 Schüler angemeldet waren.

Interkom in Renning: Mehrzahl der Bewerbungen mithilfe von KI erstellt

Das Unternehmen selbst setzt derzeit noch keine KI-Programme ein, um beispielsweise Bewerbungen zu sichten. „Wir sind ein mittelständisches Unternehmen mit 150 Mitarbeitern. Wir wollen, dass sich unsere Mitarbeiter mit unserer Firma identifizieren und dass sie auch zu uns passen“, erklärt Nicole Jakesch, die Personalleiterin der Kellergroup. „Deshalb sichten wir die Bewerbungen individuell.“

Einer, der bereits erfolgreich war, ist Silas Danz. Er lernt im ersten Lehrjahr Speditionskaufmann. „Ich habe meine Bewerbung auch mit KI gemacht“, gibt er zu. Zunächst habe er ein Programm verwendet, das bei der Berufsfindung hilft. „Da habe ich meine Daten eingegeben, meine Interessen und Stärken“, erzählt er. Das KI-Programm hat ihm dann verschiedene Berufe vorgeschlagen.

Die Ausbildungsmesse Interkom für den nördlichen Kreis Böblingen findet einmal im Jahr statt, Diesmal in Renningen, 2026 wieder in Leonberg. Foto: Simon Granville

Das Ergebnis habe aber nur teilweise gestimmt. „Es kam etwa raus, dass ich körperlich arbeiten sollte, was ich aber eher nicht wollte“, erzählt der Azubi. Seinen Lebenslauf habe er selbst verfasst, sich aber von KI beim Anschreiben helfen lassen. „Das Programm schreibt das. Aber man sollte das schon noch individualisieren“, rät Silas Danz.

Denn gleiche Bewerbungsanschreiben kommen dadurch zustande, dass an Programme wie ChatGPT oder Gemini sehr allgemein gehaltene Anfragen gestellt werden. Wenn also zwei Menschen mit ganz unterschiedlicher Vita die Aufgabe stellen: „Verfasse ein Anschreiben für eine Bewerbung auf einen Ausbildungsplatz.“ Dann kommen sehr ähnliche oder in großen Teilen gleiche Texte heraus.

Fragt man andere Aussteller der Ausbildungsmesse für den nördlichen Kreis Böblingen, bekommt man ähnliche Antworten. „Man muss mittlerweile davon ausgehen, dass gut formulierte Bewerbungen mit KI erstellt wurden“, sagt etwa Gerhard Strommer von der Kreissparkasse Böblingen, die aktuell 50 junge Erwachsene in Ausbildung oder im dualen Studium beschäftigt. „Das ist auch völlig legitim. Man sollte es trotzdem individualisieren“, rät er. Viel entscheidender sei das Vorstellungsgespräch.

„Wir wussten ja früher auch nicht, ob die Bewerbung selbst geschrieben war oder ob im Hintergrund jemand mitgeholfen hat“, sagt Jürgen Berner von NetzeBW. Wo früher Verwandte oder Bekannte am Schreiben mitformuliert haben, übernehme diese Rolle eben heute die KI. „Es kommt viel auf das Vorstellungsgespräch an. Und uns ist es auch wichtig, dass die Interessenten bei uns vorher ein Praktikum absolvieren“, erklärt der technische Ausbilder am Standort Herrenberg. Auch andere Betriebe haben Zwischenschritte zwischen einer Bewerbung und einem Ausbildungsvertrag eingeschoben. Bei Mercedes-Benz etwa kommt zuerst ein Onlinetest. „Läuft der gut, wird man eingeladen und muss den Test noch mal vor Ort machen“, erzählt Kristina Milovancevic, die bei dem Autobauer im zweiten Jahr Fahrzeuginterieur-Mechanikerin lernt. Erst dann komme das Vorstellungsgespräch.

Also spielt die gute alte Bewerbung keine Rolle mehr? „Doch, die Bewerbung ist schon wichtig. Es geht aber mehr um die Zeugnisse in Verbindung mit dem Anschreiben und dem Lebenslauf“, sagt Sascha Eitelbuss, Ausbilder für Mechatronik im Mercedes-Werk Sindelfingen. Es komme schon vor, dass ein Bewerber nicht das halten kann, was er in der Bewerbung verspricht. „Ich hatte aber auch schon Bewerber vor mir sitzen mit einer 4 in Mathe. Da war ich erst skeptisch. Aber einer hat gerade seine Ausbildung als einer der Besten abgeschlossen. Da hat das Gefühl im Gespräch gestimmt“, meint Eitelbuss.

Unternehmen setzen KI ein, aber nicht bei Bewerbungen

Große Unternehmen wie Mercedes, aber auch Mittelständler wie Geze aus Leonberg, setzen KI schon in der Produktion ein. „Man kann Prozesse so viel effizienter gestalten“, nennt Emine Dagdelen ein Beispiel. Sie absolviert ein duales Studium bei Geze. „Es gibt da mittlerweile sogar zwei Studiengänge, die sich mit Data Science und künstlicher Intelligenz befassen“, berichtet sie.

Am Ende zählt bei allen befragten Unternehmen, wie sich die Bewerber im Vorstellungsgespräch oder Praktikum schlagen. Da kann keine KI helfen. Auch nicht bei Silas Danz von der Kellergroup, der seine Ausbildungsleiterin Arna Jakoblev nachhaltig beeindruckt hat. „Er hat seine Bewerbung im vergangenen Jahr bei der Interkom persönlich bei uns abgegeben.“