Ausbruch in mehreren Kreisen Was bedeutet die Vogelgrippe für die Region Stuttgart?

Die Zeiten, in denen Hühner durch Weinberge spazieren durften, sind vorerst vorbei. Foto: seb

Die Geflügelpest erreicht immer mehr Landkreise. Welche Auswirkungen das auf die Hühnerhalter in der Region hat – und was für den Verkauf der Eier der Betriebe gilt.

Die Vogelgrippe breitet sich in der Region Stuttgart weiter aus. Nachdem Stuttgart den Verdacht bei den verendeten Möwen am Donnerstag bestätigte, hat es am Freitag auch den Kreis Esslingen erwischt. Welche Auswirkungen hat das auf die Hühnerhalter, den Verkauf von Eiern und die Wilhelma? Ein Überblick.

 

Welche Vogelgrippe-Fälle in der Region Stuttgart sind bekannt? Bisher sind 67 Lachmöwen an der Schleuse in Stuttgart-Obertürkheim, mehrere Möwen im Kreis Esslingen und drei Wildvögel im Kreis Böblingen der Vogelgrippe zum Opfer gefallen. Aus den Kreisen Ludwigsburg, Rems-Murr und Göppingen sind keine Fälle bekannt. Ausbrüche der Vogelgrippe bei Nutztieren wurden weder aus der Region Stuttgart noch aus anderen Teilen Baden-Württembergs gemeldet.

Was heißt das für die Hühnerhalter? Damit gilt in Stuttgart im gesamten Stadtgebiet und im Kreis Böblingen die Stallpflicht für Geflügel wie Hühner, Enten und Gänse. Bis auf Weiteres dürfen die Tiere nur noch im Stall gehalten werden, der sie vor dem Kontakt mit Wildvögeln schützt. Im Kreis Esslingen gilt die sogenannte Aufstallpflicht nur auf einem jeweils 500 Meter breiten Korridor südlich und nördlich des Neckars. Die Stallpflicht ist in den beiden Kreisen und der Landeshauptstadt bis zum 31. März befristet.

Was genau bedeutet die Stallpflicht? Die Halter müssen ihre Vögel in geschlossenen Ställen oder Volieren unterbringen, die nach oben gegen hereinfallenden Vogelkot und seitlich gegen das Eindringen von Wildvögeln geschützt sind. Die Maschen der Netze oder Gitter dürfen nicht breiter als 25 Millimeter sein. „Wir versuchen etwas zu bauen, damit unsere Hühner vor den Wildvögeln geschützt sind und trotzdem genug Platz haben“, berichtet Anna Laura Hübner vom Stuttgarter Demeterhof Reyerhof.

Wie wird die Stallpflicht kontrolliert? In Stuttgart etwa ist der Städtische Vollzugsdienst ohnehin in der Stadt unterwegs und hat ein Auge auf mögliche Verstöße. „In den ersten Tagen passiert das aber mit Augenmaß“, erklärt ein Sprecher. Nach einem Hinweis und einer Ermahnung könnte dann auch ein Bußgeld drohen. Dessen Höhe ist nicht festgelegt, sondern wird je nach Größe des Betriebs und des Gefährdungspotenzials bestimmt.

Welche Vorschriften gelten noch? Da das Virus auch an Schuhen oder Kleidung weitergetragen werden kann, gibt es weitere Hygienevorgaben. So sind unter anderem Desinfektionsmatten am Stalleingang vorgeschrieben. Außerdem müssen die Halter ihre Geräte desinfizieren und ihre Kleidung vor und nach dem Arbeiten bei den Tieren wechseln. Kranke Tiere müssen der Veterinärbehörde gemeldet werden.

Was müssen die Menschen beachten? Die Vogelgrippe ist für Menschen wenig ansteckend, kann laut Robert-Koch-Institut jedoch sehr schwer verlaufen. In Deutschland ist bisher aber keine entsprechende Erkrankung bekannt geworden. Wer kranke oder tote Vögel entdeckt, sollte sie auf keinen Fall berühren und den Behörden melden, in Stuttgart etwa dem Städtischen Vollzugsdienst unter 07 11 / 2 16 - 9 19 00. Im Kreis Esslingen bittet das Landratsamt, dass lediglich tote Hühner und Wasservögel gemeldet werden, und nur, wenn es mehrere sind. Dann sollte man sich an das Veterinäramt wenden unter der Nummer 07 11 / 39 02 - 4 15 00. Vor allem in Parks und an Gewässern sollten die Menschen aufmerksam sein. Dort rechnet die Stadt Stuttgart mit weiteren Todesfällen unter Wildvögeln wie Enten, Schwänen oder Reihern. Aber auch Krähen und Bussarde seien bedroht.

Was ist mit den Eiern von den Betrieben in den betroffenen Landkreisen? Die Höfe, die von einer Stallpflicht betroffen sind, dürfen weiterhin ganz normal ihre Eier verkaufen. Erst wenn sich ein Huhn mit dem Virus infiziert, ist das nicht mehr möglich. Freilandbetriebe können ihre Eier bei einer angeordneten Stallpflicht vier Monate weiter mit „Freiland“ kennzeichnen, obwohl die Tiere im Stall bleiben müssen. Bei Biobetrieben gibt es das Siegel nur für sechs Wochen, wie Hübner vom Reyerhof berichtet: „Bei uns kann man weiter Eier kaufen, und wir tun alles, dass es den Hühnern gut geht.“

Wie schützt sich die Wilhelma? Um den wertvollen Vogelbestand zu schützen, wurden das Amazonienhaus und die Freiflugvoliere vorübergehend geschlossen. So soll der direkte Kontakt zwischen Vögeln und Gästen vermieden werden. Über die riesige Geier-Voliere wurde ein feinmaschiges Netz gespannt. „Da kommt nicht mal ein Spatz durch“, sagt Volker Grün, Fachbereichsleiter der Zoologie. Darüber hinaus wurden Vögel, die sich normalerweise im Freibereich befinden, vorübergehend hinter die Kulissen gebracht:  knapp 40 Flamingos, 21 Pinguine, fünf Pfaue, fünf Pelikane und zwei Kraniche. Wilhelma-Tierarzt Tobias Knauf-Witzens betont, dass es „bisher zum Glück noch keinen Nachweis von Vogelgrippe auf dem Gelände der Wilhelma selbst gibt. Da das Virus aber hochansteckend ist, wollen wir die Infektion unserer Vögel verhindern.“

Weitere Themen