Ziemlich feministisch und viel witziger als ihre männliche Kollegschaft: Die Amazon-Serie „The Marvelous Mrs. Maisel“ lässt mit der Mode der späten Fifties nostalgische Herzen höher schlagen. Nun erscheint die momentan modischste Serie auch in der deutschen Synchronfassung.

Stuttgart - Von der treu sorgenden Ehefrau, die sich sorgfältig schminkt, bevor ihr Ehemann morgens die Augen aufschlägt, zur Stand-up-Comedienne, die wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses im Knast landet: Die preisgekrönte Serie von Amy Sherman-Palladino zeigt nicht nur, dass Frauen viel lustiger als Männer sind, sondern auch, wie schwierig der Weg zum Humor-Olymp in einer männerdominierter Branche ist.

 

Miriam „Midge“ Maisel (Rachel Brosnahan) lebt zunächst ein bourgeoises Hausfrauenleben an der Upper West Side, erinnert mit ihrem Redefluss an Sherman-Palladinos „Gilmore Girls“ und verliert mit einem Schlag den Boden unter ihren Pfennigabsätzen. Nachdem ihr Ehemann, ein Möchtegern-Komiker, sie für seine Sekretärin verlässt, verwandelt sich ihre anfängliche Rache in Selbstverwirklichung. Der Kontrast könnte größer nicht sein: In einem verrauchten und düsteren Comedy-Club im Village legt die dressierte Midge eine betrunkene Performance im blauen Nachtkleidchen hin, die ihr schließlich den Weg ins Stand-up-Business ebnet. Ihre Nummer wird zur tragikomischen Selbsttherapie, zum Befreiungsschlag einer verwöhnten Privilegierten.

Die große Zeit von Dior, Givenchy und Balenciaga

Neben schnellen Dialogen und schlagfertigem Wortwitz, spielt auch die Mode des Comedy-Naturtalents Miriam Maisel eine zentrale Hauptrolle. Zum Start der deutschen Synchronfassung lohnt es sich, einen Blick auf die Ausstattung der Serie zu werfen.

Mit eisblauen Mänteln, rosa Hüten und magentafarbenen Handschuhen zeigt sich Mrs. Maisel als selbstbewusste Frau, die trotz privater Schicksalsschläge gut aussehen will und sich in den konservativen 1950ern ihren Weg an die Stand-up-Comedy-Spitze erkämpft. Entworfen von der amerikanischen Kostümbildnerin Donna Zakowska, fangen die Designs den Spirit der 50er Jahre in New York perfekt ein. Kein Wunder, dass auch eine Nähfabrik im New Yorker Garment District zum Setting der Serie gehört.

Mode, die nach Bewunderung schreit

Vom West-Village-Look, mit Zigarettenhosen und Seidentüchern, über taillenbetonte Blusen, bis zu dem ikonischen schwarzen Kleid mit langen Satin-Handschuhen – Midge Maisels Look steht fest in der Tradition von Hubert de Givenchys Entwürfen für Audrey Hepburns Garderobe in „Breakfast at Tiffany’s“ und „Funny Face“. Die Mode der New Yorker Upperclass wurde in den 1950er Jahren stark von der französischen Haute Couture beeinflusst. Es war die große Zeit von Dior, Givenchy und Balenciaga. Die Mode bahnte sich damals – im Gegensatz zu den späteren Blue-Jeans-Jahrzehnten – den Weg von Europa in die USA. Beeinflusst von skulpturaler Kunst, hatte die Weiblichkeit in den Nachkriegsjahren wieder ihren großen Auftritt. Petticoats, schwingende Röcke, Schlupfblusen mit Schleifen, Caprihosen und farblich abgestimmte Accessoires dominierten den Look der 50er-Ladys. Alles ist durchdacht, aufeinander abgestimmt. Es ist Mode, die laut nach Bewunderung schreit.

Kleidung als Verkleidung

Als geschiedene Frau, die dazu auch noch lustig ist, kämpft Midge Maisel mit ihrer Kleidung um Normalität und steckt doch in einer privilegierten Rolle fest: Die Kinder werden an das Dienstmädchen abgeschoben, Geld spielt keine Rolle, das Patriarchat – verkörpert durch ihren strengen Vater – ist in den späten 50er-Jahren auch nach einer Scheidung noch immer recht gemütlich.

Auch die sozialen Rangordnungen zwischen Uptown und Downtown werden von den Kostümen eingefangen. Je selbstbewusster ihre Stand-up-Auftritte werden, desto schneller wird aus der Upper-Westside-Prinzessin mit Tellerrock und Schleifenbluse in der zweiten Staffel zum Beatnik mit engen Hosen, Rollkragenpulli und Seidentüchern im Haar. Was modisch dem Jahrzehnt entspricht, wirkt bei Midge Maisel wie eine Verkleidung in einem Zwischenstadium. Ihr Charakter entwickelt sich erst weiter, als sie beschließt, auf den Bühnen der Village-Clubs ein edles schwarzes Abendkleid zu tragen.

Und das ist auch der große Widerspruch der Serienfigur Midge Maisel: Ein Clubbesitzer will ihren Auftritt verhindern, weil er fest davon überzeugt ist, dass Frauen nicht schön und gleichzeitig lustig sein können. Sehen Frauen aber zu unordentlich aus, wie ihre Managerin Susie Myerson, die burschikoser nicht sein könnte, werden sie schon gar nicht erst für eine richtige Frau gehalten. Ein Vorwurf, mit dem sich modebewusste Feministinnen seit Jahrzehnten herumschlagen müssen. Und daran hat sich in der Unterhaltungsbranche bis 2019 leider nicht viel geändert.