Das Hirsauer Klosters galt einst als bedeutendstes Reformkloster nördlich der Alpen. Die imposanten Ruinen faszinieren noch heute und sind ein guter Ausgangspunkt für Ausflüge in der Umgebung.

Die Klosterruine in Calw-Hirsau bietet regelmäßig eine schöne Kulisse für Hochszeitsbilder und Open-Air-Konzerte im Rahmen des Calwer Klostersommers, bei dem dieses Jahr von Ende Juli bis Anfang August unter anderem Udo Lindenberg, Nico Santos und Rainhard Fendrich zu Gast waren. Aber auch außerhalb der Festivalsaison lohnen die geschichtsträchtigen Gemäuer einen Besuch – zumal rund um Hirsau diverse Wanderrouten gerade an heißen Tagen dazu einladen, auf schattigen Pfaden mit kühlen Bachläufen den Nordschwarzwald zu erkunden.

 

Wie lange zurück reicht die Klostergeschichte in Hirsau? In dem Calwer Stadtteil Hirsau gab es drei Klostergründungen. Die erste wird etwa um das Jahr 830 angenommen. Der Sakralbau stand aber nicht sehr lange. Über den Mauern des ersten Klosters gründeten Benediktinermönche im Jahr 1059 das zweite Aureliuskloster, das unter dem aus der Gegend um Regensburg stammenden Abt Wilhelm einen großen Zulauf erlebte. Schon wenige Jahre nach seiner Gründung wurde das Kloster zu klein. 1082 begannen deshalb die Bauarbeiten für eine neue Anlage auf dem gegenüberliegenden Ufer der Nagold. Dieses dritte Kloster auf Hirsauer Boden wurde den Aposteln Peter und Paul geweiht. Das alte Aureliuskloster blieb als untergeordnetes Priorat bestehen.

Welche geschichtliche Bedeutung hat das Bauwerk? Das Peter-und-Paul-Kloster wurde zu einem der bedeutendsten deutschen Reformklöster kluniazensischer Prägung. Hinter dem Begriff verbirgt sich eine Reformbewegung, die im Hochmittelalter vom burgundischen Benediktinerkloster Cluny ausging und die nach dem Ende des Karolingerreichs auf eine strenge Beachtung der Benediktsregeln pochte – darunter mehr Askese, Disziplin und Gehorsam. Die Reformen von Abt Wilhelm entfalteten eine große Wirkung: Von Hirsau ausgehend wurden mehr als 120 Klöster reformiert.

Warum sind fast nur noch Ruinen erhalten?

Zerstört wurde das Kloster von französischen Truppen im Jahre 1692 in dem von Sonnenkönig Ludwig XIV. vom Zaun gebrochenen Pfälzischen Erbfolgekrieg. Die Ruinen sind aber nach wie vor von großer baugeschichtlicher Bedeutung – schließlich sind hier Überbleibsel unterschiedlichster Baustile erhalten geblieben – zum Beispiel die gut erhaltene romanische Säulenbasilika, die einst die größte romanische Kirche Südwestdeutschlands war, der gotische Kreuzgang, die spätgotische Marienkapelle und die Ruine eines Renaissancejagdschlosses, in dessen Ruinen bis vor rund 33 Jahren die von Ludwig Uhland besungene „Ulme zu Hirsau“ stand.

 

Wie kann man sich vor Ort informieren? Das Klostermuseum beleuchtet mit Texten, Abbildungen und Modellen die bewegte Geschichte der Bauwerke und der Menschen, die hier gelebt, gebetet und gearbeitet haben. Das Gebäude gehörte einst zur mittelalterlichen Klosteranlage. Als besondere Kostbarkeit gilt ein bruchstückhaft erhaltenes Tafelbild aus der Zeit um 1480, das die Stiftung des Aureliusklosters zeigt. Das Museum hat vom 1. April bis zum 31. Oktober jeweils dienstags bis freitags von 13 bis 16 Uhr sowie samstags, sonntags und an Feiertagen von 12 bis 17 Uhr geöffnet. Vom 1. November bis 31. März ist das Museum geschlossen.

Was sollte man sich vor Ort unbedingt ansehen?

Gesehen haben sollte man sicher die Hirsauer Bibliothek über der Marienkapelle. Den Bibliotheksraum richteten die Mönche mit Schränken für ihre Handschriften und Drucke ein. Die noch erhaltenen Möbel aus der Spätgotik gelten als Rarität. Ebenfalls einen Blick wert ist eine mehr als 600 Jahre alte hölzerne Madonnenfigur. Die eher unscheinbar im linken Seitenschiff der Kirche St. Aurelius platzierte Mariendarstellung gelangte dereinst auf unbekannten Wegen aus Andalusien in den Nordschwarzwald.

Welche Kosten sollte man einplanen? Die Klosterruine selbst ist frei zugänglich. Dasselbe gilt für die als Rätsel-Rallye für Familien konzipierte „Entdeckungstour durch das Kloster Hirsau“. Die Broschüre liegt in der Touristinformation in Calw und im Klostermuseum Hirsau aus, sie steht aber auch zum kostenlosen Download auf der Kloster-Homepage zur Verfügung. Der Besuch des Klostermuseums kostet pro Person 2,50 Euro, ermäßigt 1,50 Euro. Diese Ermäßigung gilt auch für Gruppen ab zehn Personen.

Wie kommt man hin?

Wer mit dem öffentlichen Nahverkehr anreisen möchte, nimmt dafür entweder Regionalzugverbindungen oder kombiniert Bahn und Bus (Fahrplanauskunft unter www.bwegt.de). Vom Bahnhof Hirsau sind es etwa zehn Minuten Fußweg zur Klosteranlage. Wer mit dem Auto anfährt, findet kostenpflichtige Parkplätze direkt gegenüber der Klosteranlage auf der Wildbader Straße (B 296).

Was gibt es in der Nähe? Wenn Mama und Papa genug Geschichte genossen und die Kinder genug auf den Ruinen herumgeklettert sind, laden diverse Ausflugsziele in der Nähe zu kürzeren oder längeren Wanderungen ein. Direkt beim Kloster beginnt zum Beispiel eine schöne Strecke durch das wildromantische Schweinbachtal mit Zielpunkt Bruderhöhle, in der im Spätmittelalter ein Mönch als Emerit gehaust haben soll. Ein paar Kilometer weiter entfernt liegt Bad Liebenzell. Dort bietet das Monbachtal eine traumhaft schöne Wanderkulisse. Tipp: An heißen Sommertagen haben nicht nur die Kleinen großen Spaß beim Planschen und Steinburgenbauen im kühlen Bachlauf.

Wo kann man einkehren? Direkt auf dem Klostergelände gibt es das kleine, aber sehr gemütliche Café im Kloster. Jeweils freitags bis sonntags gibt es hier bis 18 Uhr warme und kalte Getränke, Kuchen, Waffeln und andere Speisen. Wer seinen Ausflug schon am Vormittag beginnt, kann im Café ein reichhaltiges Klosterfrühstück zu sich nehmen. Ein längst nicht mehr so geheimer Geheimtipp ist außerdem das nahe gelegene Badhaus in Bad Liebenzell. Das Gastronomieprojekt einiger engagierter Frauen aus der Region bietet von Donnerstag bis Sonntag jeweils von 10 bis 18 Uhr leckere Kuchen aus der eigenen Backwerkstatt.

Die Klosterruine Hirsau – Termine und Tipps

Serie
Auf Erkundungstour in der Region – zu geheimnisvollen Burgen und Ruinen, prächtigen Schlössern und eindrucksvollen Kirchen. Wir machen uns in und um Stuttgart auf die Suche nach Schlossgespenstern, erzählen spannende Geschichten aus vergangenen Tagen und liefern Wissenswertes zu mächtigen Mauern in luftigen Höhen. Unsere Sommerserie widmet sich diesen kulturellen und historischen Sehenswürdigkeiten und bietet Anregungen für Ausflüge, die sich lohnen. Wetten, dass auch für Sie etwas dabei ist?

Service
  Wer das Kloster Hirsau in der Begleitung von geschichtskundigen Experten entdecken möchte, kann an einer geführten Besichtigung teilnehmen. Bereits am Montag, 29. August, bietet sich dazu die nächste Gelegenheit. Um 14 Uhr findet an diesem Tag eine Sonderführung für die ganze Familie statt inklusive anschließendem Wissensquiz.

Kontakt
Für Sonderführungen ist eine Anmeldung bei der Touristinformation Calw unbedingt erforderlich (Telefon: 0 70 51 / 167 - 399. Mail: touristinfo@calw.de). Weitere Infos und Anmeldemöglichkeiten finden sich unter www.klosterhirsau.de im Netz.