Die Dorfkirche des Aichwalder Ortsteils Krummhardt ist ein Musterbeispiel für die Kirchenmalerei des 18. Jahrhunderts und zeigt die naturverbundene Religiosität der armen Schurwaldbauern. Eine Anekdote erklärt, warum nicht alle reingehen.

Wanderer, Radfahrer oder auch motorisierte Besucher des vorderen Schurwalds sollten einen Abstecher in den kleinen Aichwalder Ortsteil Krummhardt nicht vergessen. Dort findet sich in der historischen Mitte des Orts eine kleine Kirche. Äußerlich eher schmucklos, stellt das Innere des Gotteshauses ein Juwel des schwäbischen Bauernbarocks dar. Bunte, fröhlich stimmende Bilder mit Motiven aus der bäuerlichen Welt erfreuen die Besucher und erzählen in einer ungestörten Ansicht von der naturverbundenen Religiosität der einst armen Schurwaldbauern.

 

Wie alt ist das Krummhardter Kirchlein?

Über die Wurzeln der Krummhardter Dorfkirche ist nichts bekannt. 1399 erstmals urkundlich erwähnt, zählte der Weiler Krumenhardt nur wenige arme Bauern. Esslinger Truppen legten den Ort 1450 in Schutt und Asche, erst 1483 wird vom Bau einer „neuen Kapelle“ berichtet. Über einen Vorgängerbau ist nichts überliefert. Gesichert indes ist der Einbau der Glocke in das Türmchen. Sie trägt die Inschrift „Hosianna hais ich, Pantion Sidler von Eslingen gos mich, do man zahlt 1487 Jahr“. Sie wird nach wie vor als Taufglocke genutzt.

Was macht die Kirche außergewöhnlich?

Anders als die meisten württembergischen Dorfkirchen, die oft Ernst, gar eine gewisse Strenge ausstrahlen, überrascht das Krummhardter Kirchlein mit einem ungestörten Anblick fröhlich-bunter Malerei. Motive aus der bäuerlichen Welt bedecken die Brüstungen der Empore, die Kanzel und die Decke. Bilder von Blumen und stilisierten Ranken, von Äpfeln, Birnen und Weintrauben, mit Stricken zu Büscheln gebunden und an Haken gehängt, lassen an Fürbitte und einen Dank für gute Ernte denken. Dazu finden sich zwei fröhliche menschliche Gesichter.

Was ist über den Künstler und die Motive bekannt?

Der Maler, der das Kirchlein einst ausschmückte, ist nicht bekannt. Auch der Name des Auftraggebers für die Arbeit bleibt im Dunkeln. Der Krummhardter Manfred Raab forscht seit Jahren zur Geschichte seiner Dorfkirche. Er kann sich vorstellen, dass mit den Bildern „eine Gegenwelt zum Alltag der Krummhardter“ geschaffen werden sollte, die „zu dieser Zeit sicher nur Not und Armut kannten“. In der Barockzeit habe die Bejahung des Lebens eine besondere Bedeutung erhalten, „gerade auch im Angesicht des ständigen Todes“. Dazu habe die Malerei im Barock „ein ausgeprägt lebensnahes Bildverständnis“ gehabt. „Das schloss auch die Freude an den Dingen der Natur mit ein“, weiß Raab.

Welche Besonderheiten finden sich noch?

In der Kirche finden sich zwei außergewöhnliche Kirchenstühle. Einer davon war laut Inschrift ab dem Jahr 1719 für Alt Antoni Löw reserviert. Wie Manfred Raab und seine Frau Heidi herausgefunden haben, muss Löw ein vermögender Mann gewesen sein. Er hat auch zusammen mit seiner Frau Anna, der „Hebamm von Crummert“, ein Taufgeschirr aus Zinn gestiftet.

Der zweite Stuhl, ebenfalls mehr als 300 Jahre alt, war für den Müller Jacob Schwilck aus Baach im Remstal reserviert, das bis 1845 kirchlich zu Krummhardt gehörte. Dieser Stuhl ist aufwendig geschmückt und verweist auf die bedeutende gesellschaftliche Stellung des Müllers.

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Warum gehen nicht alle Krummhardter in ihre Kirche?

Um die Krummhardter Kirche ranken sich einige Anekdoten. So berichtet Manfred Adelmann in der Broschüre „Geschichten rund um die Aichwalder Kirchtürme“, dass bei seiner Hochzeit in der Kirche vor vielen Jahrzehnten der Pfarrer nach dem Gottesdienst den Nachbarn Otto Bäder beim Mostumtrunk gefragt habe: „Geht ihr auch alle in das herrliche Kirchlein hinein?“ Bäder habe darauf erwidert: „Wissen Sie, Herr Pfarrer, wenn alle reingehen, gehen nicht alle rein, aber wenn nicht alle reingehen, dann gehen alle rein.“

Was ist in Krummhardt sonst los?

In Krummhardt hat sich viel Gemeinsinn erhalten. Hervorzuheben ist der Kulturverein Krummhardt, der das Dorfleben bereichert. Der Verein hat unter anderem das Backhaus saniert und einen Bouleplatz gebaut. Dazu organisiert er das Festival Goldgelb. Im Jahr 2006 hat ein Trägerverein den alten Dorfladen reaktiviert. Das Dorflädle sorgt auf ehrenamtlicher Basis für die Nahversorgung der Mitglieder und dient gemeinsam mit der Dorflinde und dem Bouleplatz zuweilen auch als abendlicher Treff. Gleich nebenan öffnet in manchen Wochen des Jahres auch der Krummhardter Besen.

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Anreise
 Krummhardt ist mit dem Auto über eine Stichstraße von der Landesstraße zwischen Schanbach und Aichelberg aus zu erreichen. Der Bus 114 von Esslingen in Richtung Aichelberg hält halbstündlich in der Ortsmitte. Der Ort ist für Wanderer und Radfahrer über ein dichtes Wegenetz gut erreichbar. Regelmäßige Einkehrmöglichkeiten gibt es in Aichelberg, Aichschieß und Schanbach. In etwa zwei Kilometer Entfernung befindet sich der Spielplatz Dreilinden.