Auf Erkundungstour in der Region – zu geheimnisvollen Burgen und Ruinen, prächtigen Schlössern und eindrucksvollen Kirchen. Heute: die Kilianskirche in Mundelsheim.

Mehr als 1000 Jahre Geschichte und wunderschöne Wandfresken – wer würde so etwas in einem kleinen Ort wie der Weinbaugemeinde Mundelsheim vermuten? Und doch steht dort die Kilianskirche, auf die genau diese Merkmale zutreffen. Ein von der Größe her eher bescheidenes Kirchlein, zu finden auf dem Mundelsheimer Friedhof. Von außen fällt am ehesten noch der Fachwerkturm auf, der auch Bestandteil einer Burg sein könnte. Der eigentliche Schatz verbirgt sich im Inneren: ein in Art und Umfang einzigartiger Wandmalereizyklus, der nahezu die gesamten Oberflächen des Kircheninnenraums bedeckt – unter anderem mit einem Zehn-Gebote-Zyklus und dem Weltgericht. Im Chor wurde die Kilianslegende dargestellt, außerdem gibt es hier eine echte Rarität: das Bild einer sogenannten Hostienmühle – die mittelalterliche Vorstellung davon, wie der Leib Christi verwandelt wird.

 

Warum wusste man lange nichts von den Fresken? Vermutlich in der Zeit der Reformation hatte man die Wandmalereien komplett übertüncht. Ein Schicksal, das nicht ganz so drastisch auch die weitaus bekannteren Fresken der Sixtinischen Kapelle in Rom ereilt hatte. Dort empfand man die nackten Körper in Michelangelos Jüngstem Gericht als unschicklich und ließ sie deshalb mit gemalten „Hosen“ versehen, hier wollte man nichts Katholisches mehr haben und schon gar keinen Marienkult.

Wer ist der Namensgeber der Kirche und was hat er mit Mundelsheim zu tun? Der Heilige Kilian soll im Jahr 686 aus Irland nach Würzburg gekommen sein und dort die Franken missioniert haben. Etwa drei Jahre später wurde er ermordet oder hingerichtet. Mundelsheim gehörte in der Zeit, als die Kirche erbaut wurde – vermutlich zwischen 742/752 und 811 – zum damals neu gegründeten Bistum Würzburg.

Wann sind die Fresken entstanden? Im Jahr 1440 fielen Mundelsheim und die Kilianskirche einer Eroberung durch die Reichsstädte zum Opfer. Die Kirche wurde jedoch auf Initiative Annas von Venningen ab 1451/52 als Grablege für ihre Familie wieder aufgebaut. Dabei blieb der Chorturm erhalten, das Kirchenschiff wurde in einer größeren Variante neu aufgebaut. Die Söhne von Anna von Venningen ließen die Kilianskirche vermutlich in den späten 1480er Jahren mit spätgotischen Fresken ausmalen.

Wie viel Anstrengungen waren nötig, um die Kirche zu erhalten? Als 1602 die mitten im Ort gelegene Nikolauskapelle zu einer Kirche ausgebaut wurde, nutzte man die außerhalb gelegene Kilianskirche nur noch als Beerdigungskirche; sie drohte zu zerfallen. Der Fachwerkteil des Turms musste ersetzt werden, später wurde mit Ketten verhindert, dass ein Riss den Turm sprengte. Mitte des 18. Jahrhunderts gab es eine umfassende Renovierung – unter anderem wurden Decke, Gestühl, Kanzel und Fenster erneuert, die Sakristei wurde abgebrochen. Nach dem staatlichen Entzug des Kirchenguts drohte der Kilianskirche im 19.  Jahrhundert gleich zweimal der Abriss, was aber von Pfarrer und Gemeinde verhindert werden konnte. Bei einer umfassenden Renovierung ab 1892 wurde ein Teil der übertünchten Fresken wiederentdeckt. 2011 wurde festgestellt, dass eine weitere Renovierung erforderlich war: Schäden an den Tragwerken von Turm und Langhaus hatten Risse in der westlichen Chorwand und im Chorgewölbe zur Folge, die die Fresken gefährdeten. Ab 2014 wurden Chormauerwerk, Turmdach und Langhausdach saniert, ebenso die Wandmalereien in Chor und Schiff. Der Bauleiter der Restaurierungsarbeiten, der Architekt Robert Vix, bezeichnete die Kilianskirche als „Perle und württembergweit in der ganz oberen Schublade angesiedelt.“

Was ist sonst noch bemerkenswert? In Langhaus und Chor sind mehrere alte Grabmäler zu sehen. Das älteste ist das Grabmal der Kirchenstifterin Anna von Venningen an der Ostwand des Langhauses. Außerdem sind einige Grabplatten der badischen Amtsleute vorhanden, die Mundelsheim im 16. Jahrhundert verwalteten. Die kleine Orgel wurde von Johann Victor Gruol dem Älteren um 1800 ursprünglich für die evangelische Ottiliakirche in Hofen gebaut und ist ein eingetragenes Kulturdenkmal. Man hat sie der Kirchengemeinde in Hofen abgekauft, restauriert und Anfang der 1970er Jahre in die Kilianskirche eingebaut.

Wann ist die Kilianskirche geöffnet? In den Sommermonaten an jedem Werktag zwischen 9 und 19 Uhr, die Öffnungszeiten werden im Herbst und Winter wie die Tage kürzer. Wer nur am Wochenende kommen kann, wird gebeten, vorab mit Familie Götz unter Telefon 07143/59568 Kontakt aufzunehmen. Dort kann man einen Schlüssel abholen und auf Wunsch auch einen Selbstführer erwerben. Bei Interesse an einer Führung kann man sich an das Pfarrbüro wenden.

Lesen Sie auch: schöne Ausflugsziele rund um Stuttgart  

Wozu wird die Kirche heute genutzt? Wegen ihrer Lage für Trauerfeiern,es finden aber auch Hochzeiten, Taufen und Konzerte dort statt – und in der Regel an jedem ersten Sonntag im Monat normale Gottesdienste.