Es muss nicht immer schnell gehen: Wer mit dem Sofazügle von Ludwigsburg nach Neuffen unterwegs ist, rumpelt mit einem Tempo von etwa 40 Stundenkilometern durch die Lande – und sieht echt was.

Ludwigsburg - Der heiße Sommer hat Deutschland fest im Griff – und die Hitze hat nun auch Auswirkungen auf die Fahrten des historischen „Sofazügle“. Eigentlich sollte der Zug mit den sieben, etwa 70 Jahre alten Waggons am Sonntag, 19. August, von einer historischen Dampflok gezogen werden. „Durch die Hitze ist die Waldbrandgefahr derzeit aber zu hoch, sodass wir wahrscheinlich eine Diesellok für die Fahrt nehmen müssen“, sagt Armin Herdecker, der Vorstand der Gesellschaft zur Erhaltung von Schienenfahrzeugen (GES). Die im Jahr 1965 gegründete GES ist die Besitzerin der alten Loks und bietet die Fahrten mit den historischen Gefährten an. Ihre Mitglieder sammeln und pflegen historisch wertvolle Schienenfahrzeuge.

 

Ausnahmsweise: Diesel statt Kohle

Doch auch wenn die Waggons am Sonntag möglicherweise nicht von einer mit Kohle befeuerten Lok gezogen werden: Die Fahrgäste werden auch so ein tolles Fahrerlebnis haben. „Es ist etwas ganz Besonderes, auf einer der Waggon-Plattformen zu stehen und sich den Fahrtwind um die Nase wehen zu lassen“, schwärmt Armin Herdecker. Die Fenster in den Wagen, die insgesamt etwa 300 Menschen Platz bieten, lassen sich öffnen, die Holzsitze und die gesamte Inneneinrichtung verströmen dieses ganz besondere Flair, das es eben nur in solch alten Fahrzeugen geben kann.

Abfahrt ist um 9.18 Uhr am Bahnhof in Ludwigsburg. Von dort aus geht es in etwa eineinhalb Stunden zunächst in die ehemalige und barock geprägte Oberamtsstadt Nürtingen. Diese war bereits im Jahr 1859 durch die Bahnstrecke Stuttgart – Reutlingen – Tübingen ans württembergische Bahnnetz angeschlossen, doch erst etwa 40 Jahre später, am 31. Mai 1900, konnte nach einer acht Monate dauernden Bauzeit dann auch die neun Kilometer lange Nebenbahn der „Württembergischen Eisenbahn-Gesellschaft“ von Nürtingen nach Neuffen mit Böllerschüssen feierlich dem Verkehr übergeben und eröffnet werden.

Eine gute halbe Stunde lang verschnauft das Sofazügle in Nürtingen, und dieser Halt dürfte vor allem für die mitfahrenden Kinder interessant sein, denn: Ein kleines Schwätzchen mit dem Lokführer während der Stopps an den Haltestellen ist durchaus erlaubt, sogar erwünscht, wenn es nach Armin Herdecker geht. „Wir freuen uns ja immer sehr, wenn viele Familien mitfahren und sich die Kinder für diese alte, wunderbare Technik begeistern“, sagt der GES-Vorsitzende.

Eine mächtige Kelter aus dem Jahr 1501

Weiter geht es in Nürtingen um 11.07 Uhr. Fast malerisch schlängeln sich die Schienen durch ländliche Bereiche mit Wiesen und Feldern und am Waldesrand entlang. Wer zwischen all den vielen Eindrücken Durst oder Hunger verspürt, kann sich im bordeigenen Bistro mit Getränken und kleinen Snacks versorgen.

Die etwa halbstündige Fahrt nach Frickenhausen führt entlang der Steinach. In Linsenhofen, dem nächsten Halt des „Sofazügles“, steht eine der ältesten Keltern des Landkreises Esslingen. Das mächtige Gebäude stammt aus dem Jahr 1501 und zeugt von der großen Weinbauvergangenheit des Ortes. Bald schon naht das Ende der Fahrt im Zielbahnhof Neuffen, und schon von Weitem ist der Hohenneuffen zu sehen.

Die imposante Burgruine auf dem 743 Meter hohen Berg ist die größte, mittelalterliche Burganlage der gesamten Schwäbischen Alb. Wie andere Festungen auch, diente der Hohenneuffen stets als Landesgefängnis, in dem wichtige Gefangene festgesetzt und – falls aus Sich der jeweiligen Herrscher – notwendig – auch gefoltert wurden. Die Schicksale einiger dieser Gefangener sind bekannt geworden: So stürzte sich der junge Friedrich Graf von Helfenstein im Jahr 1502 bei einem Fluchtversuch in den Tod.

Gleich drei Ausflugsziele am Endbahnhof

Weitaus weniger gewaltsam ging es am 2. August 1948 zu, als der Regierungschef von Württemberg-Baden, Reinhold Maier, zu einer Länderkonferenz mit Südbaden und Württemberg-Hohenzollern auf den Hohenneuffen einlud. Mit einem weiten Blick ins Land und abgeschieden von ihren Regierungen und der Öffentlichkeit wollten die Teilnehmer hier sachlich debattieren. Zwar kam eine Einigung nicht zustande, wichtige Anstöße hatte das Treffen dennoch gegeben: Die Dreiländerkonferenz markiert den Beginn der Auseinandersetzung, die schließlich zur Gründung des Südweststaates Baden-Württemberg im Jahr 1952 führte. Seit 2008 erinnert eine Informationstafel im historischen Tagungssaal an jene Konferenz.

Heute ist der Hohenneuffen mit Restaurant, Biergarten und Kiosk ein beliebtes Ausflugsziel. Weitere Ausflugsziele gibt es im Nachbarort Beuren mit dem Freilichtmuseum und dem Thermalbad.

Die Loks und ihre Routen

Abfahrtszeiten
Das Sofazügle fährt am Sonntag, 19. August, um 9.18 Uhr in Ludwigsburg ab und kommt um 11.35 Uhr in Neuffen an. Die Rückfahrt ab Neuffen startet um 12.15 Uhr, von dort geht es zunächst nur bis Nürtingen. Zwischen der Ankunft um 12.38 Uhr und der Abfahrt um 17.42 Uhr bleibt der Zug in Nürtingen stehen. Die Ankunft in Ludwigsburg ist um 19.41 Uhr. Wer nicht mit dem Zug zurückfahren möchte, kann auch den Bus nehmen.

Weitere Züge der GES
Neben Fahrten mit dem Sofazügle bietet die GES auch Fahrten mit dem Feurigen Elias an. Er fährt auf der so genannten Strohgäubahn zwischen Korntal und Weissach, in diesem Jahr noch am Sonntag, 16. September, sowie am Sonntag, 7. Oktober.

Fahrpreise
Erwachsene bezahlen für die Hinfahrt 21,50 Euro, Kinder im Alter von vier bis 15 Jahren elf Euro. Eine Familienkarte für die Hinfahrt kostet 54 Euro. Mehr Informationen zu den Preisen und Fahrzeiten gibt es unter www.ges-ev.de.