Bröckelndes Felsgestein, kaputte Mauern: Die Ruinen Reußenstein, Rauber und Sulzburg sind stark beschädigt. Der Kreis investiert jetzt zwar einen Millionenbetrag, doch reicht das?

Es sind gute Nachrichten für Wanderer, Radfahrer und die Landwirtschaft: Die seit 2014 gesperrte Pfannensteige, ein beliebter Waldweg unterhalb der Ruine Reußenstein bei Neidlingen, könnte Ende 2026 endlich wieder freigegeben werden. Denn der Kreis Esslingen will die Steinschlaggefahr beseitigen. Eine Million Euro werden in Felssicherungsmaßnahmen und die Mauerwerksanierung fließen. Damit nicht genug: Weitere 2,1 Millionen Euro werden benötigt, um die Ruinen Sulzburg und Rauber vor dem drohenden Verfall zu retten.

 

Der Kreis Esslingen ist laut Landrat Marcel Musolf stolz auf seine historisch bedeutsamen Monumente: „Sie sind Wahrzeichen einer Region und bewahren kulturelles Erbe auch für zukünftige Generationen.“ Mit dem Eigentum verbunden sei jedoch auch die Verantwortung, die Denkmäler zu erhalten. Dass diese Pflicht bisweilen mit großen Herausforderungen verbunden sein kann, zeigt sich besonders deutlich am Reußenstein.

Das Mauerwerk am Gewölbekeller der Ruine Reußenstein ist ausgebrochen. Foto: Landratsamt

2014 wurde bei Untersuchungen festgestellt, dass sich in einigen Bereichen der Ruine mehrere Kubikmeter des verwitterten Felsgesteins lösen könnten – was zur Sperrung der Pfaffensteige führte. Durch vorangegangene Felsabbrüche droht zudem der Gewölbekeller einzustürzen, weshalb die darüber liegende Besucherterrasse seither nicht mehr zugänglich ist.

Die Krux bei der Problembeseitigung ist: Die Burgruine steht in einer der sensibelsten Naturräume der Alb, das die Europäische Union unter besonderen Schutz gestellt hat. Eingriffe in die Landschaft sind in diesem Fauna-Flora-Habitat streng untersagt. Doch selbst die EU-Kommission hat inzwischen erkannt: Die Felssicherungsmaßnahmen sind alternativlos und notwendig für den langfristigen Erhalt der Ruine – und damit des Lebensraums für seltene Pflanzen und Tiere. Sie knüpft die Arbeiten jedoch an eine Bedingung: 57 Quadratmeter sogenannter Kalk-Pionierrasen müssen gerettet werden.

Der soll nun im ersten Schritt auf eine geeignete Ersatzfläche umziehen. „Anschließend können ab September 2026 die Felssicherungsmaßnahmen beginnen“, informiert der Landrat in einer Vorlage die Mitglieder des Kreistages. Vorgesehen sei, dass die lockeren Felspartien kontrolliert zum Absturz gebracht werden. Danach, so Musolf, könne die Pfannensteige wieder freigegeben werden. Im Herbst 2027 ist geplant, die Sanierung des Außenmauerwerks des Gewölbekellers durchzuführen.

Ungewisse Zukunft: Weitere Schäden an Ruinen möglich

Die Kosten dafür werden auf eine Million Euro veranschlagt. Aber es ist nicht sicher, ob es dabei bleibt. Im nächsten Jahr wird die gesamte Ruine Reußenstein auf weitere Schäden untersucht, kündigt Musolf an. „Ob sich daraus zusätzliche Maßnahmen ableiten, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden.“

Unübersehbarer Schaden: In der Außenmauer der Burgruine Rauber klafft ein großes Loch. Foto: Landratsamt

Schlecht bestellt ist es auch um die beiden Ruinen Sulzburg und Rauber bei Lenningen. 2023 brach bei beiden ein großes Stück aus der Außenmauer heraus. Umfangreiche Begutachtungen attestieren den Bauwerken einen schlechten Allgemeinzustand: Die Mauerkronen sind demnach dereinst unsachgemäß mit Zementmörtel versiegelt worden, sie weisen inzwischen zahlreiche Risse auf, durch die Feuchtigkeit eindringt. Überall dort, wo noch historisches Bruchsteinmauerwerk vorhanden ist, gibt es gehäuft Steinausbrüche, Hohlräume und offene Fugen. Zudem wurden an mehreren Wandabschnitten „Ausbauchungen“ festgestellt, die laut dem Bericht „auf einen kurz- bis mittelfristig bevorstehenden Kollaps hindeuten“.

Vorerst nur Geld da für Notsicherungen an der Sulzburg

Laut der Kreisverwaltung besteht dringender Sanierungsbedarf. Nach einer ersten groben Schätzung sind mindestens 1,35 Millionen Euro für die Ruine Sulzburg erforderlich, für die Ruine Rauber 750 000 Euro. Ausgaben, die man angesichts leerer Kassen derzeit aber für „nicht vertretbar“ hält. Es reicht allenfalls für provisorische Notsicherungsmaßnahmen an der Abbruchstelle der Sulzburg, die mit 15 000 Euro zu Buche schlagen.  

Auch an der Burgruine Sulzburg ist 2023 ein Stück des Mauerwerkes herausgebrochen. Foto: Landratsamt

Deshalb wird priorisiert: Die Rauber soll 2028, die Sulzburg 2029 saniert werden. So sieht es das Konzept vor, das der Ausschuss für Technik und Umwelt des Kreistages zwar einstimmig bewilligt hat, wenngleich mit einem gewissen Unbehagen. Denn die Verwaltung räumt ein: Es sei „nicht ausgeschlossen, dass bereits in der kommenden Frost-Tauwechsel-Periode neue Schadstellen entstehen können oder sich die bereits kollabierten Ausbruchstellen vergrößern“, heißt es in der Beschlussvorlage. „Auch die zwischenzeitlich zunehmenden Starkregenereignisse bringen ein erhebliches Schadenspotenzial mit sich. Insofern muss das Risiko weiterer Schäden in Kauf genommen werden.“

Ruinen mit Geschichte

Reußenstein
Die Ruine Reußenstein wurde um das Jahr 1270 als Ministerialburg der Herrschaft Teck erbaut und in den Jahren 1965/1966 restauriert. Heute ist sie ein beliebtes Ziel für Kletterer sowie Wanderer und gehört zu einer der meistbesuchten Burgen der Schwäbischen Alb.

Rauber
Auch die Ruine Rauber ist von touristischer Bedeutung. Vermutlich Ende des 13. Jahrhunderts durch die Herzöge von Teck als Vorburg der Diepoldsburg errichtet, befindet sie sich auf einem 780 Meter hohen Felsgrat über dem Lenninger Tal. Die Ruine wurde in den Jahren 1964/1965 im Bau gesichert.

Sulzburg
Die Ruine Sulzburg wurde etwa im Jahr 1300 durch die Herren von Neidlingen errichtet. Sie zählt zu den am längsten bewohnten mittelalterlichen Burgen und ist erst im 18. Jahrhundert zur Ruine geworden. 1966/1967 wurde sie umfassend gesichert und restauriert. Seitdem ist sie ein beliebtes Ausflugsziel.