Steuerberater fortzubilden kann ein lukrativer Nebenjob sein. Nun nennt das Land erstmals Zahlen: 44 Beamte des Finanzministeriums und Professoren engagieren sich dabei. Ein Ressort zieht nun die Zügel an.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - In welchem Umfang sind Beamte des Finanzministeriums und Professoren der Beamtenhochschule in Ludwigsburg in der Aus- und Fortbildung von Steuerberatern engagiert? Zu dieser derzeit verstärkt diskutierten Frage gibt es jetzt erstmals konkrete Zahlen. Nach einer Stellungnahme der Landesregierung zu einem Antrag der Landtags-FDP haben im Jahr 2016 insgesamt 27 Beamtinnen und Beamte des Ministeriums und 17 hauptamtliche Lehrkräfte der Hochschule entsprechende Nebentätigkeiten ausgeübt. Während das Finanzministerium von Edith Sitzmann (Grüne) solche Zusatzjobs inzwischen verschärft reglementiert, gibt es für die Hochschule nach Auskunft von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) keine speziellen Regelungen. Dies stößt beim FDP-Abgeordneten Nico Weinmann auf scharfe Kritik.

 

Bauers Ressort hat die Anfrage der Fraktion in Abstimmung mit den Ministerien für Finanzen und Inneres beantwortet. Für das Finanzministerium hat es danach „hohe Bedeutung“, dass Nebentätigkeiten transparent ausgeübt werden; dies gelte besonders mit Blick auf die „Hingabepflicht“ von Beamten und auf deren Unabhängigkeit. Seit Anfang 2018 müssen in der Finanzverwaltung daher sämtliche Zusatzjobs vorab angezeigt werden, unabhängig davon, ob sie genehmigungs- oder nur anzeigepflichtig sind. Dies soll dem Ministerium eine genaue Prüfung im Einzelfall ermöglichen. Maßstab dafür ist nicht nur die zeitliche Beanspruchung, sondern neuerdings auch die Höhe der Einkünfte.

Wenn diese 40 Prozent des Endgrundgehalts ausmachten, könne dies „ein Indiz für einen Interessenkonflikt“ sein, hatte Sitzmanns Amtschef Jörg Krauß an alle Bediensteten geschrieben. Zudem hatte sich die Steuerabteilung selbst verpflichtet, auf bezahlte Vorträge bei einzelnen Firmen, Beratungsgesellschaften oder Anwaltskanzleien zu verzichten. Es gehe darum, „von vornherein den Anschein einer Verflechtung zu vermeiden“, heißt es in der Antwort an die FDP.

Bauer sieht Nebenjob sogar als Fortbildung

Mit Blick auf die Beamtenhochschule in Ludwigsburg verweist Ministerin Bauer lediglich auf die allgemeinen Regeln für Nebentätigkeiten, die noch durch spezielle Vorgaben für Hochschulen ergänzt würden. Weiter gehende Regeln gebe es nicht, die Ressortchefin hält sie offenbar auch nicht für erforderlich. Man sehe keine besonderen Interessenkonflikte, wenn sich Professoren bei privaten Institutionen zur Aus- und Fortbildung von Steuerberatern engagierten, im Auftrag von Steuerberaterkammern Vorträge hielten oder Gast bei Podiumsdiskussionen seien. Schließlich gehe es darum, „die jeweilige fachliche Expertise … für die Praxis fruchtbar zu machen und damit einen Beitrag zum Wissenschaftstransfer zu leisten“. Die „korrekte Wiedergabe steuerlicher Fragestellungen“ samt Ansichten der Finanzverwaltung, abweichenden Urteilen der Finanzgerichte und Meinungen in der Literatur sei nicht nur unproblematisch. Solche Nebentätigkeiten hätten zugleich einen „großen Nutzen für den Dozenten“, etwa „in Sachen Didaktik, Praxiserfahrungen und fachliches Backgroundwissen“; davon profitierten dann auch die Studenten. Ob ein Interessenkonflikt vorliege, werde im Einzelfall geprüft. Zugleich bestreitet die Ministerin eine „kausale Verbindung“ zwischen den Nebenjobs und der zeitlichen Ausgestaltung von Lehrveranstaltungen. Dies steht im Widerspruch zu Berichten aus der Hochschule, wonach Dozenten ihre Termine so legten, dass ihnen möglichst viel Freiraum für die Nebentätigkeit blieb.

Der FDP-Abgeordnete Weinmann rügt, im Gegensatz zu Sitzmann verschließe Bauer die Augen vor der Problematik der Nebentätigkeiten. Dabei bestehe gerade an der Steuerfakultät eine „besondere Neigung zu Interessenkonflikten“, auch wegen der Vergütung. Fast „kabarettistisch“ findet der Liberale den Hinweis auf den didaktischen Nutzen der Zusatzjobs: „Der Hochschullehrer übt demnach also das Lehren an den künftigen Steuerberatern.“