Der Kampf ums Geld hat begonnen. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen pocht auf die volle Umsetzung des Koalitionsvertrags.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Nachdem die Bundeswehr fast zwei Jahrzehnte lang einem rigiden Schrumpf- und Sparkurs unterworfen war, schiebt die Truppe jetzt einen riesigen Investitionsbedarf vor sich her. 18 größere Beschaffungsvorhaben will Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in diesem Jahr auf den Weg bringen. Die Wunschliste reicht von Kampfanzügen und Schutzwesten für die Soldaten über Militärlastwagen, neue Transportflugzeuge vom Typ C 130J-Herkules, Rettungshubschrauber, Radaranlagen für den Eurofighter, ergänzende Systeme für den Schützenpanzer Puma bis hin zu bewaffnungsfähigen Drohnen (Typ Heron TP).

 

Die Liste an Vorhaben, die an diesem Wochenende bekannt geworden ist, hat das Verteidigungsministerium bereits im Februar als vorläufige Übersicht ans Parlament versandt. Da der Haushalt wegen der verzögerten Regierungsbildung damals noch nicht beschlossen war, hat das Ministerium die vertrauliche Unterlage ausdrücklich als „lebendes Dokument“ eingestuft. In Stein gemeißelt ist diese Liste also nicht. Wie viel Geld dafür in den Haushalt 2018 eingestellt werden müsste, ist in dem Dokument nicht vermerkt. Sicher ist aber, dass jedes Projekt für sich mindestens 25 Millionen Euro kosten würde. Das ist die Grenze, ab der das Ministerium die Zustimmung des Haushaltsausschusses beim Einkaufen braucht. Eine Begrenzung nach oben gibt es nicht.

Von der Leyens Trendwende muss rasch sichtbar werden

Sicher ist außerdem, dass die Haushaltsberatungen demnächst in die heiße Phase gehen und dass Ursula von der Leyen es bei den Verhandlungen über mehr Geld für die Bundeswehr in dieser Legislaturperiode nicht mehr mit ihrem Parteifreund Wolfgang Schäuble, sondern mit dem Sozialdemokraten Olaf Scholz (SPD) als Finanzminister zu tun hat. Der Kampf ums Geld findet in dieser Legislaturperiode also unter anderen Bedingungen statt. Ursula von der Leyen ist unter Druck, die angekündigte Trendwende zur Verbesserung der Ausrüstung sichtbar zu machen, und kann das ohne finanzielle Zugeständnisse des Koalitionspartners nicht schaffen.

Dass die alte Vorhabenliste ausgerechnet jetzt öffentlich geworden ist, gewinnt vor diesem Hintergrund an Brisanz. Zumal Ursula von der Leyen am Wochenende in einem ausführlichen Interview über die aktuelle Weltsicherheitslage auch einen haushalterischen Wink mit dem Zaunpfahl untergebracht hat. In der „Bild am Sonntag“ pochte sie darauf, dass die vor der Wahl getroffene Festlegung, den Wehretat in dieser Legislaturperiode von 37 auf 42,4 Milliarden Euro zu steigern, nicht ausreicht, um den Koalitionsvertrag voll umzusetzen. Das aber sei nötig, um der internationalen Verantwortung Deutschlands zu entsprechen. „Es geht um die Zukunftsfähigkeit unserer Bundeswehr und die Verlässlichkeit Deutschlands gegenüber unseren Partnern“, erklärte von der Leyen.

Unterstützung aus der Unionsfraktion

Unterstützung für ihren Wunsch nach einem größeren Schluck aus der Pulle erhält sie vom verteidigungspolitischen Sprecher ihrer Fraktion, Henning Otte (CDU). Wenn die jüngst beschlossene Tariferhöhung im öffentlichen Dienst berücksichtigt sei, bleibe nicht viel Raum für Investitionen, sagte Otte. „Wir brauchen mehr Geld. Es geht nicht nur darum, die Einsätze der Bundeswehr zu sichern, sondern auch die Übungsfähigkeit der Truppe.“ Sein SPD-Kollege Fritz Felgentreu sieht in der Vorhabenliste noch keine neuen Projekte und auch kein Konfliktpotenzial für die große Koalition.

Grüne kritisieren Umgang mit Steuergeldern

Vertreter der Opposition stufen das ganz anders ein. Nicht nur, dass Alexander Neu (Linke) und der Haushalts- und Verteidigungsexperte Tobias Lindner (Grüne) die Beschaffung von waffenfähigen Drohnen scharf kritisieren, die das Verteidigungsministerium „zeitnah“ dem Parlament zur Entscheidung vorlegen will.

Lindner lässt an der Einkaufsliste des Verteidigungsministeriums kaum ein gutes Haar. „Ein verantwortungsbewusster Plan zum Umgang mit Steuergeldern ist diese Liste eher nicht“, erklärte er. „Sie ist schon gar kein Grund, in den Haushaltsverhandlungen mehr Geld für Rüstung zu fordern.“ Nach den Erfahrungen der vorigen Wahlperiode bezweifelt Lindner, dass das Ministerium seine Vorlagen fristgerecht umsetzen kann. „Die Probleme im Beschaffungsbereich sind benannt, gelöst hat von der Leyen sie aber nach wie vor nicht.“