Seit diesem Jahr werden Windstrommengen ausgeschrieben. Bürgerenergie-Gesellschaften genießen dabei Privilegien. Doch mittlerweile ist klar, dass hinter vielen von ihnen professionelle Planungsgesellschaften stecken. Die Politik reagiert, doch das ist zum Nachteil kleinerer Bürgerinitiativen.

Stuttgart - Am Dienstag hat die Bundesnetzagentur die Ergebnisse der zweiten Ausschreibungsrunde für Windenergieprojekte an Land (Onshore) veröffentlicht. 67 von 281 Geboten kommen insgesamt zum Zuge. Der durchschnittliche Zuschlagswert lag mit 4,28 Cent pro Kilowattstunde ein Cent niedriger als vor drei Monaten. Ausgeschrieben waren 1000 Megawatt. Wie auch schon in der ersten Runde im Mai befindet sich kein einziges erfolgreiches Projekt in Baden-Württemberg. Dieses Jahr sind zum ersten Mal in Deutschland Projekte für Windenergie an Land und auf dem Meer ausgeschrieben worden. Ziel ist, die erneuerbaren Energien an den Markt heranzuführen.

 

Wie schon im Mai dominieren auch in dieser Runde Bürgerenergie-Gesellschaften das Feld der erfolgreichen Gebote. 90 Prozent der Zuschläge beziehungsweise 95 Prozent der Zuschlagsmenge entfallen auf diese Bietergruppe. Sie genießt besondere Privilegien bei den Ausschreibungen, weil der Gesetzgeber von ihren Mitgliedern keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die eingereichten Windparks verlangt. Deshalb verlängert sich für sie auch die Umsetzungsfrist der Projekte von 30 auf 54 Monate. Zudem erhalten sie den Zuschlag nicht zum Gebotspreis, sondern zum Höchstpreis. Diese Sonderregelungen waren eingeführt worden, um für kleine, oft auf Bürgerinitiativen beruhenden Gruppen das finanzielle Risiko der Ausschreibungsteilnahme zu minimieren. Für die Genehmigung eines Megawatts Windpark muss ein Antragsteller mit rund 100 000 Euro Kosten rechnen.

Schon nach der Veröffentlichung der Mai-Ergebnisse hatten Verbände den Verdacht geäußert, dass hinter vielen der Bürgerenergie-Gruppen große Projektierer stecken. Bei dieser Runde weist sogar die Bundesnetzagentur darauf hin: Aus den Geboten eines überwiegenden Teils der Bürgerenergie-Zuschläge gehe hervor, dass sie „zumindest organisatorisch einem einzelnen Projektierer zuzuordnen sind“. Dies ist die Meißner Unternehmensgruppe UKA, laut der Fachzeitschrift „Energie & Management“ der zweitgrößte Entwickler von Onshorewindparks in Deutschland, die zudem fünf weitere Zuschläge ohne Bürgerenergie-Privileg erhielt. Damit entfallen 68 Prozent der Zuschlagsmenge auf UKA. Eine Sprecherin der Gruppe betont allerdings, dass UKA bei keinem der Projekte stimmberechtigter Gesellschafter ist.

Nach der ersten Ausschreibungsrunde habe man die Bürgerenergie-Gesellschaften überprüft, schreibt die Netzagentur, und es gebe keine Hinweise, dass gegen gesetzliche Anforderungen verstoßen worden sei. Dennoch hat der Bundestag bereits vor der Sommerpause auf die Kritik reagiert und den entsprechenden Passus im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geändert: von 2018 an müssen auch die Bürgerenergie-Gruppen bei der Gebotsabgabe eine Genehmigung vorlegen. Für Marcel Keiffenheim, Leiter Politik und Kommunikation bei Greenpeace Energy und Aufsichtsrat beim Bündnis Bürgerenergie, ist das Problem damit allerdings nicht gelöst. Ursprünglich sei die Regelung ja geschaffen worden, um die Akteursvielfalt zu erhalten. „Das ist nun nicht mehr gegeben.“